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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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lief Reuter ins andere Zimmer. Ein kleiner, voll gestellter Raum. Ein schlichtes Metallbett – ungemacht, ein blassgelber Bezug mit aufgedruckten Pinguinen.
    Reuter hob das Federbett von der Matratze. Er riss die Kissen weg. Der Säugling kam zum Vorschein: kotverschmiert und eingenässt, stinkend, still und noch körperwarm, als würde er schlafen.
    Ein Griff nach der Halsschlagader – kein Puls feststellbar. Das kleine Gesicht war gerötet, rote Pünktchen auf den Augen und Lidern. Erstickungszeichen.
    Wegmann telefonierte bereits nach einem Arzt.
    Reuter ging in die Küche, wo Juli sitzen geblieben war. »Was haben Sie gemacht?«
    »Justin soll nicht ins Heim.«
    »Und Lena?«
    »Sie sollte nicht sterben. Ich wollte ihr doch nur einen Denkzettel verpassen.« Juli sprach schleppend, ihr Blick fixierte einen Punkt in weiter Ferne. »Sie hat meine Mama schlechtgemacht.« Ihre Lider flatterten.
    »Was ist mit Ihnen?«
    »Scheiße!«, rief Wegmann telefonierte noch einmal.
    Reuter sah sich um, kontrollierte den Abfalleimer, spähte in Vasen und Schüsseln. Er zog die Windelpackung unter dem Kinderbett hervor – nichts außer Einweg-Wattekram.
    Juli verdrehte die Augen.
    Wegmann tätschelte ihre Wange. »Nicht einschlafen, Juli! Der Notarzt ist jeden Moment da.«
    Die junge Frau nickte knapp.
    In der Spüle wurde Reuter fündig. Fünf leere Ampullen. Liquid Ecstasy . Er sagte zu seinem Partner: »Gut, dass sie dir keinen Kaffee übrig gelassen hat.«
    Draußen donnerte ein Intercity vorbei. Robby Marthaus Pitbull kläffte ihn vom Badezimmer aus an.
    Es klingelte an der Tür. Wegmann lief hin, um zu öffnen. Auch Juli raffte sich auf. Nach zwei Schritten sackte sie in sich zusammen.

Teil V
Dossiers

Den Menschen ein Bild ihres Schicksals geben.

    Max Beckmann

Dienstag, 22. Mai, Blitz, Titelseite:
     
    GEKKO-BEACH: MYSTERIÖSER SELBSTMORD!
    Nach einem Brand im Restaurant des erst am Wochenende stillgelegten Biergartens Gekko-Beach wurde gestern die verkohlte Leiche eines Mannes geborgen. Laut Polizeiangaben handelt es sich um den mutmaßlichen Mörder des 23-jährigen Türstehers Robert Marthau. Über die Hintergründe des Mordes und die Identität des Täters gab es zunächst keine Information. Der Mann hatte das Holzgebäude in Brand gesteckt und sich mit einer Schusswaffe das Leben genommen, als Fahnder ihm auf die Spur gekommen waren.
     
    Dienstag, 22. Mai, Morgenpost, Titelseite:
     
    HAFEN-CONGRESS-CENTRUM BRINGT
DÜSSELDORF VORAN
    Oberbürgermeister Dagobert Kroll hat einen dicken Fisch an Land gezogen: Rund 120 Millionen Euro will eine Investorengruppe um den russischen Ölmilliardär Vitali Karpow am Rheinhafen verbauen. Das »Hafen-Congress-Centrum« (HCC) soll nicht nur wie geplant ein Hotel der Luxusklasse sowie zukunftsweisende Kongress-und Office-Facilitys umfassen, sondern auch ein Kasino und eine Shoppingmall von Weltrang.
    Diverse Interessenten hatten sich um das begehrte Areal beworben, so OB Kroll. Mit der Karpow-Gruppe habe das stimmigste Konzept gewonnen. Entscheidend seien die Seriosität des Investors und die Übereinstimmung mit stadtplanerischen Vorgaben gewesen. »Wir ticken auf einer Wellenlänge«, sagte Kroll.
    Dass der Ölmilliardär auch Fortuna Düsseldorf mit einem zweistelligen Millionenbetrag fördern werde, habe bei der Vergabe des Geländes keine Rolle gespielt, hieß es. Karpow werde seinen Lebensschwerpunkt in die Landeshauptstadt verlegen und gilt als fußballbegeistert. Somit hat OB Kroll auch als Aufsichtsratschef des Traditionsvereins alles richtig gemacht.
    Der Streit um Gekko-Beach ist Geschichte, sorgte trotzdem für ein Bonmot: Das HCC werde auf keinen Fall »in den Sand gesetzt«, scherzte das Stadtoberhaupt in Anspielung auf das bisherige Strandlokal und bewies Humor.
81.
    Reuter parkte vor der Schule, nahm die drei Stufen vor dem Eingang mit einem Satz, durchquerte das Foyer und folgte dem Gekreische, das die Schüler veranstalteten. Es war Mittag, die meisten Kids tobten im Hof und Katja hatte Pausenaufsicht.
    Fünftklässler schrien sich an. Seine Freundin versuchte zu schlichten. Ein Ball prallte neben Reuter an die Betonwand. Er fing ihn auf und nahm Katja beiseite.
    Das Blut schoss in ihre Wangen und sie sah sich um. »Was willst du hier?«
    »Ein Ende des Versteckspiels.«
    »Nicht so laut, Jan.«
    Reuter bemerkte Schülerinnen, die stehen blieben und kicherten. Pubertierende steckten ihre Pickelgesichter zusammen und glotzten herüber. Eine Gruppe Jungs

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