Koestlbachers erster Fall
rumgesessen und Kaffee oder Wein getrunken hat. Aber die Rosi war
nicht so ganz nach dem Geschmack vom Albert. Die bedachte ihn meistens nur mit
diskriminierenden Blicken, wenn er zwischendurch mal aus seinem Arbeitszimmer
kam und sich den beiden zugesellte. Der Albert fühlte sich von der Rosi
irgendwie immer durchschaut und wusste dabei aber nicht, weswegen sie ihn
durchschaut haben könnte. Außerdem war für die Rosi dem Albert seine schriftstellerische
Tätigkeit keine richtige Arbeit, weil sie ja auch nur einen Hungerlohn
einbrachte. Und gefallen hat ihr von dem, was der Albert geschrieben hat, auch nichts.
Das hat sie einmal ganz direkt gesagt. Den Albert hat das aber nicht gewundert,
weil er ja damals immer nur geschichtliche Sachen geschrieben hat und keine
Romane und schon gar keine solchen, die im Rotlichtmilieu handelten.
Vor ein paar Tagen, da hat die
Rosi auch wieder bei der Irmi in der Küche gesessen. Beide haben einen Tee
getrunken, keinen Wein. Erstens, weil es erst mitten am Vormittag war und
zweitens, weil die Irmi an diesem Tag noch Nachmittagsschicht in der
Uniklinik hatte. Als da der Albert auch in die Küche gekommen ist, weil er sich
einen Espresso machen wollte, da sah ihn die Rosi ganz komisch an und
fragte schnippisch:
»Na, wie kommst du voran mit
deinem Sexroman?«
Der Albert ist bei diesen Worten
richtig zusammengefahren, weil er keinen Sexroman schrieb und weil ihn die
Irmi so komisch angeschaut hat, wie die Rosi ihn da nach seinem Vorankommen
beim Schreiben gefragt hat.
»Ich schreibe keinen Sexroman! Ich
schreibe einen Roman, der im Rotlichtmilieu spielt. Das wird dann eher ein
Krimi oder so etwas. Wegen dem Rotlichtmilieu wird es aber noch lange kein
Sexroman!«, antwortete der Albert ausführlicher, als er das normalerweise getan
hätte. Aber die Antwort war, auch wenn er sie der Rosi gab, gleich mit an seine
Irmi gerichtet, quasi als Vorabrechtfertigung.
›Was, du schreibst einen Sexroman?‹ Diesen schrillen Satz von der
Irmi hatte der Albert nämlich schon im Ohr, bevor der von der Irmi gedacht,
geschweige denn ausgesprochen war, auch wenn der dann gar nicht kam.
»Rotlichtmilieu ohne Sex, das geht
ja wohl nicht!«, kam es statt einer Äußerung von der Irmi von der Rosi zurück.
Ich meine, wäre der Albert zu
diesem Zeitpunkt seinem Wissensstand etwas voraus gewesen, dann wäre ihm auch
klar geworden, warum die Rosi durchaus wusste, wovon sie redete.
»Du musst es ja wissen!«,
antwortete der Albert und verstand natürlich nicht, warum der Rosi spontan
etwas Röte ins Gesicht schoss, begründete das für sich aber damit, dass die
Rosi wieder mal, was ihn betraf, in Kampfstimmung war.
»Lassen wir das!«, lenkte die Rosi
überraschenderweise ein. »Ich habe heute keine Lust, mich mit dir zu streiten.
»Ich streite mich nie mit dir«,
antwortete der Albert, verärgert, bei der Rosi kein Oberwasser zu
bekommen, und verließ die Küche ohne sich einen Espresso gemacht zu haben
wieder. Weil so ein letztes Wort bei der Rosi zu bekommen, auch wenn es
sich nur um das eines denkbar kurzen Gespräches handelte, das war
schon etwas Genussvolles! Espresso nichts dagegen! Und Ärger schnell verflogen!
In seinem Arbeitszimmer gab sein
Handy gerade das Signal für eine ankommende SMS von sich.
ERWARTE DICH IN DER LOBBY DES
RATISBONA UM 12.00 UHR
Endlich das seit langem erhoffte
Treffen. Die Monika hatte ihm schon vor Tagen dieses bevorstehende Wochenende
genannt, an dem sie sich mit dem Albert treffen könnte. Drum hat der Albert, um
sich ungehindert loseisen zu können, die Geschichte mit dem Klassentreffen
erfunden. In Eile, weil bis um 12 Uhr nur noch eine Stunde Zeit, machte er sich
auf den Weg zum ›Ratisbona‹ , das zum
Glück nicht am anderen Ende der Stadt lag, so dass der Albert bequem zu Fuß in
20 Minuten würde dort sein können. Zur Irmi hin murmelte er schnell noch etwas
von wegen Klassentreffen und war froh, dass die Rosi immer noch da war und er
von der Irmi nicht nach genaueren Orten und Zeiten gefragt wurde.
Wer nicht im Hotel wartete, das
war die Monika. Aber weil es Männer ganz allgemein ja gewohnt sind, auf Frauen
warten zu müssen, kein Drama. Der Albert hat es sich einfach in der
Hotellobby bequem gemacht und gewartet. Weil dann aber um 12.30 Uhr immer noch
keine Monika, und der Albert schon seit einiger Zeit Toilettendrang, suchte er
die Gästetoiletten in der Lobby auf.
Den Rest kennst du!
Tschechische
Episode
Kapitel 9
Als der Gruber Hans
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