Königsklingen (First Law - Band 3)
wäre. Hat im Zorn einen Dienstboten erschlagen. Hat Spielschulden, die er nicht bezahlen kann. Geheimnisse. Gerüchte. Lügen. Die Waffen eines ehrbaren Handwerks. Dreihundertzwanzig Namen und beinahe genauso viele schmutzige kleine Geschichten, die man ausgraben, nutzen und in unserem Sinne ins Feld führen kann. Politik. Wahrhaftig die Bühne der Rechtschaffenen.
Wieso also tue ich das? Wieso?
Der Erzlektor hatte jedoch andere, drängendere Sorgen. »Brock liegt immer noch in Führung«, brummte er mürrisch und starrte, die Hände in den weißen Handschuhen auf dem Rücken ineinander verschränkt, die sich bewegenden Papiere an. »Um die fünfzig Stimmen hat er mehr oder weniger sicher.«
So sicher, wie man in diesen unsicheren Zeiten sein kann.
»Ischer liegt nicht weit dahinter, er kann vierzig oder mehr Stimmen auf sich vereinen. Skald hat kürzlich einige dazugewonnen, soweit wir wissen. Ein unerwartet gewissenloser Mann. Die Abordnung aus Starikland hat er mehr oder weniger in der Hand, und das allein verschafft ihm vielleicht dreißig Stimmen. Barezin kommt ungefähr auf die gleiche Zahl. Sie sind die vier Hauptkandidaten, so wie die Dinge liegen.«
Aber wer weiß? Vielleicht lebt der König noch ein Jahr, und wenn es zur Wahl geht, haben wir uns schon alle umgebracht.
Glokta musste angesichts dieses Gedankens ein Grinsen unterdrücken. Das Fürstenrund läge voller prunkvoll gekleideter Leichname, unter denen sich alle großen Edelleute und die zwölf Mitglieder des Geschlossenen Rates befänden.
Ein jeder von seinem Nebenmann in den Rücken gestochen. Die hässliche Wahrheit hinter der Kunst des Regierens ...
»Haben Sie mit Heugen gesprochen?«, blaffte Sult.
Goyle warf den Kopf mit dem schütteren Haar herum und schickte einen brennenden Blick voller Zorn und Ärger zu Glokta hinüber. »Lord Heugen ist noch immer der verblendeten Annahme, er selbst könne unser nächster König werden, obwohl er kaum mehr als zwölf Sitze auf sich vereint. Er hatte keine Zeit für unser Angebot, da er so sehr damit beschäftigt war, ein paar mehr Stimmen an sich zu binden. Vielleicht wird er in einer oder zwei Wochen vernünftiger geworden sein. Dann könnte man ihn vielleicht dazu bewegen, sich unserer Sache anzuschließen, aber ich würde nicht darauf wetten. Es ist wahrscheinlicher, dass er zu Ischer überläuft. Die zwei standen sich immer schon sehr nahe, soweit ich weiß.«
»Wie schön für sie«, zischte Sult. »Was ist mit Ingelstad?«
Glokta rührte sich auf seinem Platz. »Ich habe ihm unser Ultimatum auf sehr drastische Weise unterbreitet, Euer Eminenz.«
»Dann können wir also auf seine Stimme zählen?«
Wie drückt man das nun am besten aus?
»Das kann ich nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Kronrichter Marovia konnte durch seinen Mann, Harlen Morrow, leider mit Drohungen aufwarten, die den unseren gleichkommen.«
»Morrow? Ist das nicht einer von Hoffs kleinen Speichelleckern?«
»Offenbar ist er inzwischen aufgestiegen.«
Oder ab, je nach Blickwinkel.
»Um den könnte man sich kümmern.« Goyles Gesicht hatte einen höchst abstoßenden Ausdruck angenommen. »Man könnte leicht ...«
»Nein!«, schnauzte Sult. »Wie kommt es nur, Goyle, dass Sie jedes Problem, das auftritt, sofort um die Ecke bringen wollen? Wir müssen im Augenblick ganz vorsichtig vorgehen und uns als vernünftige Menschen zeigen, die für Verhandlungen offen sind.« Er trat zum Fenster; das helle Sonnenlicht ließ den großen Edelstein an dem Ring, den er kraft seines Amtes am Finger trug, aufblitzen. »Und in der Zwischenzeit kümmert sich niemand darum, dieses Land zu regieren. Steuern werden nicht mehr eingezogen, Verbrechen nicht mehr bestraft. Dieser Drecksack, den man den Gerber nennt, dieser Volksverhetzer, dieser Verräter, spricht öffentlich auf den Dorfmärkten und ruft zum Aufstand auf! Jeden Tag verlassen mehr Bauern ihre Höfe und werden zu Banditen, die stehlen und andere Schäden anrichten. Überall breitet sich Chaos aus, und wir haben nicht die Mittel, es einzudämmen. In Adua stehen nur noch zwei Regimenter der Königstreuen, und die genügen kaum, um Recht und Ordnung in der Stadt aufrechtzuerhalten. Wer weiß, ob nicht einer unserer edlen Lords des Wartens müde wird und beschließt, sich die Krone vorzeitig selbst aufzusetzen? Das würde ich durchaus für möglich halten!«
»Wird das Heer bald aus dem Norden zurückkehren?«, fragte Goyle.
»Wohl kaum. Dieser Idiot, Marschall Burr, hat drei
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