Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
Vom Netzwerk:
Ehrerbietung.
Antonia trat aus dem Schatten der Zimmerecke hervor. »Hier bin ich, Vater. Ihr wollt mich sprechen?«
Lord Thomas musterte sie von oben bis unten. Es war offensichtlich, dass ihm nicht gefiel, was er sah. »Du bist für ein Weib viel zu groß und zu mager. Bekommst du hier nicht genug zu essen, dass du kein Fleisch auf die Rippen bekommst?«
»Mylord Fenton, was fällt Euch ein, so einfach in meine Gemächer einzudringen und meine Damen zu beleidigen?« Streng versuchte Lady Catherine den ungebetenen Besucher in seine Schranken zu verweisen.
Nun besann sich Antonias Vater auf seine Erziehung und verbeugte sich. »Verzeiht, Mylady, aber Euer Status und Euer Einfluss in diesem Palast sind Vergangenheit. Ich bin gekommen, meine Tochter zu holen.«
Antonias Augen weiteten sich vor Schrecken. Sie presste beide Hände auf ihr Mieder, um ihren hastigen Atem zu beruhigen, und wich an die Wand zurück. In Lady Catherines Gesicht regte sich kein Muskel. Scheinbar unbeteiligt gebot sie einer Dienerin, Wein zu bringen, dann bat sie Lord Thomas, Platz zu nehmen.
»Nun, Mylord Fenton, Ihr mögt zwar Recht haben, dass mein Wille am Hof nichts mehr zählt. Trotzdem bitte ich Euch um eine Erklärung, warum Ihr Euch jetzt plötzlich Eurer Tochter erinnert, die Ihr erst vor wenigen Monaten verleugnet habt und sogar in den Tod schicken wolltet.«
Lord Thomas winkte unwillig ab. »Ihr müsst meinen Schock verstehen, als ich erfuhr, dass ich lediglich Vater einer Tochter bin. Jahrelang lebte ich in dem Glauben, einem starken und mutigen Sohn mein Erbe in die Hände legen zu können. Nun aber sehe ich, dass es durchaus auch Vorteile haben kann, ein Mädchen zu besitzen.«
»Besitzen!« Antonia fuhr auf und blitzte ihren Vater zornig an. »Ihr besitzt mich nicht, Mylord!«
Lord Thomas bedachte sie mit einem verächtlichen Lächeln. »Zu meinem Bedauern muss ich feststellen, dass sie nicht nur unattraktiv, sondern auch noch aufsässig und kratzbürstig ist.«
»Antonia ist jung und ihr Wachstum noch nicht abgeschlossen«, erinnerte Lady Catherine.
Er ging darauf nicht ein, sondern griff nach dem Weinbecher, den ein Mädchen ihm darbot. Dabei sog sich sein Blick in dem Ausschnitt der Magd fest, und Antonia gewann den Eindruck, dass es ihren Vater große Selbstbeherrschung kostete, seine dicken Finger nicht in das Tal zwischen den beiden Brüsten gleiten zu lassen. Angewidert wandte sie sich ab.
»Nun, langer Rede kurzer Sinn, Lady Catherine: Es ist mir trotz aller Unzulänglichkeiten gelungen, das Weib anständig zu verheiraten. Darum wird sie jetzt mit mir gehen, denn die Trauung wird noch diese Woche stattfinden.«
»Heiraten!«
Antonia und Catherine schrien gleichzeitig entsetzt auf.
»Ich werde niemanden heiraten!«
»Das Kind ist viel zu jung für eine Ehe!«
Lord Thomas lehnte sich entspannt zurück. Er hatte mit Widerstand gerechnet, aber was zählte schon die Meinung zweier Frauen, von denen die eine seine eigene, unmündige Tochter, die andere eine ehemalige Königin war, die der Lordprotektor am liebsten in die Hölle wünschte. Zudem wurde er von einem mächtigen Mann unterstützt, dessen Sympathien er sich auf keinen Fall verscherzen durfte.
»Tochter, pack deine Sachen! Du wirst mit mir in unser Stadthaus kommen«, wies er Antonia an. Diese stand wie erstarrt und rührte sich nicht von der Stelle. Schließlich würgte sie hervor: »Darf ich erfahren, mit wem Ihr mich verheiraten wollt?«
Lord Thomas grinste. »Er ist zwar nur ein jüngerer Sohn, der keine große Erbschaft zu erwarten hat, aber er stammt aus einer reichen und angesehenen Familie. Du kannst dich glücklich schätzen, dass sein Vater dieser Verbindung zugestimmt hat, werden sich seinen Söhnen doch bald sämtliche Türen in ganz England öffnen.«
Antonias Herz begann schneller zu schlagen. Ein jüngerer Sohn … Norman Powderham war der jüngste Sohn und Lord Thomas sein Gönner und Förderer. Nervös nestelte sie an den Spitzenmanschetten ihrer Ärmel. Wenn ihr Vater plante, ihr Sir Norman als Bräutigam zuzuführen, dann würde sie keinen Widerstand leisten. Antonia wunderte sich nur, dass Norman der Verbindung zustimmte, dass er bereit war, sein freies, flatterhaftes Leben aufzugeben.
Doch schon die nächsten Worte zerstörten all ihre Hoffnung und stürzten Antonia in tiefste Verzweiflung: »Es handelt sich um Guildford Dudley, den Sohn von John Dudley.«
»Der Junge ist ebenfalls noch ein Kind. Das könnt Ihr nicht tun«, begehrte Lady Catherine

Weitere Kostenlose Bücher