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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Ich werde Euch im Auge behalten, aber ohne daß er mich sieht oder ahnt, daß er in eine Falle gelockt wird.«
    »Das Wort ›Falle‹ gefällt mir nicht«, sagte das Fräulein. Aber sie spornte ihren Zelter an, und während sie dahinritt, holte sie bunte Bänder aus der Satteltasche, flocht sie sich ins Haar und nahm einen seidenen Umhang heraus, der sie mit schimmerndem Grün bedeckte und in reichen Falten über den Leib des Pferdes fiel. Und als sie sich dem Wald am Rande des Weges näherte, sang sie mit hoher, durchdringender Stimme eine lockende Weise.
    »Gut geködert«, murmelte Lancelot vor sich hin. Er sah das Fräulein auf die ausladenden Äste der Bäume zureiten, indes sie fröhlich trällerte, und dann kam ein gewappneter Mann aus dem Wald gesprengt, zog sie mit einem präzisen Griff aus ihrem Sattel auf seinen eigenen herüber, und ihr Gesang verwandelte sich in einen schrillen Schrei, der zum Himmel stieg.
    Sir Lancelot donnerte heran und schrie: »Bleibt stehen, schurkischer Ritter!«
    Der Unhold blickte von seiner Beute hoch, sah den gepanzerten Adler auf sich herabstoßen und ließ das Fräulein auf den Boden nieder, wo es mit dem Umhang kämpfte, in dem es sich verfangen hatte. Er zog das Schwert, legte den Schild vor, worauf Lancelot die Lanze wegwarf und gleichfalls das Schwert zog. Eine einzige Parade, ein einziger Gegenhieb, und der unglückliche Verehrer weiblicher Schönheit kippte vom Pferd, sein Kopf bis zum Nacken und Hals gespalten.
    Das Fräulein kam herbei, streifte sich den Staub und kleine Zweige von ihrem Umhang und blickte auf den Erschlagenen hinab. »Jetzt hast du deinen verdienten Lohn!« sagte sie.
    Mit einem einzigen konvulsivischen Zucken hauchte er sein Leben aus, und das Fräulein sagte: »Wie Tarquin darauf aus war, brave Ritter zu verderben, so verbrachte dieser Schuft seine Tage damit, Damen, Fräulein und Edelfrauen zu quälen. Er hieß Sir Perys de Foreste Savage.«
    »Ihr kanntet ihn also«, bemerkte Lancelot.
    »Ich kannte seinen Namen«, sagte sie.
    »Habe ich mein Versprechen eingelöst?« fragte er. »Kann ich jetzt meiner Wege gehen?«
    »Ja, und nehmt meinen tiefempfundenen Dank mit«, sagte sie. »Und auch den Dank von Damen allerorten, die Euren Namen preisen. Denn Ihr seid bei allen von edler Geburt als der stattlichste und höflichste Ritter berühmt. Überall, wo Damen miteinander sprechen, sind sie sich darüber einig, und einig sind sie sich auch darin, daß Ihr einen einzigen bedauerlichen, geheimnisvollen Mangel habt – einen einzigen kleinen Defekt, der die Damen bekümmert.«
    »Und das wäre?« fragte er.
    »Noch nie war zu vernehmen, daß Ihr eine Frau liebt, Herr Ritter«, sagte sie. »Und die Damen betrachten das als einen großen Jammer.«
    »Meine Liebe gehört der Königin.«
    »Ja, so wird gemunkelt, und auch, daß Ihr sie liebt, als wäre sie aus Eis gemeißelt. Und viele sagen, sie hätte einen Zauber auf Euch gelegt, damit Ihr keine andere liebt, kein Fräulein zum Frohlocken bringt, keiner Dame mit Eurer Liebe das Herz erwärmt – des kalten Zaubers wegen. Und deshalb werfen die Damen der Königin vor, gefangenzuhalten, was sie selbst nicht nutzt.«
    Er lächelte sie aus seinen grauen Augen gütig an. »Frauen haben die Angewohnheit, an allem anderen Frauen die Schuld zu geben«, sagte er. »Ich kann der Welt nicht vorschreiben, was sie über mich zu sagen hat. Gemunkel entsteht aus sich selbst. Aber so viel kann ich Euch sagen, und wenn Ihr wollt, könnt Ihr es weitersagen: Ich bin ein Mann der Lanze und des Schwerts. Ihr könnt Euch sicher nicht vorstellen, daß eine Lanze für etwas anderes als für den Kampf gemacht ist. Denkt so auch von mir. Ihr dachtet an ein Eheweib für mich, vielleicht an Kinder. Ich bin zumeist unterwegs, wenn ich meinem Kriegshandwerk nachgehe. Damit wäre mein Weib zwar verheiratet, doch ohne Ehemann, meine Kinder hätten keinen Vater, und unsere einzige Freude wäre der Kummer über unsere Trennung. Nein, das wäre nichts für mich. Ein Ehemann, der Krieger ist, ist gezwungenermaßen immer an zwei Orten zugleich. Im Bett befindet er sich im Krieg, im Krieg im Bett, und derart gespalten, ist er auf beiden Gebieten nur ein halber Mann. Ich bin nicht tapfer genug, um mich selbst in zwei Stücke zu schneiden.«
    »Aber es gibt doch auch andere Liebe …«, sagte sie weich. »Am Hof habt Ihr doch gewiß gesehen …«
    »Ja, das habe ich, und es hat mich nicht verlockt. Intrigen und Ränke und Eifersucht, immer

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