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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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übersummt, und in der Ferne erschienen drei Gestalten, von der flirrenden Hitze verzerrt, und hinter ihnen eine vierte, substanzlos und in dauernder Veränderung. Doch nun spürte Lyonel den Schlag fliegender Hufe auf der Erde und wußte, daß dies keine Spukgestalten waren, wie sie mitunter über die Erde geistern. Als die flimmernde Fata Morgana feste Form gewann, sah Lyonel, daß es drei gewappnete Ritter waren, die mit der Verzweiflung der Furcht ihre Pferde antrieben, und hinter ihnen erschien ein riesenhafter gepanzerter Mann auf einem mit Schaum bedeckten Hengst. Er kam den fliehenden Rittern immer näher. Lyonel sah, wie er sie wie eine Wolke ereilte, den letzten der Ritter aus dem Sattel fegte, ohne Pause zustieß wie ein Falke, mit der Lanze abermals einen gezielten Stoß führte und noch einen, und wie die anderen beiden vom Pferd purzelten. Dann wendete der Verfolger blitzschnell, sprang ab, fesselte die Gestürzten mit den Zügeln ihrer eigenen Rosser, hob sie wie gebundene Schafe vom Boden auf und warf sie, mit dem Gesicht nach unten, quer über ihre Sättel.
    Sir Lyonel sah rasch zu Sir Lancelot hin und wunderte sich, daß ihn der Lärm nicht aus seinem betäubten Schlaf geweckt hatte. Lancelots gelassener Mut hatte sich auf Lyonel übertragen, und er dachte, wie erfreut und stolz der Onkel sein würde, wenn er beim Erwachen seinen Neffen als Sieger über einen so imponierenden Ritter sähe. Leise schlich er sich weg, um diese Tat für seinen Onkel zu vollbringen. Er schwang sich rasch in den Sattel, ritt dem siegreichen Ritter entgegen und rief ihm zu, er solle sich zum Kampf stellen. Der gewaltige Mann sprang leichtfüßig auf sein Pferd, aber Sir Lyonel attackierte ihn mit solcher Wucht, daß sich das Pferd samt Ritter um sich selbst drehte, dieser jedoch nicht aus dem Sattel geworfen wurde. Als Lyonel zu seinem zweiten Gang ansetzte, blieb der große Mann ruhig auf seinem Roß sitzen und sah ihn an.
    »Das war aber ein trefflicher Stoß«, sagte er. »Ich bin verblüfft, wenn ich Euch so sehe. Ihr seid ja kaum größer als ein Knabe, und trotzdem habt Ihr mich mehr aus dem Gleichgewicht gebracht als sonst einer, soweit ich mich erinnern kann. Laßt uns Frieden schließen, Sir. Ihr seid ein wackerer Mann und verdient es nicht, wie dieses Vieh da gefesselt zu werden.«
    Lyonel blickte zu dem Apfelbaum hin, unter dem sein Onkel noch immer schlafend lag, und sagte hochgemut: »Ich will bereitwillig Frieden mit Euch schließen, sobald Ihr Euch ergeben, Eure Gefangenen losgebunden und um Gnade gebeten habt. Ihr verspreche Euch, Gnade zu gewähren.«
    Der große Ritter blickte ihn staunend an. »Wenn Ihr mir nicht einen solchen Stoß versetzt hättet, würde ich Euch für verrückt halten«, sagte er. »Ihr seid ja nicht einmal halb so groß wie ich. Zuerst ein Lanzenstoß wie von einem gestandenen Mann und dann Worte eines ganzen Mannes. Kommt, laßt uns Freundschaft schließen. Es würde mein Gewissen beschweren, einem so wackeren kleinen Mann wie Euch weh zu tun.«
    »Ergebt Euch«, sagte Lyonel. »Ergebt Euch oder kämpft!«
    »Ich werde weder das eine noch das andere tun«, antwortete der Ritter.
    Lyonel gab seinem Pferd die Sporen und sprengte mit eingelegter Lanze los.
    Als der große Ritter die halbe Entfernung hinter sich hatte, ließ er die Lanze fallen, warf den Schild weg, duckte sich unter Lyonels Lanze, deren Spitze unsicher schwankte, und sein rechter Arm, stark wie eine Schiffstrosse, umfaßte die Taille des jungen Ritters und zog ihn aus dem Sattel. Lyonel wehrte sich vergebens gegen die Umklammerung, die seine Brust enger und enger umschloß und ihn preßte, bis ihm das Blut hinter den Augen pochte, so daß ihm die Adern zu platzen drohten. Alles drehte sich um ihn, und er verlor das Bewußtsein.
    Als er mit dumpfen Schmerzen wieder zu sich kam, lag er mit dem Gesicht nach unten gefesselt auf seinem eigenen Pferd und schaukelte im Verein mit den anderen Gefangenen dahin. Nach einiger Zeit kamen sie zu einem düsteren Gebäude, umgeben von einem Wassergraben und einer Mauer, und an dem Tor aus Eichenholz sah Lyonel zahlreiche Schilde angenagelt. Er erkannte viele der Wappenbilder, von denen manche die Zugehörigkeit zur Tafelrunde anzeigten, und unter den Schilden befand sich auch das seines älteren Bruders, Sir Ector de Marys.
    Lyonel wurde auf den Steinboden eines schwach beleuchteten Raumes geworfen, und der Ritter, dessen Gefangener er war, stellte sich neben ihn und sagte: »Die

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