König Artus
schlugen den Weg in Richtung Camelot ein. Doch als sie in ein steiniges Tal kamen, tat das Pferd der Dame einen verkehrten Tritt, stürzte, und die Dame verstauchte sich dabei böse einen Arm. »Mein Arm ist verletzt«, klagte sie, »ich kann fürs erste nicht weiterreiten.«
»Nun denn, dann werden wir hier Rast machen«, sagte Pellinore und geleitete sie behutsam zu einem freundlichen Plätzchen im Gras unter einem Baum mit ausladenden Ästen und legte sich neben sie. Er schlummerte schon bald ein und erwachte erst wieder, als es dunkel war. Es war ihm sehr daran gelegen weiterzureiten, doch die Dame sagte: »Es ist zu finster. Wir würden den Weg nicht finden. Legt Eure Rüstung ab und ruht, bis es hell wird.«
Nicht lange vor Mitternacht hörten sie das Getrappel eines trabenden Pferdes. »Rührt Euch nicht«, sagte Pellinore zu der Dame. »Da ist etwas Merkwürdiges im Gange. Männer reiten sonst nicht in der Nacht.« Er legte geräuschlos seinen Harnisch an, schnallte ihn fest, und dann saßen die beiden schweigend da. In der Dunkelheit sahen sie auf dem Pfad, ziemlich nahe ihrem Ruheplatz, undeutlich zwei Ritter, die aufeinander zuritten, der eine aus der Richtung Camelot, der andere von Norden her. Die beiden sprachen leise miteinander. »Was bringt Ihr Neues aus Camelot?« fragte der eine, und der andere erwiderte: »Ich war am Hof, und keiner ahnte, daß ich als Spion gekommen war. Ich sage Euch, König Artus hat eine Gefolgschaft von Rittern um sich versammelt, wie sie nirgendwo anders zu finden ist. Und der Ruhm dieser Ritter von der Tafelrunde verbreitet sich immer mehr durch die Welt. Ich reite jetzt nach Norden, um unseren Häuptlingen zu melden, wie stark König Artus geworden ist.«
»Gegen diese Stärke habe ich ein Mittel bei mir«, sagte der andere, »ein Pülverchen, das seine Macht zum Schmelzen bringen wird. Wir haben einen zuverlässigen Mann in der nahen Umgebung des Königs, der versprochen hat, gegen Belohnung dieses Gift dem König in den Pokal zu schütten – und dann werden wir erleben, wie seine Macht zerrinnt.«
Der andere Ritter sagte warnend: »Seid aber vor Merlin auf der Hut. Er kann solche Dinge entdecken.«
»Ich werde vorsichtig sein, aber Angst habe ich keine«, sagte der andere, und damit trennten sie sich, und jeder ritt seiner Wege.
Als sie fort waren, machte Pellinore sich rasch bereit, und sie folgten mühsam dem Pfad, bis der Tag anbrach. Es war schon hell, als sie zu der Quelle kamen, wo Pellinore dem Fräulein und dem verwundeten Ritter seine Hilfe versagt hatte. Wilde Tiere hatten sie in Stücke gerissen und bis auf die Köpfe aufgefressen.
Pellinore brach in Tränen aus, als er sie sah. »Ich hätte das Fräulein retten können«, sagte er, »aber ich hatte nur meine Ausfahrt im Kopf und wollte nicht auf ihr Flehen hören.«
»Es gehörte nicht zu Eurem Auftrag. Warum seid Ihr so traurig?« fragte sie ihn mit der Kühle, die Damen für andere Damen empfinden.
»Ich weiß nicht«, sagte Pellinore, »aber es zerreißt mir das Herz, wenn ich dieses schöne, junge Fräulein, dem ich hätte beistehen können, so elend zugrunde gerichtet sehe.«
»Dann rate ich Euch, die sterblichen Reste des Ritters zu begraben, den Kopf der Dame zu König Artus mitzunehmen und ihn entscheiden zu lassen, was Ihr hättet tun sollen.«
»Sie hat mir einen schrecklichen Fluch nachgerufen«, sagte Pellinore.
»Verfluchen, das kann jeder. Ihr hattet eine Ausfahrt gelobt«, sagte Nyneve spröde. »Eure Suche galt mir.«
Dann entdeckte Pellinore in der Nähe die Klause eines Einsiedlers und bat ihn, die Gebeine des Ritters in geweihter Erde zu bestatten und ein Gebet für seine Seele zu sprechen. Und für seine Mühewaltung schenkte er ihm die Rüstung des Toten. Dann hob Pellinore den Kopf des Fräuleins mit dem goldenen Haar vom Boden auf, und Jammer erfaßte ihn, als er das liebliche Gesicht ansah.
Um die Mittagsstunde langten sie in Camelot an, wo Artus und Guinevere und die edle Ritterschar zu Tische saßen. Und Pellinore berichtete den Anwesenden von seiner Ausfahrt und schwor bei den vier Evangelisten, daß jedes Wort wahr sei.
Königin Guinevere sagte: »Sir Pellinore, Ihr seid sehr zu tadeln, daß Ihr die Dame nicht errettet habt.«
Und der Ritter erwiderte: »Madame, Ihr wäret zu tadeln, wenn Ihr Euer Leben nicht rettetet, obwohl Ihr es könntet. Mein Kummer ist größer als Euer Mißfallen, denn ich war so sehr mit meiner Ausfahrt beschäftigt, daß ich keine Zeit
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