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Körper-Haft (German Edition)

Körper-Haft (German Edition)

Titel: Körper-Haft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Romey
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hier von Kirchen, Klöstern, Tempeln und so weiter, nicht von den Religionen an sich. Die Religionen beherbergen den Glauben und das ethisch-kulturelle Gut der Menschheit. Die institutionalisierten Glaubensgemeinschaften hingegen verkaufen dieses Gut ohne Skrupel und streichen eine ordentliche Provision ein. Sie sind die schmierigen Immobilienmakler des Glaubens!
    Ich versuchte das Erziehungsprogramm meines Holo-Flat-Pad auf den Buddhismus einzustellen, scheiterte jedoch kläglich an einer Eingabesperre: »Das Christentum ist von jetzt an ihr Standardprogramm, da sie innerhalb von 24 Stunden keine Änderung vorgenommen haben!« Ich verfluchte Bruder Martin in Gedanken, hatte jedoch eine Idee, wie ich Ihn vielleicht austricksen könnte.
    Das lange Liegen machte meinem Rücken schwer zu schaffen. Man gab uns zwar Blutverdünnungsmittel, um Thrombosen zu vermeiden, und ließ uns von unseren Betten durchwalken, aber mein Rücken nahm das gerade Liegen wohl ziemlich krumm.
    Mein Wunsch früh einzuschlafen, um am nächsten Tag wieder geistig frisch zu sein, ging in Erfüllung und mündete in einem traumlosen Schlaf.

Fluchtwagen
    Ich machte die Augen auf und sah auf meinem Holo-Flat-Pad die Zeit: 5:30 Uhr . Dass Zimmer lag noch im Dunkeln. Ich grinste innerlich. Wenigstens das funktionierte noch. Bevor ich einschlief, hatte ich mir die Uhrzeit eingeprägt, um pünktlich aufzuwachen. Und dass funktionierte wirklich fast immer, wenn ich genug Schlaf bekommen habe. Mein innerer Wecker schob mich dann aus dem Reich der Träume sanft ins echte Leben. Nur, dass das echte Leben nicht sanft zu mir war. Mein Rücken schmerzte immer noch. Ich versuchte mich vollends wach zu räkeln, doch diese Bemühungen wurden von meinem regungslosen Körper sofort im Keim erstickt. Kein Räkeln, kein Ruckeln, nicht einmal den Kopf konnte ich zur Seite bewegen. Nur das Heben und Senken meines Brustkorbes konnte ich beeinflussen. Und so lauschte ich einfach meinem eigenen Atem, starrte auf das Holo-Flat-Pad über mir und wartete darauf, dass mir das sonnengebräunte Gesicht von John Mc Lay ein kraftvolles »Gooood mooorning« entgegen schmettern würde. Vielleicht half die Bewegung und meinem Rücken ging es danach wieder besser. Um mir die Zeit zu vertreiben, wollte ich gerade einen weiteren Anlauf machen, das religiöse Erziehungsprogramm auf Buddhismus umzustellen, als ich hörte, wie leise die Tür geöffnet wurde. Ich versuchte die Augen soweit zu verdrehen, dass ich die Tür ins Blickfeld bekam. Der weiße Balken der Flurbeleuchtung wurde breiter und zwei Gestalten huschten lautlos herein.
    Was sollte das!? Kam jetzt die judäische Befreiungsfront mit dem Fluchtwagen oder das Ninja-Duo der Assassinen-Gilde?
    Dann fingen die beiden zischelnd an zu tuscheln: »Pssst! Sei leise.«
    »Bis gerade eben war alles leise«, erwiderte der andere.
    »Ok, ok«, zischelte die erste Stimme.
    »Lass uns einfach die Nr.7 schnell rausfahren, bevor er anfängt zu stinken und die anderen wach werden. Dass er so schnell hier rauskommen würde, hätte er vermutlich nicht gedacht.«
    »Vor allem nicht mit den Füßen voraus«, meinte der andere sarkastisch.
    »Wir müssen nachher unbedingt Professor Marquez anrufen und ihm sagen, dass etwas schief gelaufen ist.«
    »Jaja,,aber bis der Herr Professor aus dem Bett gekrochen ist, denke ich schon wieder ans Abendessen.«
    »Jetzt mach mal lieber die Stecker von Startnummer 7 raus und mach seinen Fluchtwagen klar.«
    »Bin ja schon dabei«, hörte ich wieder die erste Stimme.
    Dann vernahm ich das leise Klicken von Steckern, die aus der Wand gezogen und ein Klacken als die Bremse des Bettes gelöst wurden. Die Rollen des Bettes gaben ein leicht schmatzendes Geräusch von sich und ich sah, wie die beiden das Bett auf den hell erleuchteten Türspalt zuschoben.
    »Jetzt kann er vermutlich das Licht am Ende des Tunnels sehen«, kicherte die zweite Stimme.
    »Halt endlich die Klappe und mach die Tür zu«, beendete die erste Stimme das Gespräch.
    Der Lichtbalken wurde schmäler und verschwand schließlich ganz.

Bahnhofstoilette
    »Klack« machte die Tür und bei mir fiel endlich der Groschen, den ich vor lauter Ungläubigkeit minutenlang in der Schwebe gehalten hatte. Nr. 7 war tot! Ein uraltes Kinderlied schob sich ohne jede Ankündigung in mein Bewusstsein:

    Sieben kleine Negerlein
    und einer ist nicht aufgewacht
    da waren`s nur noch sechs.

    »Wir müssen Professor Marquez anrufen, dass etwas schief gegangen ist«,

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