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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Jochen Till
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versammelten sich nur alle vor dem Zaun, setzten sich auf Barhocker, tranken Bier und sangen »Young at Heart«. Ich schickte Kelly mit einer abgesägten Schrotflinte zu ihnen hinein und sie verließen fluchtartig das Gelände. Oh Kelly, süße Kelly. Ich ging auf sie zu, nahm ihren Kopf in meine Hände, zog sie an mich und küsste sie bis ans Ende des Wachseins.
    Als ich aufwachte, war ich fest davon überzeugt, mindestens zwölf Stunden geschlafen zu haben. Oh Gott, Kirk! Er musste um vier am Flughafen sein. Wir hatten seinen Flugverpennt.
    »Kirk? Kiiiirk!«
    Wie viel Uhr ist es überhaupt? Ich sah auf meinen Wecker.
    Zwölf? Das kann nicht sein.
    »Yeah, man. I'm here. What's up?«
    »What time is it?«
    »Wait ... just a sec. It's twelve. Why?«
    »I thought we missed your plane.«
    »No, there's plenty of time. Are you getting up already?«
    »Yeah. I can't sleep anymore.«
    »That's Sinatra still playing inside you.«
    »Thought so.«
    Es war schon sensationell. Kein Kater oder sonst übliche Alkoholnachwirkungen. Ich war fit. Nach schlappen zwei Stunden Schlaf. In Ehrfurcht zog ich meinen Hut vor Sinatra und mich langsam an.
    DREI STUNDEN später saßen wir in einem kleinen Bistro am Flughafen und tranken Kaffee. Kirk hatte bereits eingecheckt und Abschiedsstimmung kroch an mir hoch. Ich wollte nicht, dass er schon abreiste. Ein Tag war zu kurz mit dem Captain. Drei Tage wären okay gewesen. Drei Tage mit Kirk und Sinatra hätte ich mit viel Spaß locker geschafft. Aber jetzt wollten sie mich beide schon wieder verlassen, und das machte mich traurig. Wortlos schlürfte ich meinen Kaffee.
    »I'll be back next year«, sagte Kirk. Die Traurigkeit war mir wohl anzusehen. »And we're gonna party like hell!«
    »Promise?«
    »Big Sinatra-Promise.«
    »Yeah. That's cool. I think I'm gonna miss him very much, too.«
    »Well«, sagte er und griff in die Brusttasche seiner Jeansjacke. »Maybe this will help you a little bit.«
    Breit grinsend legte er das Sinatra-Tape neben meine Kaffeetasse.
    »But remember: Never take it alone.«
    »I won't.«
    Seine Maschine wurde aufgerufen. Ich begleitete ihn noch, soweit es erlaubt war, und wir verabschiedeten uns mit einer festen Umarmung.
    »Bye, David. See you next year. And call me sometime!«
    »Sure, I will! Bye, Captain! And thanks for everything!«
    Ich sah ihm nach, bis er um eine Ecke verschwunden war, und ging dann langsam in Richtung Parkdeck. Das Sinatra-Tape steckte in meiner Hosentasche. Fünfmal Urlaub von der Seele. Fünfmal as cool as it gets. Fünfmal der König der Welt. Manche Geschenke sind unbezahlbar.

WAS BIN ICH?
    DER URLAUB in Spanien war bereits seit Februar geplant. Zum ersten Mal war es mir gelungen, zehn Jungs zusammenzutrommeln, die fest zugesagt und – was noch wichtiger war schon bezahlt hatten. So richtig freuen konnte ich mich allerdings nicht mehr auf den Urlaub. Kelly war nicht dabei und ich würde sie vermissen. Volle zwei Wochen würde ich auf ihren Anblick verzichten müssen. Wie sollte man sich da noch auf Spanien freuen?
    Am Abend vor der Abfahrt lud ich sie zu einem Abschiedsessen ein, nur um sicherzugehen, sie auf jeden Fall noch einmal sehen zu können. Bei mir um die Ecke war ein griechisches Restaurant mit Außenbewirtung und ich hatte extra einen Tisch für uns reservieren lassen. Dass die Küche griechisch war, stellten die meisten Leute erst beim Blick in die Karte fest. Jorgos, der Inhaber, hatte Namen sowie Einrichtung des Restaurants komplett von seinem Vorgänger übernommen. Es hieß »Jägerstube« und so sah es auch aus. Sehr rustikal. Eichentische, Eichenstühle, Eichendecke und Eichenwände, von denen einem tote Vögel und Hasen aus traurigen Glasaugen beim Essen zuschauten, was mir persönlich immer etwas den Appetit verdarb.
    Ich war zu früh, wie immer. Eigentlich bin ich ganz schön bescheuert. Ich hasse es, zu warten, bin aber immer und überall zu früh bei Verabredungen. Ich setzte mich auf einen Ouzo zu Jorgos an die Theke. Jorgos, der Bilderbuch-Grieche. Ein mittelgroßer, stämmiger Macho, dessen Hemd stets so weit aufgeknöpft war, dass es freien Ausblick auf seine immens behaarte und goldbekettete Brust bot. Ein Mann, der die Treue zu seiner Frau fest im Herzen, jedoch nicht am Körper trug. Er hatte mich ein paar Mal nach Ladenschluss mit ins Bahnhofsviertel genommen, immer in denselben Schuppen. Nach nicht mal zehn Minuten saß ich alleine am Tresen, links und rechts nicht mehr ganz so frische Damen des
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