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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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ab.
    »Was siehst du, Jorg?« Miana war jetzt an meiner Seite.
    »Den Ort, wo das Duell stattfinden soll.« Ich ließ den Seh-Ring sinken.
    »Kannst du gewinnen, Jorg?«, fragte Miana. »Gegen den Fürsten? Er soll sehr gut sein.«
    Ich fühlte Sageous. Ich roch ihn, wie er an den Rändern meiner Gedanken zupfte, auf der Suche nach meinen Geheimnissen.
    »Er ist sehr gut. Und ich … ich bin sehr schlecht. Mal sehen, was dabei herauskommt.« Mit meiner Vorstellungskraft baute ich eine Mauer, die meine Gedanken daran hinderte, das zu betrachten, was geschehen würde. Meine Hände wussten, was es zu tun galt – darüber brauchte ich nicht nachzudenken.
    Der Sockel meines Throns in der Spukburg enthält ein Stahlfach. Bevor mir die Pagen den Helm aufsetzten, kniete ich vor dem Thron und schob den großen Schlüssel ins Schloss. Ich öffnete das Fach, schob die rechte Hand hinein und schob sie unter die Riemen des kleinen eisernen Faustschilds, holte ihn dann hervor. Meine Finger schlossen sich um den seltsamen Griff des Objekts, das sich unter dem Faustschild verbarg, und ich lächelte. Man stelle sich vor, dass Fexler Brews glaubte, ich würde mich mit einem »Nein« abfinden. Ich ließ das Stahlfach offen, stand auf und trat vom Podium, damit mir die Pagen den Helm aufsetzen konnten.
    »Dreh meinen Schwertgürtel, Keven«, sagte ich.
    Der Junge zog die Stirn kraus und blinzelte. Er sah aus wie ein Kind. Vermutlich war er das auch, nicht älter als Miana. »Sire?«
    Ich nickte nur. Die Falten blieben in seiner Stirn, als er den Gürtel löste und dann wieder festzog, mit dem Schwertgriff an der linken Seite.
    Manche Männer geben ihren Schwertern Namen. Ich habe das immer für seltsam gehalten. Wenn ich meinem Schwert einen Namen geben sollte, so würde ich es »Scharf« nennen, aber an einer Taufe meiner Klinge liegt mir ebenso wenig wie daran, meiner Gabel beim Essen oder dem Helm auf meinem Kopf Namen zu geben.
    Mit langsamen Schritten und allen Blicken auf mir ging ich durch den Thronraum.
    »Roter Jorg«, flüsterte Kent, als ich an ihm vorbeikam.
    »Rot wäre gut, Kent. Aber ich fürchte, ich bin dunkler.«
    Als ich das Kästchen öffnete, habe ich mehr Dunkelheit als Erinnerungen empfangen.
    Die Flammen der Fackeln an der Tür flackerten in meiner Nähe und gaben mir eine sonderbare Leidenschaft. Ich fühlte mich von mehr als nur meinem Hof beobachtet, von mehr als Sageous und den Spielern, die versuchen, die Hundert auf ihrem Spielbrett zu bewegen. Gog beobachtete mich. Aus dem Feuer.
    Ich sah zurück, und mein Blick traf Miana neben dem Thron.
    Lord Robert folgte mir. Hauptmann Keppen und Rike schlossen sich uns draußen an.
    »Es wird Zeit, den Wasserfall hinunterzuspringen, alter Mann«, sagte ich zu Keppen, als er neben mich trat. Er nahm die Worte mit einem Lächeln entgegen, als wüsste er, dass unsere Stunde geschlagen hatte, und als könnte er es ebenso wenig erwarten wie ich.
    Wir gingen durch die Flure meines Onkels. Degran hockte nicht mehr in den Schatten, meine Schuld war nicht länger mit
dem Versprechen von Wahnsinn verbunden. Aber ich wusste sehr wohl um mein Verbrechen. Der Tod wartete am Hang auf mich, so oder so. Der Tod war gut genug. Tod durch die Hand des Fürsten, durch die Schwerter seiner vielen Soldaten, oder der Tod, vor dem Fexler mich bewahrt hatte, als er in Luntars Kästchen jene Kräfte der Nekromantie und des Feuers verankert hatte, die so tief in mir verwurzelt waren und in verschiedene Richtungen zogen.
    Was mich an etwas erinnerte. Ein letztes Mal holte ich das leere Kästchen hervor, um es wegzuwerfen. Die Büchse der Pandora hatte auch Hoffnung enthalten, das letzte aller Übel, die ihre törichte Neugier den Menschen brachte. Sie hätte die Hoffnung fliegen lassen können, aber nicht in meine Richtung. Trotzdem sah ich noch einmal in das Kästchen, das keinen Deckel mehr hatte, mit der Hand bereit, es auf den Boden fallen zu lassen. Und dort, auf dem glänzenden Kupfer im Innern, sah ich einen kleinen Fleck. Eine letzte Erinnerung? Der es widerstrebte, zu mir zurückzukehren? Ich legte den Finger darauf, und die Dunkelheit des Flecks drang mir durch die Haut. Zurück blieb nur sauberes Kupfer.
    Diese Erinnerung packte mich nicht, sie zerrte mich nicht fort vom Hier und Heute. Ich blieb im Jetzt, ging weiter durch die Flure der Spukburg, erinnerte mich aber an mehr als vorher, an das letzte Gespräch mit Fexler, in der Burg meines Großvaters. Fexler hatte das Kästchen

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