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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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ist wohl bei jedem Ritter so …«
    Lancelot unterbrach sie: »Schönes Fräulein, tut mir um Christi willen die Liebe und erzählt das Ende zuerst! Wer hält mich hier gefangen?«
    »Ich habe Euer Abendbrot vergessen«, sagte das Mädchen. »Es steht draußen vor der Tür.«
    »Wartet doch, Fräulein. Wer …?«
    Sie war fort und mit ihr die Kerze, doch einen Augenblick später kam sie mit einer Holzschüssel zurück, die einen Haufen Knochen und aufgeweichtes Brot enthielt, anzusehen wie ein Fressen für Hunde. »Es ist nichts Besonderes«, sagte sie, »aber sie haben mir aufgetragen, es Euch zu bringen.«
    »Wer?«
    »Die Königinnen.«
    »Was für Königinnen?«
    Sie stellte die Schüssel auf den Steinboden neben ihn und dann die Kerze daneben, um die Finger zum Zählen frei zu haben. »Die Königin von Gore«, zählte sie ab, »die Königin von den Inseln, die Königin von Nord-Galys und … Moment … Gore, Inseln, Galys. Ach ja, die Königin von Ostland. Das macht vier, nicht?«
    »Und was für vier!« sagte Lancelot. »Ich kenne sie alle – Zauberinnen, Hexen, Satanstöchter. Haben sie mich hierhergebracht?«
    »Sie sind schön«, sagte das Fräulein. »Und ihre Kleider und ihr Schmuck … Ihr müßtet die Pracht sehen, um es zu glauben …«
    »Hört mich an.«
    »Ja, sie haben Euch hierhergebracht, Sir, und mich gleichfalls, denn ich saß gerade in der Halle meines Vaterhauses und kämmte Lammwolle …«
    »Ich weiß, und mit einem Mal wart Ihr hier. Ich habe mich am hellen Tag unter einem Apfelbaum schlafen gelegt, und jetzt bin ich hier. Was wollen diese teuflischen Königinnen mit mir anfangen?«
    »Ich weiß es nicht, Sir, ich war kaum hier, da sagten sie zu mir, ich solle Euch das Abendbrot bringen und danach die Tür wieder abschließen. Ich werde die Augen offenhalten, Sir. Vielleicht kann ich Euch morgen früh mehr berichten. Jetzt muß ich fort. Sie haben mir eingeschärft, nichts zu sagen und rasch wegzugehen, weil Ihr mich fressen könntet.«
    »Könnt Ihr die Kerze hierlassen?«
    »Leider nicht, Sir. Ohne sie würde ich meinen Weg hier heraus nicht finden.«
    Als sie gegangen war und den Ritter wieder die Finsternis umschloß, griff er gierig in die Schüssel und nagte seine Abendmahlzeit von den Knochen, während er über die seltsamen und beängstigenden Geschöpfe nachdachte, die ihn zu ihrem Gefangenen gemacht hatten.
    Er hatte zwei Gründe, sich zu fürchten. In dem langen und erbarmungslosen Kampf, den er gegen sich und gegen die Welt geführt hatte, um zum vollkommenen Ritter zu werden, hatten nur wenige Frauen seinen Weg gekreuzt, die seine Aufmerksamkeit fanden. So ängstigte er sich in seiner Unwissenheit vor unbekannten Dingen. Und zweitens war er ein schlichter, geradeaus denkender Mann; das Schwert, nicht der Geist war das Werkzeug seiner Größe. Die Absichten und Mittel der Adepten der Schwarzen Kunst, Zauberer, Dämonen und dunkle Geheimnisse, das alles war ihm wesensfremd und machte ihm Angst. Seine wenigen Mißerfolge und seine noch selteneren Niederlagen waren durch Zauberei herbeigeführt worden, und nun war er mittels derselben nachtschwarzen Kunst zum Gefangenen geworden. Sein Herz bebte in der Finsternis, und er spürte, wie die Kerkermauern ihn bedrängten. Das Herz pochte ihm, der Magen preßte sich gegen die Brust und benahm ihm fast den Atem. Doch dieses Gefühl war ihm nicht unbekannt, denn Lancelot war wie alle Großen, die sich in einer Kunst üben, ein sensibler und nervöser Mann. Ein Widersacher, der ihm auf dem Turnierplatz gegenübertrat und der kalten Perfektion begegnete, mit der Lancelot seine Waffen handhabte, mußte ihn für einen Mann ohne Nerven halten. Er konnte nicht ahnen, wie bitter elend Lancelot zumute war, bevor der Kampf begann. Und während er an der Schranke innerlich bebend auf die Trompetenklänge wartete, beobachtete sein rasches Auge gleichwohl alles, registrierte jede Bewegung, Geste und Eigenart des Gegners, ordnete sie ein und speicherte sie im Gedächtnis. Und obwohl Lancelot der Panik nahe war, versuchte sein anderes Bewußtsein auch jetzt seine Gegner auszuforschen, denn mochten sie auch Damen und Königinnen sein, Feinde waren sie nichtsdestoweniger, »und Feinde«, sagte er zu sich, »müssen Absichten und Mittel und Wege haben, um ihr Ziel zu erreichen.
    Sie können mich nicht hassen«, dachte er, »denn ich habe ihnen nichts zuleide getan.« Also stand ihnen der Sinn wohl nicht nach Rache. Ihn zu berauben, die Möglichkeit schied

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