König Artus
Männer gedruckt? Ich weiß es nicht, doch das läßt sich leicht eruieren. Ich habe hier keine Bibliothek, in der ich mich umsehen könnte.
Wie sahen Caxtons geschäftliche Gepflogenheiten, seine Gepflogenheiten als Herausgeber aus? Ich habe das Gefühl, daß er kein sehr risikofreudiger Mann war, abgesehen davon, daß er mit seinen beweglichen Lettern die Organisationen der Kopisten gegen sich aufbrachte. Ließe sich ein Muster seiner Aktivitäten herausfinden? Kann es so gewesen sein, daß das neue Werk eines unbekannten Schriftstellers Caxton derart vor Genie zu sprühen schien, daß er als Kenner davon angezogen wurde? Es war keine Epoche, in der Romanschriftsteller allgemein Unterstützung erfuhren. Malory hatte vermutlich keinen Rückhalt an Schule, College oder Kirche. Sein Buch war nicht revolutionär wie Wiclifs Bibel-Übersetzung, und es hatte auch nicht die Faszination der Häresien der Lollarden. Es war ein in der Tradition stehendes Werk, das von überlieferten Geschichten handelte. Caxton hätte sich ohne Mühe Übersetzungen aus der Feder namhafter und geachteter Männer beschaffen können. Malory hatte keinen Rückhalt beim Adel, keinen Förderer, und ich glaube, solche Unterstützung war von einigem Nutzen, wenn der Autor wollte, daß sein Buch gut aufgenommen wurde. War Caxton ein hellsichtiger Herausgeber mit einem großen Gespür für literarische Vorzüge im Gegensatz zu traditionellen und geschäftlichen Wertmaßstäben? Ich weiß über diese Dinge nichts, wüßte aber gern darüber Bescheid. Es scheint sich nämlich folgendes Bild zu ergeben: der erste Buchdrucker in England wählte für eine seiner frühen, wenn auch nicht ersten Produktionen die Arbeit eines unbekannten Schriftstellers beziehungsweise, falls er doch bekannt war, eines Mannes, der als ein Räuber, Notzüchtiger und gemeiner Verbrecher galt und im Gefängnis gestorben war. Daß sein Buch sofort Erfolg hatte, daran gibt es keinen Zweifel, aber wie um alles in der Welt konnte Caxton ahnen, daß es so kommen würde? All dies sind Fragen, aber Fragen, auf die ich gerne eine Antwort hätte. Wieviel ist über Caxton bekannt? Mein eigenes Wissen ist ein Abgrund von Unwissenheit. Aber sind solche Überlegungen schon einmal im Zusammenhang mit dem Morte angestellt worden?
Ich könnte mir vorstellen, daß Chase – falls er über diese Fragen nicht bereits nachgedacht und sie gelöst hat – darauf reagieren wird wie ein Hund, dem man den Schwanz in Benzin taucht und dann anzündet. In meiner Lektüre bin ich nie auf solche Fragen gestoßen. Verflixt, es ist wirklich zu dumm, daß ich keine Bibliothek zur Verfügung habe. Und morgen werden wir schon unterwegs sein. Entschuldigen Sie, daß ich Ihnen dieses dornige Problem zuschiebe, und wir sollten nicht versäumen, uns sofort nach meiner Rückkehr darüber zu unterhalten und den Versuch zu machen, vielleicht einiges davon zu klären. Ich weiß es nicht, aber ich habe das Gefühl, daß Caxton gut dokumentiert ist. Wenn heute nicht Sonntag wäre, würde ich ausgehen und versuchen, ein Buch über Caxton aufzutreiben. Aber in London ist alles hoffnungslos zu.
AN ERO – SAG HARBOR, 7. AUGUST 1957
Ich bin auch in die Rylands Library in Manchester gegangen, um einen der beiden noch vorhandenen Erstdrucke Caxtons zu inspizieren. Dr. Vinaver hat mich sehr unterstützt, mir jede erdenkliche Hilfe angeboten, und mir seine Dokumente und seine Bibliographie zugänglich gemacht. Er war begeistert, wie ich an das Thema herangehe, und sagte, das sei seit Jahren der erste neue Ansatz. Ich fuhr auch zum Winchester College, um mir das Manuskript des Morte anzusehen, das im 15. Jahrhundert von Mönchen geschrieben und erst 1936 wiederaufgefunden wurde.
Da meine Arbeit an diesem Thema verlangt, daß ich die Landschaft kenne, in der Malory lebte und wirkte, mietete ich mir einen Wagen mit Fahrer und fuhr zu Malorys Geburtsort in Warwickshire und auch dorthin, wo er in Gefangenschaft gewesen war. Dann fand ich, es sei notwendig, Alnwick Castle, Wales, Glastonbury, Tintagel und all jene Schauplätze zu besichtigen, die mit König Arthur verbunden sind. Diese Reise, zehn Tage wie im Flug, führte mich von einem Ende Englands zum andern, da ich mir einen Eindruck von der Topographie, von den Farben der Erde, vom Marsch- und Moor- und Waldland und vor allem davon verschaffen wollte, in welcher Beziehung die Schauplätze untereinander stehen. Elaine erstellte eine umfangreiche photographische Dokumentation
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