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Köpfe

Köpfe

Titel: Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Mediums, das er jetzt ist.«
    »Aber ist das wahrscheinlich?«
    »Nein«, sagte William. »Soweit ich es verstehe, ist keine QL-Voraussage zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich oder unwahrscheinlich.«

DIE FARMEN UND VERSORGUNGSANLAGEN der Eisgrube bedeckten ungefähr fünfunddreißig Hektar und beschäftigten neunzig Familienmitglieder. Das war eine mäßige Größe für eine abgelegene Forschungseinrichtung, aber alte Gewohnheiten sind hartnäckig – auf dem Mond ist jede Station, ob groß oder klein, für eine autonome Existenz konzipiert, für den Fall einer Notsituation, natürlicher oder politischer Art. Die Stationen liegen in den meisten Fällen so weit verstreut, daß dieser Brauch durchaus seine Berechtigung hat. Im übrigen muß jede Station als unabhängige gesellschaftliche Einheit bestehen, wie ein Dorf auf der Erde. Die uns am nächsten gelegene größere Station, Port Yin, war sechs Stunden Shuttleflug entfernt.
    Mit dreizehn Jahren hatte ich die Auswahl zwischen zwölf möglichen Freundinnen aus dem Familienkreis. Zwei davon wohnten in der Eisgrube. Mit einer davon hatte ich mich ein paarmal getroffen, aber eine andere, Lucinda Bergman-Sandoval, war meine Geliebte, seit wir beide sechzehn waren. Lucinda arbeitete auf der Farm, wo die. Nahrung für die Station angebaut wurde. Wir sahen uns jetzt so etwa einmal im Monat, da sich mein Interesse inzwischen auf Frauen außerhalb der Familie verlagert hatte, wie es von einem erwartet wurde, wenn man ins heiratsfähige Alter kam. Trotzdem hatten wir bei solchen Besuchen immer viel Spaß, und für diesen Abend hatten wir uns für eine Plauderei beim Essen im Farm-Café verabredet.
    Ich habe bei Frauen noch nie großen Wert aufs Aussehen gelegt. Ich meine, außerordentliche Schönheit hat mich noch nie beeindruckt, vielleicht weil ich selbst nicht gerade ein strahlender Jüngling bin. Die Familie Sandoval hatte schon seit langem prä- und postnatale Umwandlungen als Norm akzeptiert, wie die meisten Mondfamilien, und deshalb war kein Sohn und keine Tochter des MB Sandoval ein ausgesprochen unangenehmer Anblick. Lucindas Familia hatte sie normal auf die Welt kommen lassen, und sie hatte sich im Alter von siebzehn Jahren zu einer geringfügigen Umwandlung entschlossen: sie hatte schwarze Haare, kaffeebraune Haut, purpurne Augen, einen schlanken, hohen Wuchs, einen langen Hals und ein angenehmes breites Gesicht. Wie die meisten Mondkinder war sie bichemikalisch – sie konnte sich auf der Erde oder in irgendeiner anderen Umgebung mit höherer Gravitation schnell anpassen.
    Wir trafen uns in dem Cafe, von dem aus man die sechs Hektar, über die sich die Farm auf der Oberfläche erstreckte, überblicken konnte. Dicke feldverstärkte Fenster trennten unseren Tisch vom Hochvakuum; ein Messinggeländer lief rings um die Umfassung, um uns das beruhigende Gefühl zu geben, daß wir nicht abstürzen und auf das Regolith oder die durchsichtige Polystein-Kuppel unter uns fallen würden.
    Lucinda war ein stilles Mädchen, schnell von Begriff und einfühlsam. Wir sprachen eine Zeitlang über das Thema Beziehungen – sie trug sich mit dem Gedanken, einen exfamiliären Heiratsantrag eines Nernst-Ingenieurs namens Hakim anzunehmen. Ich hatte einige Eisen im Feuer, naschte aber immer noch mal hier, mal da.
    »Hakim ist bereit, seinen Namen an die zweite Stelle zu setzen«, sagte sie. »Er ist sehr großzügig.«
    »Will er Kinder?«
    »Natürlich. Er hat mir gesagt, seinetwegen könnten wir es auch ex utero machen, wenn ich zu empfindlich bin.« Lucinda lächelte.
    »Hört sich ziemlich abgebrüht an«, sagte ich.
    »Oh, das ist er ganz und gar nicht. Einfach nur… großzügig. Ich glaube, er meint es richtig gut mit mir.«
    »Springt was dabei heraus?«
    Sie schmunzelte. »Und ob. Sein Familienzweig hat das Sagen über die Tripel-Verträge von Nernst.«
    »Nernst hat gerade einen Auftrag von uns ausgeführt«, sagte ich.
    »Erzähl!« befahl sie mir freundlich.
    »Das darf ich vermutlich nicht. Ich habe selbst noch gar nicht richtig darüber nachgedacht…«
    »Hört sich nach etwas Ernstem an.«
    »Könnte sein. Die Ratspräsidentin versucht vielleicht, etwas zu unterbinden, was meine Blutsschwester vorhat.«
    Lucinda zog die langgestreckten, schmalen Augenbrauen hoch. »Wirklich? Aus welchem Grund?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Die Präsidentin ist eine Task-Felder…«
    »Ach ja?«
    »Sie ist Logologistin.«
    »Mm – hmm. Na und? Die müssen sich auch an die Regeln

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