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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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zog sie vom Stuhl hoch. Antonia wehrte sich gegen ihre Umarmung, sie wollte mit dieser Frau nichts mehr zu tun haben und schon gar nicht mehr mit nach Chelsea ziehen, wo ihr diese Ehe schmackhaft gemacht werden sollte.
»Mein liebes Kind, nun wein doch nicht«, versuchte Lady Catherine sie zu trösten. »Es war die einzige Möglichkeit, diesen Despoten loszuwerden. Ich konnte auf keinen Fall zulassen, dass er dich gleich mitnimmt, denn ich brauche etwas Zeit.«
Langsam hob Antonia ihr tränenüberströmtes Gesicht. »Zeit gewinnen? Wofür? Um mich zu überzeugen, dass es für mich das Beste ist, diesen Jungen zu ehelichen?«
Lady Catherine lachte hell auf. »Nicht doch, das habe ich keinesfalls vor. Im Gegenteil, ich habe da eine Idee, wie man den Plan vereiteln könnte. Aber heute kann ich nichts mehr unternehmen. Pack jetzt deine Sachen, wir werden morgen wie geplant nach Chelsea ziehen, dann sehen wir weiter.« Sie streichelte sanft über Antonias Haar. »Vertrau mir, du wirst sicher nicht die Frau eines dieser Emporkömmlinge aus der Familie Dudley.«
    Lady Catherines Haus in Chelsea konnte es an Größe und Ausstattung nicht mit den königlichen Palästen aufnehmen, war aber intimer und heimeliger. Antonias Gemütszustand befand sich jedoch in einem solchen Aufruhr, dass sie die schlichte und gemütliche Eleganz der Räume nicht wahrnahm. Seit ihrer Ankunft vor drei Tagen hatte sie die Königinwitwe nicht mehr gesehen. Catherine hatte nicht nach ihr rufen lassen, so blieb Antonia nichts anderes übrig, als in ihrem kleinen Gemach ruhelos auf und ab zu wandern. Bei jedem Geräusch, das einen Besucher vermuten ließ, zuckte sie wie ein verängstigtes, aus dem Nest gefallenes Vögelchen zusammen und eilte ans Fenster. Sie lebte in ständiger Furcht, ihr Vater würde sie holen kommen, um sie wie eine Ware zu verschachern, und sie wagte nicht, Catherine anzusprechen, die ihr mit ihren Worten große Hoffnungen gemacht hatte. Wer war sie, Antonia, denn schon, dass sich eine einstige Königin für sie einsetzte? Sich gegen den Wunsch des zweiten Mannes im Lande, John Dudleys, stellte? Antonia überlegte, ob sie nicht einfach fliehen sollte. Wenn sie sich das langsam nachwachsende Haar abschnitt und wieder in Männerkleidung schlüpfte, würde sie gewiss unerkannt aus der Stadt kommen. Aber wohin sollte sie gehen? Zurück nach Devon, in ihre Heimat? Fenton Castle war verschlossen, es würde niemand da sein, an den sie sich wenden konnte. Erneut schnürte Antonia der Gedanke an ihre Mutter und Ellen die Brust zu. Würde sie jemals in Erfahrung bringen, was mit ihnen geschehen war?
Das Geräusch klappernder Hufe auf dem gepflasterten Hof ließ Antonia erneut ans Fenster eilen. Ihr stockte der Atem, als sie in dem Ankömmling Norman Powderham erkannte. Ihr erster Impuls war, ihm eiligst entgegenlaufen, vielleicht brachte er Nachrichten von ihrem Vater? Sie war bereits an der Tür, als sie zögerte. Nein, sie würde ihm nicht in die Arme fallen. Sir Norman war gewiss nicht gekommen, um sie zu sehen. Sein Besuch galt Lady Catherine. Wenn er etwas von Bedeutung für sie brachte, würde man sie informieren.
Nach drei endlosen Stunden des Wartens hielt es Antonia nicht mehr in ihrem Zimmer aus. Geduld war noch nie ihre Stärke gewesen. Der Februartag war kalt, aber zwischen weißen Wolken lugte immer wieder die Sonne hervor. Antonia begab sich in den Garten, der jetzt im Winter kahl und verwaist war, aber sie sehnte sich nach frischer Luft und Bewegung. Aufatmend schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht in die Strahlen der Sonne, obwohl ihr der kalte Wind um die Ohren blies.
»Du solltest aufpassen, dass du dir keinen Schnupfen holst.«
Antonia wirbelte herum. Sie hatte Norman nicht kommen hören. Sie setzte ihre überraschteste Miene auf, er sollte nicht merken, dass sie seine Ankunft verfolgt hatte. »Sir Norman, welche Überraschung, Euch hier zu sehen.«
Norman Powderham musterte sie kühl. Wenigstens lag in seinem Blick nicht mehr dieser unbändige Hass, den er am Tag des Turniers ausgestrahlt hatte, stellte Antonia erleichtert fest.
Er ging auf ihre Begrüßung nicht ein. »Wie ich hörte, kann man dir gratulieren.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Antonia erstaunt.
»Am Hof pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass du nächste Woche die Frau von Guildford Dudley wirst. Die unbedeutende Tochter von Lord Fenton wird mit dem Sohn des neu ernannten Grafen von Warwick vermählt … Ein guter und kluger Schachzug deines

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