Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Koenig der Murgos

Koenig der Murgos

Titel: Koenig der Murgos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
Vom Netzwerk:
weiterplauderten.
    Dann spielte die Kapelle eine uralte arendische Weise von großer Melancholie, und plötzlich fiel eine Altstimme ein, die die volle Aufmerksamkeit der Gäste auf sich zog, so daß sie ihre Gespräche vergaßen und lauschten. Garion staunte. Es war Liselle, die sang. Sie hatte eine begnadete Stimme, ein dunkles, samtenes Timbre, das sich in die Herzen stahl. Fast ehrfurchtsvoll wichen die Gäste zurück und bildeten einen weiten Halbkreis um sie. Und nun staunte Garion noch mehr, denn Ce'Nedra trat zu dem drasnischen Mädchen. Als die Flö-
    te einsetzte, hob die zierliche rivanische Königin das Gesicht und stimmte mit ein. Mühelos hob sich ihre klare Stimme mit den Flötentönen und paßte sich ihnen in der Klangfarbe an, so daß es den Zuhörern schwerfiel, ihre Stimme von der der Flöte zu unterscheiden. Doch eine Wehmut, die tiefster Trauer sehr nahe kam, klang aus ihr, so daß Garion ein Klumpen den Hals hochquoll und Tränen in die Augen traten. Ihm war klar, daß Ce'Nedra trotz des rauschenden Festes nur an den tiefen Kummer in ihrem Herzen dachte.
    Als das Lied endete, setzte tosender Applaus ein. »Da capo!«
    brüllten die Zuhörer. »Da capo!«
    Ermutigt durch diesen Beifall, spielten die Musiker das gleiche uralte Stück noch einmal. Wieder schüttete die Laute ihr Herz in auf und ab schwellender Klage aus, doch als die Bratsche Liselle zum Hauptthema führte, stimmte noch eine dritte mit ein. So gut kannte Garion die Stimme, daß er nicht einmal nachschauen mußte, wer sang.
    Polgara in silberverziertem blauem Samtgewand hatte sich Liselle und Ce'Nedra angeschlossen. Ihre Stimme war so klangvoll und samtig wie die der Markgräfin, und doch schwang eine Trauer aus ihr, die sogar noch größer als Ce'Nedras war – eine Trauer um einen Ort, der für immer verloren war. Dann, als die Flöte Ce'Nedra zum Kontrapunkt führte, schloß sich Polgara auch ihr an. Die dadurch entstehende Harmonie war nicht die traditionelle, wie sie in allen Reichen des Westens bekannt war. Die arendischen Musiker, denen Tränen in den Augen standen, griffen diese ungewöhnlichen, uralten Akkorde auf, um eine Melodie wiederzuschaffen, die seit Tausenden von Jahren nicht mehr gehört worden war.
    Als die letzten Noten dieses wundervollen Liedes verklangen, herrschte ehrfürchtiges Schweigen. Und dann brachen die Gäste – viele unverhohlen weinend – in ungeheuren Beifall aus, während Polgara die beiden jungen Frauen aus dem kerzenerhellten Halbkreis führte.
    Belgarath, der in einem schneeweißen tolnedrischen Gewand ungewöhnlich majestätisch wirkte, stellte sich ihr mit einem vollen Silberkelch in den Weg, und seine Augen waren ein tiefer, rätselhafter Quell.
    »Nun, Vater?« fragte sie ihn.
    Wortlos küßte er sie auf die Stirn und reichte ihr den Kelch.
    »Wundervoll, Pol, aber warum etwas wiederbeleben, das seit vielen Jahrhunderten unwiderruflich verloren und vergessen ist?«
    Stolz hob sie den Kopf. »Die Erinnerung an Vo Wacune wird nie sterben, solange ich lebe, Vater. Ich trage sie für immer in meinem Herzen, und hin und wieder erinnere ich die Menschen, daß es einst eine so wundervolle Stadt gab, voll Anmut, Schönheit und Tapferkeit, und daß diese prosaische Welt, in der wir jetzt leben, zuließ, daß sie dahinging.«
    »Es schmerzt dich sehr, Polgara, nicht wahr?« fragte er ernst.
    »Ja, Vater, mehr als ich sagen kann – aber ich habe schon viel Schmerz ertragen, also…« Sie zuckte die Schultern und verließ in majestätischer Haltung den Saal.
    Nach dem Bankett tanzten Garion und Ce'Nedra eine kurze Weile, um wenigstens den Schein zu wahren.
    »Wieso hängt Lady Polgara so sehr an den wacitischen Arendiern?« fragte Ce'Nedra beim Tanzen.
    »Sie lebte in ihrer Jugend längere Zeit in Vo Wacune«, antwortete Garion. »Ich glaube, sie liebte die Stadt – und ihre Bewohner – sehr.«
    »Ich dachte, mein Herz müsse zerspringen, als sie dieses Lied sang.«
    »Mir erging es ebenso«, gestand Garion. »Sie hat soviel Leid erfahren, aber ich glaube, die Vernichtung von Vo Wacune schmerzt sie mehr als alles andere. Sie hat Großvater nie verziehen, daß er der Stadt nicht zu Hilfe gekommen ist, als die Asturer sie zerstörten.«
    Ce'Nedra seufzte. »Es gibt soviel Leid auf der Welt.«
    »Aber auch Hoffnung«, erinnerte er sie.
    »Doch nur so wenig.« Wieder seufzte sie. Plötzlich lächelte sie spitzbübisch. »Dieses Lied hat alle Damen hier lächerlich gemacht. Absolut

Weitere Kostenlose Bücher