Königreich der süßen Versuchung
sollten. Habe ich letzten Sommer nicht sogar vorgeschlagen, dass Sie ein paar Wochen nach Hause fahren und mal so richtig ausspannen?“
Nach Hause? Hatte sie überhaupt noch ein Zuhause? Ihr Apartment in Manhattan hatte sie aufgegeben, als sie drei Jahre zuvor mit Jake nach Ruthenia gegangen war. Nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, waren ihre Eltern in einen anderen Stadtteil gezogen. Außerdem arbeiteten beide. Was sollte sie also in einer fremden Umgebung, wo sie niemanden kannte? Wahrscheinlich würde sie sich den ganzen Tag nach Jake sehnen.
Doch das musste ein Ende haben. Sie würde endlich ihr eigenes Leben leben und sich ein Zuhause aufbauen müssen. In der kommenden Woche hatte sie sogar schon ein Bewerbungsgespräch für einen Job als Eventplanerin. In Manhattan. „Ich habe keine Lust, für den Rest meines Lebens Ihre persönliche Assistentin zu sein.“ Sie warf den Kopf in den Nacken. „Immerhin werde ich bald siebenundzwanzig. Da wird es allerhöchste Zeit, dass ich mich endlich mal um meine Karriere kümmere.“
„Aber Ihre Position beinhaltet doch so viel mehr als die einer persönlichen Assistentin. Wir können ihr einen anderen Namen geben. Wie wäre es mit …“ Er blickte sie nachdenklich an, und sofort beschleunigte sich ihr Herzschlag. „Wie wäre es mit ‚Geschäftsführerin‘?“ Er lachte leise. „Schließlich ist das Königshaus hier doch so was Ähnliches wie eine Firma.“
„Sehr witzig. Nur dass ich keine anderen Aufgaben hätte als früher.“
„Aber keiner kann die so gut erledigen wie Sie.“
„Sie werden schon ohne mich zurechtkommen.“ Schließlich gab es ungefähr dreißig Palastangestellte. Da konnte von einer Notlage wirklich nicht die Rede sein. Und keinesfalls wollte sie bis zum Unabhängigkeitstag bleiben. Denn die Presse hatte schon bei Jakes Regierungsantritt betont, wie wichtig es sei, dass er heirate. Aus Jux hatte er damals gesagt, dass er sich drei Jahre Zeit lassen wolle. Der dritte Unabhängigkeitstag unter seiner Regierung sei seine Deadline.
Nun erwartete natürlich jeder, dass etwas passierte. Und da Jake normalerweise sein Wort hielt, wie Andi wusste, würde nächste Woche irgendeine Entscheidung fallen. Maxi, Alia, Carina … genug Anwärterinnen gab es bestimmt. Und Andi wollte nicht auch noch bei der Verlobungsfeier dabei sein.
Jake legte das Blatt mit der Sitzordnung wieder hin, dachte aber nicht daran, Andi den Umschlag abzunehmen, den sie ihm immer noch hinhielt. „Ich weiß, dass Sie in der letzten Zeit sehr viel gearbeitet haben. Ihre Tätigkeit hier im Palast ist kein Achtstundenjob. Aber ich habe Ihnen doch immer freie Hand gelassen, Ihre Arbeitszeiten selbst zu bestimmen. Und bei Gehaltsforderungen waren Sie auch nicht gerade zimperlich.“
„Ich weiß, dass ich gut bezahlt werde.“ Dass sie regelmäßig um eine Gehaltserhöhung gebeten hatte, hatte Jake imponiert. Und vielleicht hatte sie es auch deshalb getan. Wie auch immer, die Folge war, dass sie gut hatte sparen können, was ihr einen Neustart erleichtern würde. „Aber es wird Zeit, dass ich mich nach etwas anderem umsehe.“ Warum war sie nur so verrückt nach ihm? Er hatte doch nie auch nur das geringste Interesse an ihr gezeigt.
So wie jetzt, als er leicht ungeduldig auf die Uhr sah. „Die Gäste werden jede Minute hier sein, und ich muss unbedingt noch mit New York telefonieren. Wir reden später weiter und werden bestimmt eine Lösung finden …“, zerstreut lächelte er sie an und klopfte ihr auf die Schulter, als sei sie ein alter Kumpel, „… die Sie glücklich macht.“ Damit drehte er sich um und verließ den Raum, während Andi ihm fassungslos hinterhersah, das Kündigungsschreiben noch immer in den bebenden Fingern.
„Oh nein!“, stieß sie frustriert aus, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Natürlich war er absolut sicher, dass er sie umstimmen konnte. Denn dafür war er bekannt. Und er war sogar der Meinung, sie „glücklich machen“ zu können. Was für eine Unverschämtheit! Obwohl es leider gerade dieses unerschütterliche Selbstbewusstsein war, das sie besonders anzog. Sie glücklich machen … Wenn er wüsste, dass es dafür nur einen Weg gab, nämlich sie in die Arme zu ziehen, ihr zu sagen, dass er sie liebe, und sie zu heiraten.
Aber Könige heirateten keine unbedeutenden Sekretärinnen aus Pittsburgh. Auch wenn ihr Königreich noch so klein war.
„Die Pastetchen sind fertig“, unterbrach eine Stimme Andi in ihren
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