König Artus
verlieren wollte, und das wird mir bis zum Ende meiner Tage auf der Seele liegen.«
Dann wandten sich aller Augen Merlin zu, der an dem erhöhten Tisch saß, denn aus dem Bericht sprach etwas Schicksalhaftes.
Merlins Augen waren traurig, als er zu sprechen begann. »Ihr habt allen Grund, Eure gedankenlose Eile zu bereuen«, sagte er zu Pellinore. »Dieses Fräulein war nämlich Alyne, Eure eigene Tochter, die Frucht Eurer Liebe zu der Lady von Rule. Und der Ritter war Sir Myles von den Ebenen, mit ihr verlobt und ein vortrefflicher Mann. Sie waren hierher an den Hof unterwegs, als ein feiger Ritter, Loraine le Sau vage, Sir Myles von hinten angriff und ihm seine Lanze in den Rücken stieß. Nachdem Ihr Euren Beistand verweigert hattet, tötete sich Alyne aus Verzweiflung mit dem Schwert ihres Geliebten.« Merlin legte eine Pause ein und sagte dann: »Ihr werdet Euch erinnern, daß sie Euch verflucht hat. Nun – und dieser Fluch wird Euer Schicksal sein. Wenn Ihr in höchster Not seid, wird Euch Euer bester Freund im Stich lassen, so wie Ihr Eure Tochter im Stich gelassen habt. Der Mann, dem Ihr am meisten vertraut, wird Euch dort verlassen, wo Euch der Tod ereilt.«
»Was du sagst, bekümmert mich tief«, sagte Pellinore, »aber ich glaube, daß Gott dem Schicksal einen anderen Lauf geben kann. Darauf muß ich bauen.«
Und so endeten die Ausfahrten anläßlich der Vermählung von König Artus, doch zuletzt wurden noch die Gesetze der Tafelrunde niedergelegt, und alle Ritter, die ihr angehörten, schworen, sie zu halten. Sie gelobten, niemals, außer zu einem guten Zweck, Gewalt anzuwenden, sich niemals zu Mord oder Verrat herzugeben. Sie schworen bei ihrer Ehre, Gnade zu gewähren, wenn sie um Gnade gebeten wurden, Fräulein, Damen, Edelfrauen und Witwen zu beschirmen und für ihre Rechte ein- und ihnen niemals nahezutreten. Auch versprachen sie, nie für eine ungerechte Sache oder um eines persönlichen Vorteils willen zu kämpfen. Alle Ritter der Tafelrunde legten diesen Eid ab. Und jedes Jahr am hohen Pfingstfest erneuerten sie den Schwur.
Explicit die Vermählung von König Artus
Merlins Tod
Als Merlin das Fräulein Nyneve sah, das Sir Pellinore an den Hof gebracht hatte, wußte er, daß es um ihn geschehen war, denn das Herz in seiner betagten Brust schwoll ihm wie das eines jungen Mannes, und das Verlangen siegte über seine Jahre und sein Wissen. Nyneve wurde ihm, wie er vorausgesehen hatte, wichtiger als sein eigenes Leben. Er verfolgte sie mit seinen Anträgen und ließ ihr keine Ruhe. Und Nyneve nutzte ihre Macht über den betörten alten Mann und gewährte ihm ihre Gesellschaft im Tausch gegen seine Zauberkünste, denn sie war eines der Fräulein der Dame vom See und in Wunderdingen geschult.
Merlin wußte, was mit ihm geschah, und kannte den tödlichen Ausgang, konnte sich aber gleichwohl nicht helfen, denn sein Herz war vernarrt in das Fräulein vom See.
Er ging zu König Artus und sagte ihm, die Zeit, von der er einst gesprochen hatte, sei gekommen und sein Ende nicht mehr fern. Er sprach zu Artus über künftige Dinge und gab ihm Ratschläge, was er tun solle, um für seine Zukunft gewappnet zu sein. Besonders schärfte er Artus ein, auf das Schwert Excalibur und namentlich auf die Scheide achtzuhaben. »Beides wird Euch eines Tages von jemandem, dem Ihr vertraut, entwendet werden«, sagte Merlin. »Ihr habt Feinde, von denen Ihr nichts ahnt.« Und er sagte noch: »Ich werde Euch fehlen, und Ihr werdet Euch nach meinen Ratschlägen sehnen. Die Zeit wird kommen, da Ihr Euer Reich hingeben würdet, wenn Ihr mich wiederhaben könntet.«
»Das geht über meinen Verstand«, sagte der König. »Du bist der weiseste Mann unter den Lebenden. Du weißt, was sich anbahnt. Warum triffst du keine Vorkehrungen, um dich zu retten?«
Aber Merlin sagte ruhig: »Weil ich weise bin. Im Streit zwischen Weisheit und Gefühl gewinnt die Weisheit nie. Ich habe Euch von der Zukunft gesprochen, Herr, die Euch gewiß ist, doch das Wissen um das Künftige wird es um keinen Deut verändern. Wenn die Zeit kommt, wird das Gefühl Euch Eurem Schicksal entgegenführen.« Und damit nahm Merlin von dem Mann Abschied, den er zum König gemacht hatte.
Er ritt mit Nyneve vom Hof weg, und jeden Weg, den sie einschlug, schlug auch er ein. Da sie ihre Macht über ihn kannte, versagte sie sich ihm, so daß er in seiner Begierde nach ihr seine magische Kunst zur Hilfe rufen wollte, um ihr Widerstreben zu überwinden. Doch
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