Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
waren äußerst brutale Gesellen, die Übelsten der Üblen, und zudem geisteskranke Verbrecher. Sie waren allesamt gefährlich und absolut unkontrollierbar.
Ungefähr 18 000 dieser Unverbesserlichen fanden sich schließlich in einem US-Militärgefängnis in Fort Chaffee, Arkansas, wieder, und das trotz vehementer Einsprüche eines politisch ambitionierten jungen Gouverneurs, William Jefferson Clinton, der sich damals gerade zur Wiederwahl stellte. Sein republikanischer Gegenspieler machte Clinton gemeinsam mit sämtlichen Zeitungen des Bundesstaates den Vorwurf, zugelassen zu haben, dass dieser gefährliche Abschaum bis ins Zentrum von Arkansas geschleust wurde, aber Bill lastete die Angelegenheit Jimmy Carter an, der ihn auf krasse Weise »hintergangen« habe, indem er diese Unholde nach Fort Chaffee geschickt habe, ohne ihn vorher davon in Kenntnis zu setzen oder seine Zustimmung einzuholen.
Kurz nach der Gouverneurswahl kam es zu einem Massenausbruch, und 7000 der gewalttätigsten »Flüchtlinge« strömten auf die Straßen von Fort Chaffee, wo sie mit Macheten so lange Amok liefen, bis es der Nationalgarde nach drei Tagen mit Tränengaseinsatz und blutigen Handgemengen gelang, den Gefangenenaufstand niederzuschlagen.
Die Wähler waren nicht erfreut. Clinton erlitt am Wahltag eine empfindliche Schlappe und musste gedemütigt den Gouverneurssitz räumen. Es war die einzige Wahl, die Clinton je verlor. Er wartete zwei Jahre, stellte sich wieder zur Wahl und gewann – und der Rest ist Geschichte. Aber den Albtraum, den Jimmy Carter und die Kubaner ihm beschert hatten, vergaß er nie.
Skaggs war ein Freigeist mit wachem Verstand. Ihm gehörten drei Boote in der Marina Hemingway, und er sagte offen heraus, er sei nach Kuba gekommen, um seinen Spaß zu haben, und reichlich Dollars zum Ausgeben besäße er auch. Das ist dieser Tage in Havanna eine brisante Mischung, da die Regierung sich darauf verlegt hat, gegen genau das vorzugehen, was er repräsentiert, aber er sagte, das sei ihm ziemlich egal. »Meine Papiere sind allesamt in Ordnung«, erklärte er, als wir in einem neuen silbernen Camaro Z28-Kabrio mit Höchstgeschwindigkeit den Malecon hinunterrauschten und die Rolling Stones aus den Boxen dröhnten. »Die Polizisten hier sind allesamt Kommunisten«, fügte er hinzu. »Das darfst du nie vergessen. Primitive Menschen, aber militärisch höchst ausgefuchst. Vormachen kann man denen absolut nichts. Allein heute auf dem Weg zu deinem Hotel bin ich dreimal verhaftet worden.«
»Was?«, sagte ich. »Dreimal? An einem Tag? Jesus Maria, Skaggs. Das ist ja zum Fürchten. Vielleicht sollten wir uns heute Abend lieber nicht auf der Straße sehen lassen.«
»Keine Bange«, sagte er. »Die wissen, dass mein Papierkram völlig in Ordnung ist. Ich glaube, die stehen nur auf dies Auto.
Deswegen winken sie mich zu gerne raus und betätscheln es, während sie mich überprüfen.«
Skaggs ist ein Gentleman und Lebenskünstler aus Arkansas, ein unternehmungslustiger Draufgänger und dazu ein guter Freund von Bill Clinton. Ich kenne ihn seit vielen Jahren und halte ihn grundsätzlich für einen anständigen und ehrenhaften Mann, der Charakterzüge eines in der Wolle gefärbten Arkys und eines Spekulanten besitzt. Aber er hat auch etwas von einem jähzornigen Burschen, der einem unverhofft quer kommt und gleich nach einer Schrotflinte greift. Er ist ein attraktiver Mann mit ansprechenden Manieren und einem unersättlichen Appetit auf profitable Investitionen.
Kuba sei in dieser Hinsicht viel versprechend, befand er, aber seine beneidenswerte Situation als Freund des Präsidenten erwies sich seinen Geschäftsinteressen zunehmend als unzuträglich. »Fünf Jahre lang saßen mir drei oder vier Anklagejurys des Bundes im Nacken«, sagte er. »Zuerst haben sie meine sämtlichen Telefone angezapft, und dann fingen sie an, mich überallhin zu verfolgen. Menschen, die ich mein Leben lang gekannt habe, hatten auf einmal Angst, mit mir gesehen zu werden. Ich bin aus der Stadt in die Jagdhütte gezogen, aber das hatte auch keinen Zweck. Schließlich hab ich mir gesagt: ›Für solchen Scheiß bin ich langsam zu alt‹, und dann hab ich mir ein Boot gekauft und bin nach Kuba geschippert.«
Der Yachthafen der Marina Hemingway am Rande von Havanna war eine der ersten feindlichen Enklaven, die total dichtgemacht wurden. Auf den Partybooten, die an den heruntergekommenen Stegen entlang der Kanäle vertäut lagen, fanden
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