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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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Sie mussten wegen ihren langwierigen Ermittlungen schon lange genug ohne Versorgung auskommen! Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!«
    Der Kommissar wollte gerade noch einmal nachsetzen, als Brötchen die Tür von innen zudrückte und den protestierenden Kommissar einfach mit hinausschob. Er steckte den Schlüssel ins Schloss und sperrte zu. »So ein Idiot«, brummte er.
    »Da haben sie Recht, und Danke fürs Zusperren«, sagte Doktor Gregor zu ihm. Die beiden versorgten unsere Mosquitostiche so gut es ging und prüften unsere Vitalfunktionen. So wie es aussah, waren wir alle ohne größere Blessuren davon gekommen.

Gralstor
    Danach wurde alles anders … Nun, vielleicht nicht alles, aber immerhin vieles. Seit dem Tod von Mosquito sah ich mir wieder regelmäßig die Nachrichten an. Und schon einen Tag darauf sah ich einen Bericht, der mit dem Titelbild einer Boulevardzeitung startete. Die Schlagzeile lautete:

    Der Regenschirmmörder hat wieder zugeschlagen.

    Darunter stand:

    Mysteriöser Mord an einem Pfleger des BSS-Programmes. Geistert sein Mörder durch die Gänge des Gefängnisses?

    Wenn die wüssten! Der Bericht war purer Schwachsinn und entbehrte jeglicher Grundlage. Dennoch löste diese neue Berichterstattung etwas aus: Das BSS-Programm war plötzlich wieder im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Schlagartig fingen Reporter an zu recherchieren und brachten zutage, dass schon zwei Teilnehmer des Programms gestorben waren und es zu verschiedenen Misshandlungen gekommen war.
    Das Interesse flammte erneut auf, als zwei Wochen nach dem Tod von Mosquito auch Herr Neuner verstarb und ihm keine zwei Tage später Herr Öger folgte.
    Das war ein Schock, der mir tief in die Knochen fuhr. Jetzt waren wir nur noch zu dritt. Wahrscheinlich hatte die Mosquito-Geschichte alte Traumata aktiviert, die ursprünglich von den Fliegen- beziehungsweise Krähenattacken initiiert worden waren.
    So dachte ich jedenfalls. Später sollte sich jedoch herausstellen, dass das Serum der BSS-Spritze nicht nur einen Teil der motorischen Nervenverbindungen getrennt hatte. Es hatte auch im vegetativen Nervenssystem kleine aber unauffällige Spuren hinterlassen. Irgendwelche Neurotransmitter wurden an den Synapsen blockiert und andere unzulässigerweise durchgelassen. Dies hatte zur Folge, dass ein normalerweise gut verträgliches Erkältungsmedikament vom Körper falsch dosiert weitergeleitet wurde. Genau genommen kam der Effekt einer Vergiftung gleich. Brötchen hatte mir das erzählt, nach dem er mal wieder von seinen persönlichen Fortschritten berichtet hatte. Dann setzte er noch nach: »Sie hatten wirklich Glück, dass sie zu dieser Zeit keine Erkältung hatten!« Das versetzte mir einen Stich. Was würde im Zusammenhang mit dem Serum noch alles ans Tageslicht gelangen …
    Das Paradoxe an der ganzen Sache war: Durch den Tod kam wieder Leben in Bude! Plötzlich gab es wieder Besuche für die restlichen Gefangenen. Ein Zustand, der im Laufe der Jahre praktisch zum Erliegen gekommen war. Sogar Bruder Martin ließ sich wieder regelmäßig blicken und füllte, ob wir wollten oder nicht, unsere Ohren mit salbungsvollen Worten. Vermutlich aber nur, um sich kurz danach zu einem TV-Interview hinreißen zu lassen, in dem er seine aufopferungsvolle Arbeit für die BSS-Patienten herzzerreißend beschrieb. »Ich war bei Ihnen, so oft ich konnte …«
    Na ja, so oft schien er nicht zu können. Aber das holte er jetzt ausgiebig und penetrant nach, solange der Presserummel anhielt. Auch ein Priester schien das Licht der Öffentlichkeit zu genießen, solange es golden auf ihn herabstrahlte.
    Ich fragte mich nur, ob er einen Gedanken daran verschwendet hatte, was passieren würde, wenn man einen Weg gefunden hätte, mit den überlebenden BSS-Gefangenen zu kommunizieren. Hatte er keine Angst, dass all die Bigotterie plötzlich ans Tageslicht käme? Aber dann würde er sicherlich nur von armen verwirrten Seelen und frustrierten, undankbaren Strafgefangenen sprechen …
    Selbst ich bekam das erste Mal in der ganzen Zeit meines Gefangenendaseins Besuch. Denn sogar mein Anwalt, Thomas Heide, schien so etwas wie Frühlingsluft zu wittern. Oder sagen wir lieber, er erkannte die Chance, sich selbst publicityträchtig zu inszenieren. Denn außer, dass er einmal an meinem Bett saß und meinte: »Mensch Frank, Du hast abgenommen, äh, steht Dir aber wirklich gut!«, wusste er nicht viel zu sagen und ich konnte ihm nichts sagen, da man scheinbar immer noch keine

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