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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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in die Jungfrauenburg nehmen und dann um ihre Gunst wetteifern, dies aber mit so fein gesponnener Schmeichelrede, daß, wenn die Siegerin den Preis ergreift, das Täubchen glauben wird, es habe sich selbst in die Krallen des Falken begeben. Abgemacht, Schwestern?«
    Die anderen stimmten lachend zu, denn jede glaubte, bei dieser Art Turnier konkurrenzlos zu sein. Dann wurde Lancelot auf seinen Schild gelegt, und zwei Ritter trugen ihn. Der prachtvolle Zug bewegte sich wie Figuren auf einem Wandgemälde der gewaltigen prähistorischen Hügelfeste entgegen. Die Sonne war im Untergehen, als sie den engen Zugang zwischen zwei steilen Erdwällen erreichten, und die Sterne erwachten flimmernd zum Leben, indes sie auf schmalen Dammwegen die tiefen Gräben einen nach dem andern überquerten. Es war schon Nacht, als sie das umwallte Gipfelplateau erreichten, eine Weide, übersät mit den Trümmern von tausend Jahren des Bauens und Zerstörens. Dann, während der Zug der Königinnen die große Einhegung durchquerte, erbaute sich auf der südlichen Spitze eine Burg, stiegen Zug um Zug zinnengekrönte Mauern empor, und an den Ecken strebten Türme in die Höhe. Nachdem das Bauwerk vollendet war, leuchtete Licht aus den schmalen Fensterschlitzen, und zwischen den Zinnen schossen wie Pilze Wachtposten empor. Als der Zug die Stelle erreichte, an die ein Burggraben gehörte, war einer da, und in seinem Wasser spiegelten sich Sterne, und undeutlich war das Weiß langsam dahinziehender Schwäne zu sehen. Und am Eingang wuchs plötzlich eine Zugbrücke in die Höhe und fuhr krachend herab. Die Eisenstäbe der Fallgatter ratterten langsam hoch, die mit Messing beschlagenen Torflügel öffneten sich knarrend. Als der Prunkzug eingezogen war, ging die Zugbrücke hoch, die Fallgatter rasselten herab, das Tor schloß sich, und dann verlor die Burg ihre Substanz, wurde durchsichtig wie ein Wolkenschleier, und der Wind zerteilte die Fetzen, so daß nur ein mit Trümmern übersätes Plateau zurückblieb, auf dem unter den Sternen Schafe grasten.
    Unter Schmerzen wand sich Lancelot aus seiner Betäubung, bewirkt von der Droge im Verein mit dem Zauberspruch. Trotz der Finsternis um ihn fuhren durch seinen Kopf Lichtblitze, und er fror, da ihm die Feuchtigkeit ins Mark kroch. Seine tastende Hand stellte fest, daß ihm die Rüstung abgenommen worden war und er nur die leichte Jacke und Hose anhatte, die er immer unter dem Panzer trug. Seine Finger tasteten suchend weiter und fanden einen Boden aus roh zubehauenen Steinen mit einem fettig-feuchten Belag, während seine Nase die Gerüche alten Duldens, alter Furcht und Hoffnungslosigkeit und schmutzigen Sterbens aufnahm, die säuerlichen Dünste, die in Kerkerwände eindringen.
    Er setzte sich unter Schmerzen auf, umfaßte mit den Händen die Knie und versuchte die stickige Finsternis zu durchdringen. Er streckte eine Hand aus, zog sie aber gleich wieder zurück, weil er fürchtete, schon zu wissen, was seine Finger entdecken könnten. So saß er lange Zeit da, in sich selbst zurückgezogen, und bemühte sich, ein möglichst kleines Ziel für die Furcht abzugeben, die im Dunkeln um ihn lauerte. Dann hörte er, wie sich leise Schritte näherten. Er drückte fest die Augen zu, sprach stumm ein leidenschaftliches, kindliches Gebet um himmlischen Schutz, und als er die Augen wieder aufschlug, blendete ihn die Flamme einer Kerze. Erst einen Augenblick später nahm er das Fräulein wahr, das das Licht hielt und zu ihm sagte: »Gut aufgelegt, Herr Ritter?«
    Er bedachte die Frage, betrachtete die Steinwände ohne Fenster und die schwere Eichentür mit einem vergitterten Fensterchen und einem Schloß, so groß wie ein Schild, und warf dann dem Mädchen wieder einen kurzen Blick zu. »Gut aufgelegt – und ob!« sagte er.
    »Es war nur so eine Redensart, Sir. Mein Vater sagt, es gehöre sich, einen Ritter zu fragen, wie er aufgelegt ist.«
    »Gehört es sich für einen Ritter zu fragen, wo er sich befindet, wie er hierherkam und warum bei den vier Evangelisten Euer Vater mich hier festhält?«
    »Das tut nicht mein Vater, Sir. Er ist nicht hier. Ich bin selbst gewissermaßen eine Gefangene, müßt Ihr wissen. Ich saß in der Halle des Gutshauses meines Vaters und kämmte gerade Lammwolle, um Garn zu spinnen, und überlegte, wie ich meinem Vater beim Turnier am nächsten Dienstag helfen könnte, weil er nämlich am vergangenen Dienstag einen Sturz getan hat und nach einer Niederlage schwer zu haben ist. Das

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