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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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konnte, obwohl er nur zehn Jahre älter war als Anthony. Nie zuvor hatte er einem Knappen gegenüber die Empfindung gespürt, ihn vor aller Unbill der Welt beschützen zu wollen.
    Am frühen Nachmittag waren sie nur noch wenige Meilen vom königlichen Palast Hampton Court entfernt. Antonia war müde und erschöpft und sehnte das Ende ihrer Reise herbei. In der letzten Nacht hatte sie kein Auge mehr zugetan, so dass ihr Kopf jetzt immer wieder auf die Brust sackte und sie sich gewaltsam wach halten musste. Was dann geschah, erfolgte so unerwartet, dass Antonia erst registrierte, dass sie überfallen wurden, als sie plötzlich am Boden lag. Aus dem dichten Gebüsch des Waldes sprang rund ein Dutzend Männer in zerlumpter Kleidung und überwältigte die Gruppe im Überraschungseffekt, so dass auch Sir Norman keine Zeit mehr blieb, sein Schwert zu ziehen. Der Kleidung nach waren es verarmte Bauern oder Landstreicher, die sich mit Schwertern und Holzprügeln bewaffnet vor die Pferde warfen. Ihre Stute hatte sich hoch aufgebäumt und Antonia rücklings aus dem Sattel geworfen. Für einen Moment blieb sie benommen liegen, während um sie herum Schreie und das Klirren von Schwertern erklangen. Sie sah, wie Roger verzweifelt bemüht war, den Angriff zweier Räuber abzuwehren. Er kämpfte verbissen gegen die Angreifer, doch ein Schwerthieb traf ihn an der Schulter. Roger ließ sein Schwert fallen und stürzte zu Boden. Auf seinem Wams bildete sich ein Blutfleck.
Antonia sprang auf die Füße und sah sich suchend um. Sie bedauerte, ihr Schwert aus Fenton Castle nicht mitgenommen zu haben, aber Sir Norman hatte ihr versichert, sie würde in Hampton Court mit neuen Waffen ausgestattet werden. Zwei weitere Männer lagen regungslos am Boden, während vier Räuber die Packtaschen nach Wertgegenständen durchwühlten. Da sah Antonia, wie Sir Norman von drei Männern aufs Heftigste attackiert wurde. Mit dem Rücken gegen den Stamm einer mächtigen Eiche gelehnt, hielt er dem Angriff stand und parierte geschickt Schlag für Schlag. Aber wie lange noch?
So schnell sie konnte lief Antonia zu dem blutenden Roger und hob sein Schwert auf. Sie keuchte, denn die Waffe war deutlich schwerer und größer als die, mit der sie bisher geübt hatte. Fest biss sie die Zähne zusammen und schwang das Schwert wie einen Dreschflegel über ihrem Kopf. »Euch werde ich es zeigen!«, schrie sie und stürmte auf die Angreifer los.
Einer, der Sir Norman gerade das Hemd über der Brust aufgeschlitzt hatte, wandte sich kurz zu ihr um. Als er jedoch sah, dass ein Junge, noch beinahe ein Kind, auf ihn losstürmte, spuckte er verächtlich aus und wandte sich wieder dem Ritter zu, in dessen Satteltaschen er reiche Beute erwartete. Als Antonia sah, wie aus der Wunde auf Sir Normans Brust Blut rann, versetzte sie dies derart in Rage, dass sie mit der flachen Seite des Schwertes blindlings auf den Hinterkopf eines Räubers einschlug. Der Mann, der keinen Helm trug, taumelte kurz, stand aber einen Augenblick später wieder sicher auf den Beinen. Kurz fing Antonia Sir Normans ungläubigen Blick auf, doch dann war keine Zeit mehr für Überlegungen. Norman Powderham hatte den Fehler begangen zu zögern, als er Antonia erblickte. Dieser Moment reichte aus, dass ihm sein Schwert aus der Hand geschlagen wurde. Gleichzeitig hieb ihm ein anderer auf den Kopf, und Norman ging stöhnend zu Boden. Der Räuber hob sein Schwert, um es Norman mitten in die Brust zu stoßen.
»Ihr Schweine!«, brüllte Antonia und ließ ihr Schwert in blinder Wut auf den Arm des Mannes krachen. Dieser quiekte wie ein Schwein, die Waffe entglitt seinen Händen und aus dem Arm quoll hellrotes Blut. Antonia schluckte die aufkommende Übelkeit schnell herunter, denn jetzt sah sie sich dem Angriff dreier bulliger Kerle ausgeliefert. Aus den Augenwinkeln erkannte sie, wie die anderen zerlumpten Gestalten mit gespannten Gesichtern die Szene verfolgten. Sie sahen, in der Meinung, dass zwei ihrer Kameraden mit einem bartlosen Jungen allein zurechtkämen, wohl keinen Grund einzugreifen. Obwohl alles blitzschnell ging, erinnerte sich Antonia an Tipps und Tricks des Waffenmeisters. So parierte sie geschickt die Schläge, duckte sich und drehte sich um ihre eigene Achse, um dann mit dem Schwert von unten einen Streich zu führen. Leider war ihr Gegenüber ebenso flink und wendig und wich der Parade geschickt aus. Antonia merkte, wie ihre Arme schwer wurden und die Kraft in ihren Händen schwand. Das Schwert

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