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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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fragend an. Und ich
     sagte ihm nun, was ich mir von ihm erhoffte.
    »Nichts einfacher als das«, sagte er sofort, ohne sich im mindesten mit seinem Einfluß zu brüsten. »Ich erwirke Euch in den
     nächsten acht Tagen eine Audienz, und wenn Ihr erlaubt, Herr Chevalier, Euch dafür einen Rat zu geben, gebraucht bei diesem
     Besuch einige Vorsicht. Sprecht zu der Marquise beispielsweise nur sanft und leise.«
    »Warum?«
    »Weil der Marquis so heftig und roh zu ihr ist, daß sie sich bei jedem lauten Ton verschließt. Auch wäre es ratsam, sie nur
     verstohlen anzusehen und ihr nie direkt in die Augen zu blicken.«
    »Und warum das, verflixt?« fragte ich.
    »Die Marquise«, sagte Montalto, »ist wie viele Italienerinnen ebensogut katholisch wie abergläubisch. Sie hat sich in den
     Kopf gesetzt, daß jeder, der sie fest anblickt, sie verhexen will, denn sie hält eine dämonische Besessenheit für die Ursache
     ihrer Leiden … Deshalb lebt sie zurückgezogen, verläßt nie ihren Ort und sieht keine lebende Seele.«
    »Außer denen«, sagte ich, »die ihr Nadelgelder bringen …«
    »Dann siegt eben«, sagte Montalto mit gewundenem Lächeln, »die Habsucht über die Angst. Und wundert Euch nicht, wenn sie Euch
     mit einem schwarzen Schleier vor dem Gesicht empfängt. Er schützt sie vor dem bösen Blick. Das hat aber auch einen Vorteil.
     Wenn sie im Verlauf Eures Gesprächs den Schleier lüftet, wißt Ihr, daß sie einverstanden ist. Nur müßt Ihr Eure Augen dann
     um so mehr zügeln.«
    |105| »Monsieur«, sagte ich, »für diese kostbaren Hinweise schulde ich Euch tausend Dank.«
    »Laßt mich noch diesen hinzufügen: Da es sich für Euch ja nur darum handelt, die Rückkehr einer Freundin nach Frankreich zu
     erwirken, kann ich nicht sagen, ein wie hohes Nadelgeld die Marquise dafür fordern wird. Aber Ihr würdet sie von vornherein
     günstig stimmen, wenn Ihr ihr ein hübsches kleines Geschenk mitbringt, auch wenn es keinen großen Wert hat, und ihr deutlich
     macht, daß es ihr auch bleiben wird, falls Euer Handel scheitert.«
    »Daran soll es nicht fehlen«, sagte ich und stand auf. »Großen Dank noch einmal für Eure Vermittlung und für die guten Ratschläge,
     die ihr mir gegeben habt. Erlaubt bitte, ehrwürdiger Doktor«, fügte ich hinzu, die Hand an meiner Börse, »Euch meine Dankbarkeit
     zu bezeugen …«
    »Oh, nein, nein, Chevalier!« sagte Montalto rasch. »Ich bin bereits belohnt.«
    »Wie das?« fragte ich, »von wem?«
    »Von Euch, Herr Chevalier. Mich haben schon viele Edelleute und darunter einige, die sehr hochgestellt sind an diesem Hof,
     um meine Fürsprache bei der Marquise gebeten, aber Ihr als einziger habt mich bei Euch empfangen. Dafür weiß ich Euch großen
     Dank.«
    Hierauf verabschiedete er sich mit einer tiefen Verneigung und ging. Und ich sann noch eine Weile über seine freundliche Bereitschaft
     nach und über die Eleganz, mit der er mein Geld ausgeschlagen hatte.
    * * *
    Nie hat ein Untertan die Audienz einer großen Königin mit solcher Ungeduld und Bangnis erwartet wie ich die Audienz dieser
     ›Hergelaufenen‹, wie unser Henri sie zu nennen pflegte, der sich niemals hätte einfallen lassen, sie vom Stand einer Zofe
     in die Würde eines Marquisats zu erheben, noch sich hätte träumen lassen, daß die Regentin, deren Macht er im voraus so stark
     eingeschränkt hatte, kaum daß er tot war, das Reich als absolute Herrscherin regieren und dabei selbst regiert werden würde
     von ihrer Friseuse und einem ehrlosen Abenteurer.
    Meine Wohnung im Louvre und der für mich so neue Luxus meines
piccolo salone
stiegen mir durchaus nicht zu Kopfe, im |106| Gegenteil, ich fühlte mich ziemlich unwohl in meinem Warten, meinen Ungewißheiten und sogar bei meinen Vergnügungen. Zuerst
     hatte ich Louison nicht zu mir nehmen wollen, was die Ärmste allerdings tief enttäuscht hätte, die sich so aus Herzensgrund
     wünschte, unter demselben Dach wie die Königin und ihr Sohn zu leben und Kammerfrau eines Ersten Kammerherrn zu sein, daß
     die Aureole davon sie bis in ihr hohes Alter umstrahlen würde. Trotzdem entschied ich mich schließlich doch dafür, weil mein
     Vater mir vorgestellt hatte, daß ich schließlich nicht ewig ›meinen Braten aus dem Rauch essen‹ könne in Erwartung einer Zukunft,
     die sich womöglich nicht einstellen würde. Aber ich war noch so jung, so unverdorben, und nach jeder Siesta fühlte ich mich
     treulos gegen Frau von Lichtenberg, obwohl ich von ihr

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