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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Jochen Till
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... ja ...«, winselte er. »Schon gut! Ich höre dir ja zu! Lass los!«
    Mein Griff lockerte sich, ließ aber nicht los.
    »Also, wie schon gesagt: Du hast nur eine Chance, hier heil rauszukommen. Als Erstes wirst du dich bei meinem Freund, dem Rosenverkäufer, entschuldigen. Und du wirst es ernst meinen. Ich möchte aufrichtiges Bedauern in deiner Stimme hören. Ist das so weit klar?«
    »Äh ... ja. Alles klar.«
    »Gut. Als Nächstes wirst du ihm, weil du dich für dein Verhalten ihm gegenüber unendlich schämst, alle seine Rosen abkaufen. Und zwar mit aller Höflichkeit und dem nötigen Respekt, den dieser Mann so wie jeder andere verdient.«
    „Ja, gut. Auch das. Er kriegt sein Geld. Jetzt nimm deine Finger da weg!«
    »Moment!« Ich packte wieder fester zu. »Nicht so schnell. Hatte ich schon erwähnt, dass der Preis für Rosen in den letzten zwei Minuten immens gestiegen ist? Verlässlichen Quellen zufolge beträgt der Preis für eine einzelne Rose derzeit fünf ...«
    »Zehn!«, rief jemand.
    »Zehn sogar? Der Markt ist sehr sprunghaft heute. Also, eine Rose wird derzeit mit zehn Mark gehandelt. Ist das okay für dich?«
    »Zehn Mark? Ihr spinnt ja wohl! Das geht ...«
    Weiter kam er nicht. Noch fester und ich wäre als Nussknacker in die Geschichte eingegangen.
    »Wie bitte? Ich kann dich kaum verstehen, wenn du so laut jammerst. Kaufst du jetzt die Rosen oder kaufst du sie nicht?«
    »Ja! Verfluchte Scheiße! Ja! Ich kaufe sie alle! Lass endlich los!«
    »Gut«, sagte ich und ließ ihn los. »Schön zu hören. Dann lass uns doch mal schauen, wie viel du meinem Freund hier schuldest! Vier Rosen hat er noch, plus die eine, die du so unachtsam zerquetscht hast, macht alles in allem 50 Deutsche Märker. Zu schade, dass er nicht noch mehr Rosen für dich hat.«
    »Hat er!«, sagte Hans, verschwand in der Küche und kam mit einem Geburtstagsstrauß roter Rosen zurück. »Die hat mir unser Freund heute Nachmittag zur Aufbewahrung hier gelassen. Hatte ich ganz vergessen.«
    »Na prima!«, rief ich begeistert. »Heute muss dein Glückstag sein! Das macht dann zusammen ... warte ... genau 160 Mark. Cash, bitte. Und die Entschuldigung nicht vergessen.«
    Er kramte in seinem Portmonee.
    »Ich hab aber nur 150.«
    »Ach, weißt du, wir haben heute unseren abschaumfreundlichen Tag. 150 sind okay.«
    Er reichte sie dem über beide Ohren grinsenden Rosenmann.
    »Es tut mir Leid. Ich möchte mich aufrichtig für mein Verhalten entschuldigen.«
    »Vielen Dank, mein Herr. Auf Wiedersehen.«
    Ein gebrochenes Arschloch stolperte gebückt in Richtung Ausgang.
    »Und lass dich hier nie wieder blicken!«, rief Hans ihm nach, bevor wir alle lachend zusammenbrachen.
    »Das war Weltklasse, David!«, sagte Beckmann. »So kenn ich dich gar nicht.«
    »Ich mich auch nicht.«
    HANS BRACHTE den nächsten Meter und wir setzten uns mit dem Rosenmann an einen Tisch. Nachdem die Aufregung sich gelegt hatte und jeder seine Perspektive der Geschichte zum Besten gegeben hatte, zog ich mich etwas zurück. Ich versuchte zu ergründen, wie es mir eigentlich ging. Eine Wirkung des Acids war jetzt jedenfalls nicht mehr zu verleugnen. Die erste Phase war vorbei. Sie hatte mich zu Bruce Willis gemacht. Ich war verdammt stolz auf mich. Was würde Phase zwei wohl bringen? Als Erstes stellte ich fest, dass ich wach war. Hellwach. Voll da. Und das nach Unmengen von Alkohol. Normalerweise hätte ich schon längst die Grätsche gemacht. Und dann war da noch dieses Gefühl. Es ging mir saugut. Nein, das reicht nicht. Ich war der gottverdammte König der Welt. Und noch was. Nach mir die Sintflut. Im Gegensatz zu Phase eins war es mir jetzt völlig egal, was um mich herum passierte. Es interessierte mich null. Dem König der Welt geht es verdammt noch mal exzellent gut. Was schert mich der Rest? Die Kneipe hätte in diesem Moment anfangen können zu brennen. Ein Amokläufer hätte hereinstürmen und mit zwei automatischen Knarren alles niederballern können. Egal. Ich wäre sitzen geblieben, hätte es mir angeguckt und unheimlich cool gefunden. Überhaupt, alles sah irgendwie viel cooler aus als sonst. Die Möbel, die vergilbten Plakate, selbst der Fußboden. Super-cool. Und mein Zigarettenpäckchen. Ich hatte noch nie so ein cooles Zigarettenpäckchen gesehen. Ich hielt es in der Hand und drehte und wendete es. Die Farbe, die Schrift, die Ecken. Ich klappte es immer wieder auf und zu und grinste vor Entzücken wie ein Schulanfänger, der gerade seine Tüte
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