König Artus
Landwirtschaftsausstellung in Winchester für diese Nacht keine Hotelzimmer bekommen konnten, fahren wir morgen in der Frühe hin, so daß Vinaver selber John das Manuskript zeigen kann. Wir werden dort mit dem Direktor der Bibliothek zu Mittag essen, uns die Manuskripte ansehen und dann nach London zurückfahren. Sobald wir zurück sind, werden wir Sie augenblicklich anrufen, vermutlich so gegen halb sieben.
Wir haben für morgen (Mittwoch) abend eine Dinnerparty zu Ehren Malorys und als Willkommen für Chase Horton geplant – das Ehepaar Watson, die Vinavers, wir und Sie. Hoffentlich sind Sie nicht zu müde; die Vinavers müssen am Donnerstagmorgen nach Manchester zurückfahren, und dies ist für sie die einzige Möglichkeit, Sie kennenzulernen. Wir werden hier in unseren Zimmern einen Drink nehmen und unten im Grill essen.
Kann es nicht erwarten, Sie zu sehen!
Sehr liebevolle Grüße von uns beiden,
Elaine
Mittw. vormittag:
Soeben Telegramm erhalten. Rechnen darauf, daß Sie sich uns anschließen, einerlei, wie spät es wird.
AN ERO – NEW YORK, 7. JULI 1958
Ich glaube, dieser Brief ist mehr eine Art Wendepunkt als ein Arbeitsbericht, obwohl er das auch werden wird. Soweit es sich absehen läßt, sind die langwierigen, mühsamen und kostspieligen Recherchen für meine neue Arbeit am Morte d’Arthur beinahe abgeschlossen. Das heißt, ganz vollständig können sie nie sein, doch jetzt ist die Zeit gekommen, ans Schreiben selbst zu gehen.
Sie wissen ja von den Hunderten gekaufter und ausgeliehener Bücher, von den vielen Büchern, in denen ich nachgeschlagen habe, von den Mikrofilmen von Handschriften, die dem Studium nicht zugänglich sind, von der endlosen Korrespondenz mit Leuten aus diesem Fachgebiet und schließlich den beiden Reisen nach England und der nach Italien, unternommen, um Quellenmaterial zu erschließen und sich mit den Schauplätzen vertraut zu machen, die Malory beeinflußt haben müssen. Manche dieser Stätten befinden sich noch in dem Zustand, in dem er sie im 15. Jahrhundert kannte, und bei den anderen war es notwendig, einen Eindruck zu gewinnen, wie das Erdreich und die Atmosphäre, das Gras und das Licht, tagsüber wie nachts, beschaffen waren. Ein Autor wird von seiner Umgebung sehr stark beeinflußt, und ich war der Ansicht, daß ich den Menschen Malory erst und nur dann kenne, wenn ich die Stätten, die er gesehen hatte, und die Landschaften kenne, die sein Leben und sein Schreiben beeinflußt haben müssen.
Ich habe von Fachleuten auf diesem Gebiet Entgegenkommen und Zuspruch erfahren, vor allem von Dr. Buhler von der Morgan Library und Professor Vinaver von der University of Manchester. All denjenigen, die mir ihr reiches Wissen, ihre Bücher und Manuskripte zur Verfügung gestellt haben, wird natürlich in einer eigenen Vorbemerkung gedankt werden, aber ich möchte an dieser Stelle auf die gewaltige Arbeit hinweisen, die Chase Horton für die Vorbereitung dieses Projekts geleistet hat. Er hat nicht nur Hunderte von Büchern und Handschriften ausfindig gemacht, gekauft und geprüft, sondern mit seinem genialen Talent fürs Recherchieren Richtungen aufgezeigt und Quellen ausfindig gemacht, bei denen es sehr fraglich ist, ob ich sie gefunden hätte. Während der soeben abgeschlossenen Reise nach England hat er mit seinem Einsatz, seiner Planung und seinem Scharfblick Unschätzbares geleistet. Lassen Sie mich wiederholen: ich glaube nicht, daß ich ohne seinen Beistand diese Arbeit hätte bewältigen können oder das Thema so erfaßt hätte, wie ich es hoffentlich erfaßt habe.
Nun, da ich endlich ans eigentliche Schreiben gehe, muß ich ein Unbehagen eingestehen, das einem Gefühl der Furcht nahekommt. Es ist eine Sache, Material zusammenzutragen, aber eine ganz andere, es in endgültiger Form auf dem Papier Gestalt werden zu lassen. Doch dafür ist nun die Zeit gekommen. Ich habe vor, jetzt anzufangen und – abgesehen von den Dingen, die immer dazwischenkommen, und den normalen, von der Gesundheit und Familienpflichten bedingten Unterbrechungen – mich so rasch voranzuarbeiten, wie mein Wissen und mein Leistungsvermögen es mir möglich machen.
Ich habe viele Überlegungen zur Art des Vorgehens angestellt und bin schließlich zu dem Ergebnis gekommen, daß die beste Methode für mich aussieht wie im folgenden dargelegt. Vom Morte d’Arthur existiert nur eine einzige vollständige Fassung, und das ist Caxtons erste Ausgabe, die sich in der Morgan Library in New York
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