König Artus
herein, und Ihr seid matt. Kommt mit zu meinem Haus, das in der Nähe ist, und pflegt dort der Ruhe.«
»Das will ich tun«, sagte Torre. »Mein Pferd und ich haben kaum eine Rast gehabt und noch weniger Stärkung bekommen, seit wir von Camelot auszogen.« Dann ritt er mit ihr hin, und in ihrem Haus empfing ihn ihr Gatte, ein betagter, würdiger Ritter, mit Herzlichkeit, bewirtete ihn gut mit Essen und Trinken, gab ihm ein weiches Bett, und Torre ließ sich darauf fallen und schlief einen tiefen Schlaf. Nachdem sie am folgenden Morgen die Messe gehört hatten, machte Sir Torre sich bereit, den alten Ritter und seine junge Frau zu verlassen, und sie fragten ihn nach seinem Namen.
»Ich bin Sir Torre«, sagte er. »Ich wurde erst unlängst zum Ritter geschlagen, und das war meine erste Ausfahrt – Arbellus und die weiße Bracke an König Artus’ Hof zu bringen.«
»Ihr habt Euren Auftrag getreulich erfüllt«, sagte die Dame. »Und wenn Ihr in Zukunft einmal in diese Gegend kommt, betrachtet unser Heim als Eure Herberge. Wir werden Euch immer freudig aufnehmen und bedienen.«
Dann ritt Sir Torre weiter in Richtung auf Camelot und kam dort am dritten Tag in der Mittagsstunde an, als der König und die Königin mit allen Getreuen in der großen Halle saßen, und alle freuten sich über seine Rückkehr. Wie es der Brauch war, erzählte er von seinen Taten und wies zum Beweis die weiße Hündin und den Leichnam des Arbellus vor – und das Königspaar bekundete sein Wohlgefallen.
Merlin sagte: »Er ist ohne Beistand und Gefolgsmann ausgezogen. Sein Vater Pellinore gab ihm ein altes Roß, und von Artus bekam er eine alte Rüstung und ein Schwert. Doch was er getan hat, ist nichts im Vergleich zu dem, was er noch tun wird, Herr. Er wird ein tapferer und edler Ritter werden und seine Ritterwürde nie beflecken.«
Und nachdem Merlin gesprochen hatte, verlieh der König Sir Torre die Grafenwürde, schenkte ihm die dazu gehörenden Ländereien und gab ihm einen Ehrenplatz an seinem Hof.
Und hier endigt die Ausfahrt von Sir Torre,
König Pellynors Sohn.
Wenden wir uns nun Sir Pellinores Suche nach der Dame zu, die mit Gewalt vom Hof fortgeführt worden war.
Während König Artus und seine edlen Gefährten in der großen, schwach beleuchteten Halle saßen und tafelten, Rechtsbeschwerden an- und Spielleuten zuhörten, ging Sir Pellinore in sein Quartier, wappnete sich, betrachtete sein wohlausgerüstetes und gut untergebrachtes Pferd, stieg in den Sattel und ritt in einem raschen Trab Meile und Meile hinter der Dame her, die gegen ihren Willen von einem unbekannten Ritter entführt worden war. Und er gelangte in einen Wald und in ein kleines, von Bäumen beschattetes Tal, wo er neben einer sprudelnden Quelle ein Fräulein auf der moosbewachsenen Erde sitzen sah, das einen verwundeten Ritter in den Armen hielt. Als sie Pellinore sah, rief sie zu ihm hin: »Helft mir, Herr Ritter, um Christi willen!«
Doch Pellinore hatte nur für seine Ausfahrt Gedanken und mochte nicht anhalten. Das Fräulein rief mitleiderregend hinter ihm her, aber als sie sah, daß er nicht verweilen wollte, betete sie laut zu Gott, der Ritter möge eines Tages in ebenso große Not geraten wie sie und nirgends Hilfe finden. Es wird erzählt, daß der verwundete Ritter kurz danach in den Armen des Fräuleins gestorben sei und sie sich aus Gram selbst den Tod gegeben habe.
Pellinore also ritt den Pfad durch das Tal entlang, bis er einem Tagelöhner begegnete, und fragte ihn, ob er einen Ritter gesehen habe, der eine Dame gegen ihren Willen mit sich führte.
»Das habe ich wohl«, sagte der Mann. »Ich habe sie beide gesehen, und die Dame jammerte so laut, daß ihre Stimme durch das Tal hallte. Ein wenig unterhalb von hier«, fuhr der arme Mann fort, »werdet Ihr zwei Zelte entdecken, und einer der Ritter dort hat den Begleiter der Dame zum Kampf herausgefordert und gesagt, sie sei mit ihm verwandt. Dann sagte der eine, die Dame gehöre ihm kraft Faustrechts, und der andere, sie sei sein aus Gründen der Verwandtschaft, und nachdem sie gestritten und einander beleidigt und herausgefordert hatten, begannen sie zu kämpfen. Ein armer Mann handelt nicht klug, in der Nähe zu bleiben, wenn Rittern der Sinn nach Kampf steht, und deshalb habe ich mich entfernt, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Aber wenn Ihr Euch beeilt, werdet Ihr sie vielleicht noch im Streit antreffen. Die Dame wird von zwei Knappen im Zelt bewacht, wo sie den Ausgang des
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