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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Zeit hier gewesen. Ich sagte es ihm und er grinste übers ganze Gesicht.
    Beckmann entdeckte uns als Erster und stürzte johlend auf uns zu.
    »Yes! Captain! Check the scene! Guten, David! Was geht?«
    Seine mächtigen Arme umklammerten uns in einem doppelten Schwitzkasten und mit unseren Köpfen unter den Achseln sprang er rhythmisch auf und ab. Er roch nach Apfelwein und er schwitzte säuerlich Apfelwein. Die Pizza in meinem Magen sprang auf und ab. Nicht mehr lange und sie hätte den Ausgang gefunden. Kirk schien es ähnlich zu ergehen.
    »Beckman! Please! Stop it! I must kotsen! Please!«
    Beckmann ließ von uns ab, nicht aus Mitleid, sondern weil er seine Hände brauchte, um sich damit prustend auf die Schenkel zu klatschen.
    »Kotsen! Ich wusste gar nicht, dass er so gut Deutsch kann! Hast du ihm das beigebracht, David?«
    Wir gingen zu Hans und Andi an die Theke. Hans stellte uns sofort einen Meter Wodka-O-Hütchen vor die Nase.
    »Der geht auf mich, Jungs!«, sagte er, sichtlich angeschlagen. »Tja, jetz bin ich dreißig.«
    »Alles Gute, Hans!«
    »Yeah! Happy birthday, big guy! Here's to you!«
    Einmal anstoßen und ex.
    »Dreißig bin ich jetz. Und wisst ihr, was? Es tut gar nich weh. Echt nich. Dreißig. Mir geht's gut. Echt jetz. Und das mit dreißig. Prost, Jungs!«
    Noch mal anstoßen und ex.
    Wir alle waren heilfroh, dass es endlich so weit war. Die letzten Tage vor seinem Geburtstag waren nicht nur für ihn eine Qual gewesen. So hatte ich Hans noch nie erlebt. Gereizt, unleidlich, launisch, wütend, jammernd, sonst nicht seine Art. Die Dreißig machte ihm schwer zu schaffen. Er sah längst aus wie dreißig. Daran kann es nicht gelegen haben. Die Zahl an sich machte ihm Angst. Die böse Dreißig. Vorbei die Jugend. Endgültig. Bullshit. Hans war jünger als die meisten seines Alters, die ich kannte. Gut, er sah zwar nicht mehr aus wie Peter Pan, aber in seinen Augen war klar und deutlich das Glänzen von Nimmerland zu erkennen. Erster Stern rechts und dann immer der Nase nach. Hans war immer noch einer von uns. Ein verlorener Junge. Ein großer, dicker, ewig schwitzender verlorener Junge. Ich fragte mich, ob er jemals in seinem Leben nicht geschwitzt hatte. Er war groß und dick, seit ich ihn kannte, und es fiel mir schwer, zu glauben, dass er irgendwann einmal nicht groß und dick gewesen sein könnte. Sein Gesicht war rund wie sein Bauch, nur nicht so speckig. Es bestand hauptsächlich aus Mund, ein riesiger, breiter Gesichtsäquator, der erst hinter seinen Ohren aufzuhören schien, wenn überhaupt. Und wenn er nicht gerade kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag stand, war dieser Mund ständig am Grinsen und Lachen. Hans war eigentlich viel zu gut, um Wirt zu sein.
    »Prost, Jungs!«
    »Prost, Hans!«
    »Cheers, mate!«
    Anstoßen und ex. Das ging den ganzen Abend so weiter. Ein Meter folgte dem anderen, begleitet von unzähligen Bieren und Äpplern, und irgendwann war niemand mehr auch nur annähernd nüchtern. Wir redeten Blödsinn und lachten über Schwachsinn. Wir waren albern bis zur Peinlichkeit. Und wir hatten dabei so viel Spaß wie lange nicht mehr. Die restlichen Gäste belächelten uns kopfschüttelnd und Frauen schlugen einen großen Bogen um die Theke, aber das störte noch nicht einmal Beckmann. Ich liebe solche Abende. Ein Haufen verlorene Jungs und eine Theke. Manchmal braucht es nicht mehr.
    Es war so gegen zehn. Die Stimmung drohte aufgrund erster alkoholbedingter Ermüdungserscheinungen zu sinken, als Kirk mich beiseite zog und mir etwas ins Ohr flüsterte.
    »Want some acid?«
    Ich verstand kein Wort.
    »What?«
    »Acid. I brought some acid from Canada. Let's go outside and take a trip.«
    Ich glaubte verstanden zu haben, fragte aber vorsichtshalber noch mal nach.
    »You brought some what from Canada?«
    »Acid. LSD, man! You know LSD, don't you?«
    Aha. Also doch. Ich hatte ihn richtig verstanden. Acid. Drogen. Chemische Drogen. Halluzinogene Drogen. Acid. Das war das Zeug, das die Kids in London sich einwarfen, um nächtelang zu Acid-House abzutanzen. Ich hatte davon gehört. Drogen! Nichts für mich. Ab und zu rauchte ich mal einen, wurde aber nur müde davon. Acid. Richtige Drogen. Nein, danke. Keine Experimente. Ich trinke, das reicht.
    »No, thanks«, sagte ich bestimmt.
    »Ah, come on! Try it! It's cool!«
    »I don't think so.«
    Er ließ nicht locker. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich noch nie härtere Drogen genommen habe und auch keinerlei Verlangen danach

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