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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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diesen Trick nicht bei einem Ritter, der sich auskennt. Er war zu durchsichtig.«
    »Ich fand, ich müßte meinen ersten Kampf gewinnen.«
    »Es war ja recht gut gemacht«, erwiderte sie. »Aber es roch nach einem Trick. Versucht nächstes Mal, es mehr wie Zufall aussehen zu lassen. Ich finde, Ihr hättet es auf einen Lanzenkampf ankommen lassen können. Ein zweiter Gang, und er wäre auch ohne Euer Zutun vom Pferd gefallen.« Und als sie sah, daß Ewain unter ihrer Kritik zusammensank, fuhr sie fort: »Für das erste Mal war es durchaus in Ordnung. Vielleicht habt Ihr recht daran getan, übervorsichtig zu sein. Doch zum Stolz habt Ihr erst dann Anlaß, wenn Ihr einen guten Gegner bezwungen habt.«
    Dreimal im Laufe des Nachmittags überholten sie Ritter, die zum ersten Turnier des Frühjahrs unterwegs waren. Ewain tjostete gegen jeden, stieß jeden aus dem Sattel und weigerte sich auf Weisung der Dame, zu Fuß zu kämpfen. »Das wollen wir uns für das Turnier aufheben«, sagte er.
    Die Dame ließ zwar eine grimmige Befriedigung erkennen, meinte aber: »Ich bin ein bißchen besorgt. Ich mißtraue Eurer Könnerschaft. Vielleicht mißtraue ich mir selbst.« Dann beschäftigte sie sich kurze Zeit mit ihren Gedanken, beantwortete seine Fragen nur knapp und widerwillig und sagte schließlich: »Es hat keinen Sinn, hat nie einen gehabt. Habt Ihr bemerkt, junger Herr, daß ich mich heute wie eine Dame betragen habe?«
    »Ja, Madame.«
    »Wie hat es Euch gefallen?«
    »Es ist mir sonderbar vorgekommen, Madame. Sonderbar und ungemütlich.«
    Sie seufzte erleichtert auf. »Es war immer sonderbar, als wäre ich ein Huhn mit einem Pelz. In meinem Herzen bin ich ein Kämpfer und ein Lehrer von Kämpfern. Oh, ich habe es schon versucht, habe mich mannhaft bemüht, fraulich zu sein. Es hat Euch nicht gefallen?«
    »Nicht so gut wie Eure Art sonst, Madame.«
    »Ich heiße Lyne«, sagte sie. »Jetzt etwas anderes – ich glaube nicht, daß die Männer im Kampf wirklich Großes leisten. Ich meine, der Durchschnitt. Zu weich, zu fair, zu eitel. Eine Frau mit dem Körper eines Mannes wäre eine unvergleichliche Kämpferin. Aus Euch wird ein recht guter Ritter werden, aber gerade der Umstand, daß Ihr ein Mann seid, setzt Euch Grenzen. Könnt Ihr Euch vorstellen, was für ein Recke Eure Mutter geworden wäre? Denkt an die berühmten Kämpen – kein einziger von ihnen hatte wirklich etwas für Frauen übrig, welchen Grund sie auch genannt haben mögen. Es stimmt, daß Frauen die Ritterlichkeit erfunden haben, allerdings aus eigensüchtigen Gründen. Wären Frauen die Ritter geworden, hätten sie die Ritterlichkeit als ein Verbrechen und als eine Gefahr bestraft.«
    »Nun ja«, fuhr sie fort, »da läßt sich nichts machen. Wir müssen mit dem vorliebnehmen, was wir haben. Mir ist eine Idee zum Kämpfen gekommen. Aber, um es gleich zu sagen, sie wird nie akzeptiert werden. Sie ist zu vernünftig, und die Männer sind Gewohnheitstiere. Beim Tjosten ist das Beinzeug nicht notwendig. Es kommt zwar vor, daß ein ungeschickter Lanzenstoß oder eine abgleitende Lanzenspitze einen Mann an den Beinen verwundet. Aber beim Kampf zu Fuß – wie viele Beinwunden habt Ihr schon gesehen? Trotzdem«, fuhr sie fort, »tragen die Männer die schweren Beinschienen. Und wenn die Kraft eines Mannes nachläßt, sind es nicht die Arme, die zuerst erlahmen, sondern die Beine. Und wenn einem Kämpfer das Alter anzumerken ist, zeugen als erstes die Beine gegen ihn. Wenn das Beinzeug in den Sattel eingebaut werden könnte – vielleicht würde das funktionieren. Oder wenn das nicht geht, könnte man mittels eines einfachen Hakens die schweren Dinger fallen lassen. Ein Mann, der unterhalb der Lenden nicht gepanzert ist, wäre beim Schwertkampf zu Fuß schneller und würde länger durchhalten.«
    »Aber es würde lächerlich aussehen«, sagte Ewain.
    »Na bitte! Und da heißt es, die Frauen seien eitel.«
    Unter solchen Gesprächen ritten sie dahin, und als der Abend kam, wurden noch einmal zwei Ritter von Ewain zum Kampf gefordert und aus dem Sattel geworfen. Die Dame Lyne war in aufgeräumter Stimmung, als sie in der Burg an der Grenze von Wales eintrafen, wo das Turnier stattfinden sollte.
    Es war eine kleine, häßliche Burg, ein uraltes, halb in Trümmern liegendes Gemäuer, unwohnlich wie eine Höhle. Die Wände der inneren Räume schwitzten Feuchtigkeit aus, in den Schlafgemächern hing der Geruch des Sterbens und, schlimmer noch, des Lebens, und die Fische

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