König Artus
der eine oder der andere Teil gekränkt. Ein Monat Verdruß für einen Augenblick Freude, und immer Eifersucht und nagender Zweifel, wie Aussatz. Ich bin ein gläubiger Mensch – wenigstens insofern, als ich um die Sünde weiß und mich an die Zehn Gebote halte. Und selbst wenn Gott Ehebruch, Unzucht und Wollust nicht verdammte, würde mein kämpfender Arm all das, weil schwächend, als Sünde empfinden. Und sollte dies noch nicht genug sein, bedenkt folgendes: Ist Euch schon einmal ein heimlicher Liebhaber begegnet, der glücklich war? Sollte ich mir aus freien Stücken eine heimliche Liebe zulegen, nur um mitzuhelfen, Menschen unglücklich zu machen? Das wäre töricht und grausam zugleich.«
Das Fräulein sagte: »Die meisten kraftvollen, vitalen Männer kommen nicht dagegen an. Die Liebe greift nach ihnen, und ihr Widerstreben löst sich auf wie Rauch.«
»Dann wird ihre Stärke zu Schwäche«, sagte Lancelot. »Just ihr Mannestum macht sie wehrlos. Soll ich das wählen, wenn ich eine Wahl habe?«
»Ich glaube, Ihr liebt keine Damen … irgend etwas hindert Euch …«
»Ich wußte, daß das kommt. Ich habe meine Worte in den Wind gesprochen. Als nächstes werdet Ihr flöten … daß ich kein Mann sei … weil ich die größte Schwäche und Verblendung des Mannes bislang besiegt habe.«
»Die Zauberkraft der Königin muß sehr stark sein. Jedermann sagt das, und nun sehe ich selbst, daß es so ist …« Und aus ihren Augen wich die Verheißung, und ihr Mund wurde bitter, wie die herabgezogenen Schmollippen eines kleinen Mädchens, dem man sein Naschwerk weggenommen hat.
»Adieu«, sagte er. »Und wenn ich fort bin, stellt Euch die Frage: Wenn er keine Damen liebt, warum weiht er dann sein Leben dem Frauendienst?«
»Zauberei.«
»Lebt wohl«, sagte er, begann wegzureiten, fing ihren Zelter ein und band ihn an einem Baume fest. Doch einen Augenblick später löste er die Zügel wieder und führte das Pferd zu ihr hin.
Sie sah ihn nicht an und sagte nur: »Vielen Dank.«
»Gibt es sonst noch einen Dienst, den ich Euch erweisen kann?«
Sie schlug die Augen nieder. »Nein, ich weiß keinen, Sir.«
»Dann … nun denn … dann lebt wohl!« Er wendete sein Pferd, spornte es zum Traben an, und das Fräulein sah ihn hinwegreiten und trug Kummer um ihn.
Nun ritt Lancelot allein durch Wälder, feucht und schwarz, wo entwichene Sklaven der Erde sich in hohlen Bäumen und flachen Höhlen verbargen, doch sie schwanden bei seinem Näherkommen wie Schatten dahin und gaben keine Antwort auf seine Rufe. Dann durchquerte er ein sumpfiges Gebiet, wo das Schilf so hoch stand, wie sein Pferd war. Gefährlich dehnten sich Wasserflächen mit Treibsand, wo große Kolonien von Wildenten und wilden Schwänen friedlich lebten und sich, als er herankam, donnernd in die Luft schwangen. Weiter draußen im Wasser sah er runde Schilfhütten mit kegelförmigen Dächern, jede von ihnen auf einer eigenen kleinen Insel, jede mit ihrem eigenen Einbaum. Als Lancelot grüßend hinüberrief, überschütteten ihn kleine, dunkelhaarige, mit Schleudern bewaffnete Männer mit einem Hagel von Kugeln aus gebranntem Ton, die mit solcher Wucht seinen Schild und das Pferd trafen, daß der Schild Dellen empfing und das Roß zu lahmen begann. Es war ein wildes, abweisendes Land, wo den Menschen die Furcht vor Menschen Grausamkeit beibrachte. Die Luftspiegelungen, das trügerische Irrlicht, die tanzenden Feenlichter über dem Moor ängstigten sie weniger als Fremde ihrer eigenen Art, denn in diesem verarmten Landstrich waren der einzige Besitz, den die Bewohner kannten, andere Menschen. Der kalte argwöhnische Zorn traf den Ritter wie ein schneidender eisiger Wind, so daß er sich landeinwärts wandte, höher gelegenem Gelände zu. In einer halb verfallenen Burg tötete er zwei Riesen, befreite ihre Gefangenen und schickte sie zu Königin Guinevere. Dann hielt er viele Tage nach Abenteuern Ausschau, doch die Nachricht, daß er sich nähere, eilte ihm voraus, so daß feige und arglistige Ritter, die sonst an Furten und in Engpässen auf der Lauer lagen, sich Hals über Kopf davonmachten und verbargen, bis Lancelot vorüber war. Da keiner es wagte, sich ihm zum Kampf zu stellen, machte ihn gerade sein Ruhm einsam, und er wurde gemieden. Er schlief in Wohnstätten, verlassen von ihren Besitzern, und nährte sich kümmerlich von Beeren und Schalen, die er unterwegs fand.
Jetzt wenden wir uns wieder dem jungen Syr Gaherys zu, der in den Gutshof des von
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