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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Umrisse von Schatten erkennen konnte, hatte sie die Hoffnung, selbst nicht entdeckt zu werden. Sie versuchte, ans gegenüberliegende Ufer zu waten, sich dort zu verstecken und zu warten, bis das Paar wieder in die Herberge zurückkehren würde, blieb aber sofort stehen, als sie merkte, dass jede Bewegung, die sie im Wasser machte, in der Stille der Nacht so laut zu sein schien, als würde sich ein ganzes Regiment im Wasser bewegen. Somit blieb Antonia nichts anderes übrig, als regungslos zu verharren. Nach kurzer Zeit stach ihr die Kälte des Wassers wie eisige Nadeln in die Haut. Solange sie sich bewegt hatte, war es angenehm gewesen, doch jetzt begannen Antonias Zähne laut zu klappern, und sie zitterte am ganzen Körper. Nur gut, dass die Wirtstochter ihr Handwerk verstand – schneller als erwartet hörte Antonia ein lautes Keuchen von Norman und sah, wie sein Körper zuckte und bebte. Ein ziehendes Gefühl durchzog ihren Unterleib, und plötzlich wurde es ihr glühend heiß, obwohl sie eben noch gefroren hatte. Das Mädchen erhob sich. Aus dem schmatzenden Geräusch schloss Antonia, dass sie Norman ausgiebig küsste, bevor sie im Dunkel der Nacht verschwand. Antonia wollte gerade auf das Ufer zu waten, als sie feststellte, dass Norman noch nicht gegangen war. Er ging an der Böschung entlang und trat prompt auf das Kleiderbündel.
»Hoppla! Was haben wir denn da?« Norman bückte sich und erkannte die Kleider. Sein Blick schweifte über das Flussbett, als er rief: »Anthony? Bist du da?« Antonia tauchte bis zum Kinn ins Wasser ein. Bevor sie etwas sagen konnte, hatte Norman sie bereits bemerkt. Er lachte laut auf. »Und ich dachte schon, du hast eine völlige Abneigung gegen Wasser. Aber wie ich sehe, ziehst du ein nächtliches Bad der Gesellschaft meiner Männer vor.«
Mit Entsetzen erkannte Antonia, wie er begann, die Schnürung seiner Hose zu lösen. »Was macht Ihr da?«, schrie sie, wobei ihre Stimme hoch und grell klang.
Norman runzelte die Stirn. Es war wirklich höchste Zeit, dass der Junge in den Stimmbruch kam! Wie sollte er ein mutiger Ritter werden, wenn er wie ein hysterisches kleines Mädchen klang?
»Nun, ich werde dir ein wenig Gesellschaft leisten, denn ich kann eine Abkühlung gut gebrauchen.«
»Nein!« So schnell sie konnte, watete Antonia ans andere Ufer. »Bitte, lasst mich allein, Sir!«
Seufzend zuckte Norman mit den Schultern. Er wurde aus diesem Jungen einfach nicht schlau. Aber wahrscheinlich lag sein seltsames Verhalten wirklich daran, dass er von zwei Frauen erzogen worden war. Fast empfand er Mitleid mit Lord Fenton, weil sein einziger Sohn so verzärtelt war, dann erinnerte sich Norman daran, dass es seine Aufgabe war, aus dem Jüngelchen einen Mann zu machen. Nun gut, am besten würde es sein, gleich damit zu beginnen. Seine Augen suchten die Dunkelheit nach Anthonys Schatten ab, bis er ihn am anderen Ufer im Wasser kauernd entdeckte.
»Nun komm schon, Junge, stell dich nicht so an! Ich nehme an, du hast mitbekommen, was ich mit dem Mädchen gemacht habe. Hast du schon einmal bei einer Frau gelegen?«
Antonia stieß einen Schrei der Empörung aus. »Natürlich nicht, denn ich bin nicht verheiratet!«
Norman lachte so laut auf, dass Antonia meinte, man könne ihn bis zum Gasthaus hin hören.
»Ein wohlerzogenes Weib mag vielleicht so denken, mein Junge, aber für uns Männer gelten andere Regeln. Als ich so alt war wie du, hatte ich bereits meine Erfahrungen gesammelt.« Norman kniff fest die Augen zusammen, konnte aber die Gesichtszüge Antonias nicht erkennen. »Wenn dir das Mädchen gefällt, bin ich bereit, einen Schilling springen zu lassen. Sie ist wirklich gut, du wirst nicht enttäuscht sein. Und ihr Vater ist für jeden Zusatzverdienst dankbar.«
»Sir Norman! Wie könnt Ihr es wagen, mir eine Hure anzubieten? Bitte, kehrt in das Haus zurück, ich werde Euch gleich folgen.«
»Nun gut, wie du willst. Lass dir jedoch gesagt sein, dass es besser wäre, wenn du so schnell wie möglich gewisse Erfahrungen sammelst.«
Norman dachte an die Burschen und Männer in der Ausbildungsstätte in Hampton Court. Dort ging es recht derb zu. Wenn sich Anthony weiterhin so verklemmt und schamhaft verhielt, würde er bald Spott und Hänseleien ausgesetzt sein. Während Norman in seine Kammer zurückkehrte, zweifelte er daran, ob er die ihm übertragene Aufgabe würde meistern können. Etwas an dem Jungen rührte sein Herz. Er empfand Gefühle, die Norman nur als väterlich bezeichnen

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