König Artus
einem metallischen Klingen unsicher schwankend davon, während seine altersschwache Mähre wie ein störrisches Fohlen mit der Kandare kämpfte. Als er verschwunden war, sagte die Dame: »Das war wohlgetan, Sir.«
»Ich mußte lügen, Madame.«
»Es war eine ritterliche und gütige Lüge«, sagte sie. »Warum solltet Ihr seinen Stolz verwunden und seinen Körper obendrein.«
»Trotzdem«, sagte Ewain, »hoffe ich meine Arme noch zu erproben, ehe ich am Turnier teilnehme.«
»Auch die Geduld ist eine ritterliche Tugend«, bemerkte sie.
Bald danach trafen sie auf einer Lichtung den Ritter mit dem rostigen Harnisch wieder. Er saß auf der Erde und hielt seinen geborstenen Schild über sich, während ein hochgewachsener Ritter zu Pferde mit der Lanze auf ihn einstach wie ein Gärtner, der Blätter aufspießt.
Da lachte Ewain das Herz. »Haltet ein, Sir!« rief er.
»Was sehe ich da?« sagte der große Ritter. »Ein Bürschchen in einer Spielzeugrüstung. Das ist ein schwarzer Tag für mich – ein rostiger Misthaufen und ein Knäblein.«
Nun blickte sich Ewain besorgt und ratsuchend nach der Dame um, doch sie war an den Rand der Lichtung geritten und wollte weder zu ihm hinsehen, noch ihm helfen. Und Ewain wollte im ersten Zweikampf nach Abschluß seiner Lehrzeit eine gute Figur machen. Alles Erlernte schwirrte ihm wie ein Bienenschwarm durch den Kopf, und eine einzelne Biene löste sich aus dem Schwarm und summte: »Du mußt es erst mit mir aufnehmen, ehe du gegen ihn kämpfst.« Und plötzlich war der junge Ewain ganz gelassen. Er prüfte rasch Sattelgurt und Schildriemen, lockerte das Schwert in der Scheide und ritt dann absichtlich ganz langsam auf die andere Seite der Lichtung, wobei er den hochgewachsenen Ritter im Auge behielt.
Die beiden Ritter senkten ihre Lanzen und ritten aufeinander zu, doch auf halbem Weg zügelte Ewain sein Pferd, lenkte es herum und ritt in einem Bogen zurück zu seiner Ausgangsstellung, während der große Ritter sein schnaubendes, sich nach vorne werfendes Roß zu bändigen versuchte.
»Entschuldigt, Sir«, rief Ewain, »aber mein Sattelgurt ist locker.« Er tat so, als zöge er die Riemen an, aber er hatte gesehen, was er hatte sehen wollen: wie der Gegner im Sattel saß, was sein Pferd taugte und wie er mit sich selbst zurechtkam. Ewain blickte eine Sekunde lang zu der Dame Lyne hin, sah in ihren Augen einen gelben Glanz und auf den schmalen Lippen ein Lächeln des Verstehens.
»So geht es einem mit Kindern«, brüllte der hochgewachsene Ritter. »Paßt besser auf!« Er bewegte sein aufsässiges und zugleich scheues Pferd zu einem schwerfälligen Galopp. Ewain sah, wie die Lanzenspitze hochfuhr und sich senkte. Er lenkte sein Pferd in einem weiten Bogen nach rechts und zwang so den Gegner, seine Richtung nach links zu ändern. Im letzten Augenblick schwenkte Ewain lässig auf ihn zu, stieß mit der Lanzenspitze beinahe zart gegen den Schuppenpanzer des großen Ritters und hob ihn aus dem Sattel, so daß er rasselnd auf die Erde stürzte, während sein wütendes Roß in den Wald davongaloppierte.
Ewain wendete sein Pferd, trabte zurück und sagte: »Ergebt Ihr Euch, Herr Ritter?«
Der andere lag mit verdrossenem Gesicht auf der Erde, blickte zu dem jungen Mann hinauf, den er zum erstenmal richtig sah, und sagte: »Wenn dieser Stoß Glück war, habe ich Pech gehabt, und wenn er kein Glück war, ist mein Pech noch größer. Ich kann nicht zu Fuß gegen Euch kämpfen. Ich glaube, ich habe mir eine Hüfte gebrochen. Sagt mir, Sir, war Euer Sattelgurt wirklich locker?«
Ewain sagte: »Ergebt Euch!«
»O ja, ich ergebe mich bereitwillig. Mir bleibt ja nichts anderes übrig. Ich war zum Turnier unterwegs, und jetzt sitze ich hier, und das alles nur, weil ich gegen den Sack voll Knochen dort gekämpft habe.«
»Ihr seid der Gefangene dieses edlen Mannes«, sagte Ewain. Er trat zu dem Ritter mit der rostigen Rüstung, der sich auf unsicheren Beinen erhob. »Ich überantworte ihn Euch, Sir«, sagte er. »Ich weiß, Ihr werdet ritterlich mit ihm verfahren, wie Ihr es mir gegenüber getan habt. Sein Harnisch ist Euer Lohn. Kümmert Euch um seine Verletzung.«
»Wie heißt Ihr, Sir?«
»Mein Name ist der eines noch unerprobten Mannes«, sagte Ewain. »Wenn Ihr zu dem Turnier reitet – ich hoffe, mich dort zu bewähren.«
»Ja, ich bin zu dem Turnier unterwegs und bitte um die Ehre, an Eurer Seite kämpfen zu dürfen.«
Als sie weiterritten, sagte die Dame sarkastisch: »Versucht
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