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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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pro Jahr um die fünfzigtausend Ecus
     zu gewinnen pflegte.
    »Schade«, sagte Bassompierre, »ich hätte gewettet, daß Ihr gemeint wart.«
    Auf diese Worte folgten die gleichen stürmischen Umarmungen, mit denen ich empfangen worden war. Als großer Spieler, großer
     Wettliebhaber, großer Eroberer von Reifröcken, aber auch als geschickter Diplomat, tüchtiger Soldat, hochgelehrt, ohne es
     zu zeigen, galt der Graf, auch wenn er Deutscher war, als Musterbild eines französischen Höflings. Im übrigen war er ein Ehrenmann,
     auch mit den Karten in der Hand, tapfer, höflich, treu gegen seine Freunde, unter anderen gegen Frau von Lichtenberg, und
     dies war kein geringes Verdienst, hatte sie doch
als einzige auf dieser Welt,
wie er sagte,
seinem Werben widerstanden.
    »
Außerdem«, sagte der Herzog, »habe ich meiner Mutter und meiner Frau versprochen, nicht mehr zu spielen.«
    »Hoho!« rief Bassompierre, »so jung entsagt Ihr Euren Lastern? Und das, nachdem die Regentin sich für zweihunderttausend Livres
     Eure Neutralität erkauft hat in ihrem Streit mit den Großen? Wißt Ihr, daß Ihr einer derjenigen seid, die durch den Tod des
     Königs am meisten gewonnen haben?«
    »Irrtum!« sagte der Herzog. »Joinville hat mehr gewonnen, und der Erzbischof ebenso. Joinville langweilte sich zu Tode in
     der Verbannung, zu der Henri ihn verdammt hatte, weil er in seinem Revier wilderte und sich zu nah an den Busen der Comtesse
     de Moret heranwagte. Und jetzt ist er unter uns, frei wie der Wind. Und der Erzbischof …«
    »Der Erzbischof kennt seinen Gewinn«, sagte Louis errötend.
    »Wir kennen ihn alle«, versetzte der Herzog in jenem nörgelnden Ton, der seinen wahren Charakter enthüllte, »Char lotte des Essarts. Aus Angst, Joinvilles Los zu teilen, hätte er sie bei Lebzeiten des Königs nicht angerührt. Und offen gestanden
     wette ich, daß er sie jetzt irdendwo in diesem erzbischöflichen |57| Palast versteckt hält. Vielleicht in einem Beichtstuhl …«
    »Ihr wettet, Charles?« sagte Bassompierre, der sah, in welche Verlegenheit der Erzbischof geraten war, und die Bosheit des
     älteren Bruders von ihm ablenken wollte. »Ihr sagtet doch, Ihr wolltet nicht mehr wetten!«
    Aber wenn der Herzog einmal im Zuge war, führte er seine Brüder gern mit der Peitsche vor.
    »Wenn dieser Narr so weitermacht«, sagte er, »wird er niemals Priester. Und wenn er kein Priester wird, wie soll der Papst
     ihn dann zum Kardinal ernennen? Er wird sein Lebtag Diakon bleiben und mit seiner Charlotte die Einkünfte des Erzbistums aufzehren
     müssen.«
    »Herr Bruder«, sagte Joinville, »seid Ihr gegen Louis nicht ein wenig hart?«
    »Ihr habt recht«, sagte der kleine Herzog, »ich hätte meine Härte für Euch aufheben sollen. Denn der größere Narr von Euch
     beiden seid Ihr. Erinnert Euch gefälligst, daß ich Euch den Titel Prinz Joinville aus purer Herzensgüte überlassen habe.«
    »Und auf Bitten unserer Mutter«, sagte Joinville, der bei aller Schlichtheit nicht auf den Mund gefallen war.
    »Mit diesem Titel, Prinz von Joinville«, fuhr der Herzog fort, »könnt Ihr in der Welt Figur machen. Nur vergeßt bitte nicht,
     daß er reine Fassade ist und daß Schloß und Ländereien mir gehören.«
    »Ja, Eure Herzensgüte hat Euch nichts gekostet«, sagte Joinville.
    »Und wie«, sagte der Herzog, als hätte er nichts gehört, »habt Ihr es mir gedankt? Indem Ihr Euch der Moret an die Schleppe
     gehängt und ihr obendrein ein Eheversprechen gegeben habt.«
    »Es ging nicht anders«, sagte Joinville naiv. »Sonst hätte sie doch nicht nachgegeben.«
    »Da sieht man Eure Kurzsichtigkeit! Und was ist jetzt? Sie macht Euch den Prozeß, weil Ihr Euer Versprechen gebrochen habt.
     Das Resultat steht fest: entweder Ihr heiratet sie, oder sie ruiniert Euch. Sicher langweilt Ihr Euch heute nicht mehr in
     der Verbannung. Sicher seid Ihr heute frei, aber mit was für einer großen Schelle am Schwanz!«
    |58| Dieses ›am Schwanz‹ sprach der Herzog scherzend, doch ohne bei Bassompierre noch bei mir ein Lächeln zu erwecken, was ihn
     kindisch zu verdrießen schien. Sein Gesicht lief rot an, und ich fürchtete schon, als Halbbruder nun meinerseits seine Zielscheibe
     zu werden. Zum Glück rettete Bassompierre alles.
    »Ihr habt tausendmal recht, Charles!« sagte er munter. »Joinville ist ein Narr, und ich ebenso. Auch ich hatte ja ein Eheversprechen
     ausgestellt, und ausgerechnet der Schwester der Marquise de Verneuil! Auch mir

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