Koenigsmoerder
dann lief er steifbeinig über den Stallhof. Während Gar keuchend versuchte, ihn unter Kontrolle zu bringen, drehte Matt sich zu Asher um.
»Du siehst wirklich furchtbar aus«, sagte er und griff nach dem freien Steigbügel, damit Asher leichter aufsitzen konnte.
Der zog sich auf seinen geduldigen Cygnet und nickte Matt dankend zu, während dieser seinen Stiefel in den Steigbügel schob. »Zu viele Termine, zu wenig frische Luft.«
»Bist du so weit?«, rief Gar, der Ballodair für einen Moment in seine Schranken gewiesen hatte.
Matt trat stirnrunzelnd zurück. »Komm zu mir, wenn du mit dem Ausritt fertig bist. Wir müssen reden.«
»Ich hab heutzutage keine Zeit zum Reden, es sei denn, mit verflixten Gildemeistern und dergleichen«, erwiderte Asher und stieß Cygnet mit den Fersen sanft an. Dann zwang er sich zu einem Lächeln, weil Matt ziemlich niedergeschlagen aussah. »Aber trotzdem danke.«
Und mit diesen Worten folgte er Gar aus dem Hof.
Sie kanterten meilenweit Seite an Seite auf öden Straßen durch schwarze Wälder und sprachen kein Wort, bis sie die Abzweigung nach Raukopfmoor erreichten.
Gar gab Ballodair die Sporen und drängte den Hengst, immer schneller und schneller zu laufen. Unter klarem, blauem Himmel ritten sie durch den kalten Wind, der ihnen die Röte in die Wangen trieb, mitten hinein in das Herz der Einsamkeit. Als sich die von Felsen übersäten und von Moor bedeckten Kuppen endlich trostlos in alle Richtungen dehnten, hob Gar die Hände und ließ Ballodair langsamer laufen, bis er zuerst trabte, dann ging und schließlich dampfend zum Stehen kam. Keuchend und schwitzend gab Asher Cygnet das Zeichen, ihm gegenüber stehen zu bleiben, in einigem Abstand zu dem anderen Pferd.
Ein wachsames Schweigen stand zwischen ihnen.
Kurz bevor es unerträglich wurde, begann Gar zu sprechen. »Wir können nicht so tun, als sei es nicht geschehen.«
Asher blinzelte die Tränen, die der scharfe Wind ihm in die Augen getrieben hatte, beiseite. »Ich kann.«
158
»Nein«, widersprach Gar, dessen Miene ebenso kalt und unnahbar war wie das Moor. »Das kannst du nicht. Es ist nämlich so, wir haben ein Problem.«
»Vermutet Ihr?«, sagte Asher und lachte.
Gars behandschuhte Finger krampften sich fester um den Zügel. »Wenn du noch einmal lachst, werde ich dich von deinem Pferd ziehen und deinen Kopf so lange mit einem Steinbrocken bearbeiten, bis nur noch blutiger Brei davon übrig ist.«
Er musterte Gar von Kopf bis Fuß. »Ihr könntet es versuchen.«
Mit einem Aufschrei ärgerlicher Ohnmacht ließ Gar sein Pferd auf der Stelle drehen. Das Pferd schnaubte, grollend wegen der groben Behandlung. »Asher.
Nicht. Es hilft uns nicht.«
Der Olke blickte zum fernen Horizont hinüber. »Das ist wahr. Es gibt nur eins, was uns helfen kann. Ich muss fortgehen.«
Ballodair stampfte in dem feuchten Boden und verkündete grunzend seine Ungeduld. Gar riss heftig an den Zügeln. »Du kannst nicht gehen.«
»Und ob«, sagte er, während Furcht in ihm aufstieg. »Ich werde es tun. Ich...«
»Asher, ich habe meine Magie verloren.«
Irgendwo in der Ferne hörte man das schwache Rufen eines Brachvogels. Cygnet schnaubte und schlug mit dem Schwanz. Asher räusperte sich. »Ich weiß nicht, was das bedeutet.«
Gars Augen waren schrecklich. »O doch, du weißt es. Wir wissen es beide. Gar, der ohne Magie Geborene ist wieder da.«
»Das ist nicht möglich.« Eine schreckliche Vorahnung flatterte wie mit schwarzen Flügeln um seinen Kopf. Er versuchte, mit Worten dagegen anzukämpfen. »Ihr seid einfach erschöpft. Ihr bildet Euch Dinge ein.«
»Ich bilde mir Dinge ein?«, schrie Gar. »Wie kannst du es wagen, das zu sagen.
Wie kannst du es wagen, nach allem, was ich durchlebt habe? Denkst du, ich könnte nach nur einigen wenigen Wochen mit Magie vergessen, wie sich vierundzwanzig Jahre Leere angefühlt haben? Ich bin leer, Asher. Bei aller Macht und sogar der Erinnerung daran. Während du... du...«
Unter Gars wütendem Funkeln zuckte Asher zusammen, als 159
hätte er sich verbrannt. Er riss die Hände hoch, drückte die Waden in Cygnets Flanken und ließ das Pferd zwei Schritte zurückgehen. »Sagt es nicht.«
Gar war unerbittlich. »Ich muss. Und du musst es hören.«
»Nein. Ich kann nicht. Ihr könnt das nicht von mir verlangen... nicht von mir erwarten...«
»Aber ich kann es sehr wohl, Asher. Und ich tue es. Ich bin immer noch meines Vaters Sohn. Hüter seines Vermächtnisses. Die letzte lebende
Weitere Kostenlose Bücher