Königsklingen (First Law - Band 3)
Näher an den Fragen und an den Antworten. Näher an der Wahrheit. Und dann natürlich noch der größte Trumpf: keine Treppen.
Vor den großen Fenstern erstreckte sich ein gepflegter Garten. Hinter dem Glas plätscherte gedämpft ein Springbrunnen. Aber der Raum an sich zeigte keine der üblichen hässlichen Ausschmückungen der Macht. Die Wände waren verputzt und schlicht weiß gestrichen. Die Möbel waren hart und funktional.
Der Wetzstein der Unbequemlichkeit hat mich so lange scharf gehalten. Es gibt keinen Grund, die Klinge stumpf werden zu lassen, nur weil mir gerade die Feinde ausgegangen sind. Neue Feinde werden sich schon über kurz oder lang aufdrängen.
An den Wänden standen schwere Bücherschränke aus dunklem Holz und mehrere mit Leder bezogene Schreibtische, auf denen sich bereits die Dokumente stapelten, die seiner Aufmerksamkeit bedurften. Abgesehen von dem großen runden Tisch mit der Landkarte der Union und den blutigen Nagelspuren gab es nur noch ein weiteres Stück aus Sults Dienstzimmer, das Glokta sich hatte nach unten bringen lassen. Das dunkle Gemälde des alten kahlen Zoller starrte düster von seinem Platz über dem schlichten Kamin herab.
Und erinnert doch frappierend an einen gewissen Magus, den ich einmal kannte. Es wäre gut, darauf zu achten, dass wir nicht den richtigen Blickwinkel verlieren. Jeder Mann muss sich vor jemand anderem verantworten.
Ein Klopfen kam von der Tür, und Gloktas Sekretär steckte den Kopf durch den Spalt. »Die Lord Marschälle sind hier, Herr Erzlektor.«
»Bitten Sie sie herein.«
Wenn alte Freunde einander treffen, dann sind die Dinge manchmal sofort wieder so, wie sie es vor all den Jahren waren. Die Freundschaft wird fortgeführt, unberührt, als habe es keine Unterbrechung gegeben.
Manchmal wohl, hier aber nicht.
Collem West war kaum noch wiederzuerkennen. Sein Haar war ihm büschelweise ausgefallen und hatte hässliche kahle Stellen hinterlassen. Sein Gesicht wirkte eingesunken und hatte eine gelbliche Färbung angenommen. Die Uniform hing ihm schlaff von den knochigen Schultern und war am Kragen fleckig. Er schlurfte ins Zimmer, vornübergebeugt wie ein alter Mann, und stützte sich schwer auf einen Stock. Tatsächlich sah er aus wie ein wandelnder Leichnam.
Glokta hatte nach dem, was Ardee ihm erzählt hatte, natürlich etwas Ähnliches erwartet. Doch der heftige Schock aus Enttäuschung und Entsetzen, den er bei seinem Anblick empfand, traf ihn dennoch überraschend hart.
Als kehrte man an den Ort zurück, an dem man seine glückliche Jugend verbracht hat, und fände alles zerstört vor. Tode ... Sie ereignen sich jeden Tag. Wie viele Leben habe ich mit meinen eigenen Händen zerstört? Wieso ist dieser eine so schwer hinzunehmen?
Doch so war es. Er merkte, dass er vom Stuhl aufsprang und West unter Schmerzen entgegenhumpelte, als wolle er ihn stützen.
»Euer Eminenz.« Wests Stimme war so dünn und kantig wie zerbrochenes Glas. Er unternahm einen schwachen Versuch zu lächeln. »Oder wahrscheinlich ... sollte ich Sie jetzt Bruder nennen.«
»West ... Collem ... Schön, Sie zu sehen.«
Schön und gleichzeitig auch schrecklich.
Eine Gruppe von Offizieren folgte West.
An den wunderbar tüchtigen Leutnant Jalenhorm – allerdings ist er heute natürlich Major – erinnere ich mich noch. Ebenso wie an Brint, der aufgrund der schnellen Beförderung seines Freundes zum Hauptmann aufgestiegen ist. Marschall Kroy haben wir im Geschlossenen Rat bereits kennen und lieben gelernt. Herzlichen Glückwunsch Ihnen allen zu Ihrem beruflichen Fortkommen.
Ein weiterer Mann war mit ihnen gekommen und hielt sich im Hintergrund. Ein hagerer Mann mit schrecklich verbranntem Gesicht.
Aber gerade wir sollten niemanden einer entstellenden Verletzung wegen ablehnen.
Jeder der Anwesenden sah mit nervöser Besorgnis zu West, wie um rechtzeitig vorspringen zu können, sollte er zu Boden sinken. Stattdessen schlurfte er jedoch zum runden Tisch und ließ sich zitternd auf den nächstbesten Stuhl sinken.
»Ich hätte zu Ihnen kommen sollen«, sagte Glokta.
Ich hätte schon viel früher zu Ihnen kommen sollen.
West bemühte sich erneut zu lächeln, und dieser Versuch wirkte noch abstoßender als der letzte. Ihm fehlten mehrere Zähne. »Unsinn. Ich weiß, wie viel Sie gerade jetzt zu tun haben. Und ich fühle mich heute schon viel besser.«
»Gut, gut. Das ist ... gut. Kann ich Ihnen irgendetwas bringen lassen?«
Was würde denn überhaupt
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