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Koenigsmoerder

Koenigsmoerder

Titel: Koenigsmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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beschloss, ein Risiko einzugehen. »Du weißt, dass er noch immer in dich verliebt ist.«
    Sie war keine dumme Frau. Sie hörte die stumme Kritik. Die unausgesprochene Anschuldigung. Ihre Kiefermuskeln spannten sich an, und sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Natürlich. Warum, glaubst du, würde er mir sonst erzählen, was ich wissen muss?«
    Hundert Worte, tausend Proteste lagen ihm auf den Lippen. Er unterdrückte sie.
    Ging ein weiteres Risiko ein und legte die Hand abermals sanft auf ihre Schulter.
    »Sei vorsichtig, Dathne. Du hältst dich für ach so klug ‐ und in gewisser Weise bist du es auch ‐, aber er ist nicht der Einzige, der verliebt ist.«
    Damit hatte er sie erschreckt. Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder, öffnete ihn abermals. Ihre klugen Augen trübten sich vor Überraschung, und all die leidenschaftliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. »Meine Gefühle gehen dich nichts an, Matt. Ich bin Jervales Erbin. Ich weiß, was ich tue. Und außerdem habe ich keine Gefühle.«
    Geschlagen wie immer, schob er die Hände in seine Taschen. »Wenn du es sagst.«
    »Ich sage es. Und ich sage noch etwas: Stell nie wieder mein Urteil infrage.«
    »In Ordnung. Wenn es das ist, was du willst.«
    Ihre Augen waren kalt. »Ja. Das ist es.«
    Er dachte, dass sie sich selbst gut genug kannte, um diese Worte als Lüge zu durchschauen. Und dass sie ihn ebenfalls gut genug kannte, um zu wissen, dass er diese Worte ebenfalls als Lüge durchschaute. Und dass sie ihn ebenfalls gut genug kannte, um zu wissen, dass er nicht die Absicht hatte, den Mund zu halten, wenn er glaubte, sprechen zu müssen. Hier ging es darum, das Gesicht zu 153
    wahren, Schmerz zu lindern. Sie hatte gedacht, dass sie ihre Liebe verborgen hatte, und war wütend zu entdecken, dass sie sich geirrt hatte.
    »Schön. Dann gehe ich wieder ins Bett«, erwiderte er. »Wenn du damit einverstanden bist.«
    »Mehr als einverstanden«, fuhr sie auf. »Wenn etwas geschieht, werde ich es dich wissen lassen. Wahrscheinlich.«
    »Ja, Dathne«, sagte er und wandte sich zum Gehen. »Mach das.«
    Die Erinnerung an ihr bleiches, zorniges Gesicht jagte ihn in den Schlaf. Unruhe und Angst sorgten dafür, dass es kein friedlicher Schlaf wurde.
    Gar ging in der Dunkelheit und ohne die Hilfe von Glimmfeuer zurück zum Turm. Er fürchtete sich zu sehr vor dem, was geschehen könnte, sollte er eine Beschwörung versuchen. Seine Brust fühlte sich so an, als würde sie von eisernen Bändern zusammengedrückt. Seine Handflächen waren verschwitzt, seine Augen heiß und trocken.
    Asher hat es regnen lassen. Asher hat es schneien lassen. Asher hat einen Fluss zufrieren lassen. Und ich konnte es nicht.
    Ein ersticktes Geräusch stieg in seiner Kehle auf. Ein Schluchzen oder ein ähnlicher Ausdruck von Kummer. Das Atmen bereitete ihm plötzlich Schmerzen, als hätte die Luft sich in Messer verwandelt.
    Er hatte es sich angewöhnt, seine noch unbestattete Familie des Nachts zu besuchen, sobald die Öffentlichkeit weit fort von der Gruft war. Doch heute Nacht konnte er ihnen nicht gegenübertreten. Nicht nach einem so katastrophalen Scheitern. Fane würde ihn verhöhnen und ihm Schimpfnamen an den Kopf werfen, und sein Vater... sein Vater...
    Er blickte zu Barls ehrfurchtgebietender Mauer hinüber, die in der Ferne heiter und friedlich schimmerte. Das Emblem seines heiligen Eids. Das Opfer seiner Unzulänglichkeit.
    »Holde Dame, gesegnete Barl«, flüsterte er, während er sich un 153
    ter dem gleichgültigen Himmel auf die Knie sinken ließ. »Sag mir, inwiefern ich dich im Stich gelassen habe. Zeig mir, wie ich mein Verhalten wiedergutmachen kann. Von frühester Kindheit an war es mein einziges Begehren, dir zu dienen.
    Warum hast du mir Magie geschenkt, wenn nicht deshalb, weil du mich zu deiner Stimme in Lur machen wolltest? Warum nimmst du mir das Geschenk jetzt wieder? Ist mein Dienst dir jetzt zuwider? Bin ich gestrauchelt, oder hast du es getan?«
    Holze würde sagen, dass er mit dieser Frage Ketzerei beging, und vielleicht war es so. Dann sollte es so sein. Er wollte ‐ brauchte ‐ trotzdem eine Antwort.
    Es kam jedoch keine.
    Dann also eine andere Frage. »Woher kommt Ashers Magie? Von dir? Oder war sie immer in ihm? Ist sie in allen Olken? Wenn ja, was bedeutet das? Und was soll ich deswegen unternehmen? Wenn Conroyd Jarralt es jemals erfährt, ist Asher ein toter Mann, und vielleicht wird sein ganzes Volk mit ihm in den Untergang getrieben. Ist es das, was

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