König Artus
Herr Ritter, wer hat Euch dieses Schwert gegeben?«
»Das Schwert ist mein Verderben. Es hat mir den Tod gebracht«, sagte Accolon.
»Was es auch gebracht hat, woher habt Ihr es?«
Sir Accolon seufzte schwer, denn die Macht seiner Buhle, die sich ihm versprochen hatte, hatte versagt und war verschwunden. »Ich sehe jetzt keinen Grund, irgend etwas zu verheimlichen«, sagte er verzagt. »Die Schwester des Königs hegt gegen ihn einen tödlichen Haß, weil er die Krone trägt und weil er mehr geliebt und geehrt wird als sie. Sie liebt mich, und ich liebe sie so sehr, daß ich fähig war, Verrat zu üben. Sie hat Sir Uryens, ihren Gemahl, betrogen und war meine Liebste. Sie versprach mir, wenn ich mit ihrer Hilfe König Artus tötete, würde sie ihren Gemahl aus dem Weg räumen und mich zum König machen. Sie würde meine Königin sein, und wir würden in England herrschen und in Glückseligkeit leben.« Er verstummte in der Erinnerung und sagte dann: »Das ist jetzt alles zu Ende. Mein Vorhaben hat mir den Tod eingetragen.«
Artus sprach durch das geschlossene Visier: »Seid Ihr Euch sicher, daß Ihr König geworden wärt, wenn Ihr diesen Kampf gewonnen hättet? Und wie hättet Ihr mit der Untat des Verrats an Eurem gesalbten König fertig werden können?«
»Ich weiß es nicht, Herr Ritter«, sagte Accolon. »Mein Verstand und meine Seele standen derart unter einem Zauberbann, daß selbst Verrat am König mir als ein Nichts erschien. Doch das ist jetzt vorüber, vergangen wie ein Traum. Sagt mir, wer Ihr seid, ehe ich sterbe.«
»Ich bin Euer König«, sagte Artus.
Da brach Accolon in eine schmerzliche Klage aus. »Herr, das ahnte ich nicht. Ich glaubte, gegen einen Ritter zu fechten, der für einen anderen kämpft. Ich bin ebenso einer List zum Opfer gefallen wie Ihr. Könnt Ihr einem Mann Gnade gewähren, der derart betrogen und umgarnt wurde, daß er sogar einen Anschlag auf Euer Leben plante?«
Der König sann lange nach und sagte dann: »Ich kann Euch Gnade gewähren, weil ich Euch glaube, daß Ihr mich nicht erkannt habt. Ich habe meine Schwester Morgan le Fay in Ehren gehalten, all ihren Wünschen nachgegeben, sie mehr geliebt als sonst jemanden aus meiner Sippe. Und ich habe ihr sogar mehr vertraut als meinem Weib, obwohl ich ihre Mißgunst, ihre Fleischeslust und ihre Machtgier kannte und obwohl ich wußte, daß sie der Schwarzen Kunst frönt. Wenn sie imstande war, mir diese Tücke anzutun, glaube ich, was Ihr von ihr sagt, und kann Euch vergeben. Doch bei ihr werde ich keine Gnade kennen. Die Christenheit wird über die Rache sprechen, die ich an meiner Schwester, dieser Hexe, nehmen will. Jetzt steht auf, Sir Accolon. Ich habe Euch begnadigt.« Artus half ihm, auf die Beine zu kommen, und rief den Menschen zu, die um den Platz herumstanden: »Kommt näher!« Und als sie sich um ihn versammelt hatten, sagte er: »Wir haben gegeneinander gekämpft und uns schmerzliche Wunden geschlagen, aber wenn jeder gewußt hätte, wer der andere ist, wäre es niemals zu diesem Zweikampf gekommen.«
Accolon rief: »Hier steht der beste und tapferste Ritter der Welt, aber er ist noch mehr als das – er ist unser Herr und Souverän, König Artus. Das Unglück wollte es, daß ich gegen meinen König kämpfte. Er gewährt mir wohl Gnade, doch ich selbst kann mir nicht vergeben, denn es gibt keine größere Sünde oder ärgere Untat, als am König Verrat zu üben.«
Dann knieten alle nieder und baten um die Gnade des Königs.
»Ich will euch Gnade gewähren«, sprach Artus. »Ihr hattet keine Ahnung, was hier geschah. Doch gedenkt in künftigen Tagen, welch seltsame und gefahrvolle Abenteuer und Zufälle fahrenden Rittern begegnen können. Ich bin schwach und verwundet und bedarf jetzt der Ruhe, doch zuvor noch mein Urteilsspruch über den Zweikampf als Probe auf die Wahrheit.
Sir Damas, ich habe für Euch gekämpft und gesiegt. Aber da Ihr ein hochfahrender und feiger Mann seid und voll Niedertracht, hört meine Entscheidung: Ihr werdet diesen ganzen Landbesitz samt allen Bauernhöfen und Häusern Eurem Bruder Sir Outlake übergeben. Als Entgelt wird er Euch alljährlich einen Zelter schicken, denn es steht Euch besser an, auf einem Damenpferd als auf einem Kriegsroß zu reiten. Ich befehle Euch, fahrende Ritter, die durch Eure Ländereien kommen, nie mehr zu behelligen oder ihnen Wunden zuzufügen, sonst ist Euer Leben verwirkt. Was die zwanzig Ritter angeht, die Ihr in Gefangenschaft hieltet, so habt Ihr ihnen
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