König Artus
mit einem Eid, daß er ihnen alle Tage seines Lebens ein gerechter und treuer König sein werde.
Er befahl den Lords, die ihre Güter und Würden von der Krone hatten, die Pflichten zu erfüllen, die sie ihm schuldeten. Und anschließend hörte er Beschwerden und Klagen über bitteres Unrecht und Verbrechen an, die seit dem Tod seines Vaters Uther Pendragon im Lande begangen worden waren – wie in der Zeit ohne König und ohne jegliches Recht Güter und Burgen gewaltsam weggenommen und Menschen ermordet und Ritter und Damen und vornehme Herren beraubt und ausgeplündert worden seien. Artus sorgte sodann dafür, daß die Güter und Besitztümer ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben wurden.
Als das geschehen war, richtete König Artus seine Herrschaft ein. Er betraute seine getreuen Ritter mit hohen Ämtern. Sir Kay wurde zum Seneschall von ganz England ernannt, Sir Bawdewyn von der Bretagne erhielt als Constable den Auftrag, Gesetz und Frieden zu bewahren, Sir Ulfius wurde zum Großkämmerer gemacht, und Sir Brastias zum Hüter der nördlichen Grenze, denn aus dem Norden kamen die meisten Feinde Englands. Binnen weniger Jahre überwand König Artus den Norden und eroberte Schottland und Wales. Einige Gebiete behaupteten sich zwar zunächst gegen ihn, doch schließlich unterwarf er sie alle.
Als das ganze Land befriedet und die Ordnung hergestellt war, und nachdem Artus sich als ein wahrer König erwiesen hatte, zog er mit seinen Rittern nach Wales, um sich in der altehrwürdigen Stadt Caerleon mit allem Zeremoniell krönen zu lassen, bestimmte den Pfingstsonntag zum Tag seiner Krönung und bereitete ein großes Fest für alle seine Untertanen vor.
Zahlreiche große Herren fanden sich mit ihren Gefolgsleuten in dieser Stadt ein. König Lot von Lothian und den Orkney-Inseln zog fünfhundert Rittern voran, der König von Schottland, ein noch sehr junger Mann, erschien mit sechshundert, und der König von Carados mit fünfhundert Rittern. Als letzter kam ein Fürst, der nur der König mit hundert Rittern genannt wurde, und seine Gefolgschaft war herrlich bewaffnet und ausgerüstet.
Artus war über die Versammlung befriedigt, denn er hoffte, sie seien alle gekommen, um ihn aus Anlaß seiner Krönung zu ehren. In seiner Freude sandte er Geschenke an die Könige und Ritter, die sich versammelt hatten. Doch seine Hoffnungen waren nichtig. Die Könige und Ritter wiesen die Geschenke zurück und beleidigten die Boten. Sie ließen Artus bestellen, daß sie von den Präsenten eines bartlosen Knaben von niedriger Geburt nichts wissen wollten. Sie erklärten den Boten des Königs, daß ihre Geschenke für Artus in Schwertstreichen und Krieg bestehen würden, denn es sei eine Schande, daß ein so edles Land von einem unedlen Kind regiert werden solle – und aus diesem Grund hätten sie sich eingefunden.
Als Artus die drohende Antwort erfuhr, erkannte er, daß seine Hoffnungen auf einen baldigen Frieden dahin waren. Er berief eine Versammlung seiner getreuen Ritter ein, besetzte auf ihren Rat einen starken Turm, ließ reichlich Waffen und Proviant hineinschaffen und bezog ihn mit fünfhundert seiner besten und tapfersten Ritter.
Dann begannen die aufrührerischen Lords den Turm zu belagern, vermochten ihn aber nicht einzunehmen, denn er wurde gut verteidigt.
Nach fünfzehntägiger Belagerung erschien Merlin in der Stadt Caerleon, und die Lords hießen ihn willkommen, weil sie Vertrauen zu ihm hatten. Sie begehrten von ihm zu wissen, warum der Knabe Artus zum König von England gemacht worden war.
Darauf sagte Merlin, der seine Freude an Überraschungen hatte: »Meine Lords, ich werde euch den Grund sagen. Artus ist der Sohn von König Uther Pendragon, geboren von Igraine, vormals Eheweib des Herzogs von Tintagel, und deshalb ist er der rechtmäßige König von England.«
Da riefen die Ritter: »Dann ist Artus ein Bastard, und ein Bastard kann nicht König sein.«
»Das ist nicht wahr«, sagte Merlin. »Artus wurde mehr als drei Stunden nach dem Tod des Herzogs empfangen, und dreizehn Tage danach vermählte sich Uther mit Igraine und machte sie zu seiner Königin, und deshalb ist Artus ehelich geboren und kein Bastard. Und ich sage euch jetzt, einerlei, welche und wie viele Männer sich ihm entgegenstellen mögen, Artus ist König, und er wird alle seine Feinde bezwingen und lange über England und Irland und Schottland und Wales wie auch über andere Königreiche herrschen, die aufzuzählen ich mir ersparen
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