Kohärenz 02 - Hide*Out
im Kreis herumfuhren.
Schließlich bog Kyle in eine Tankstelle ein. »Letzter Halt, bevor wir da sind«, erklärte er, als George und Christopher hinter ihnen ausstiegen. »Es ist nicht mehr weit.«
Christopher wirkte irgendwie bedröppelt, sagte kein Wort.
»Wenn wir ankommen, werden sie sich alle auf uns stürzen«, fuhr Kyle fort. »Also, Mädels: letzte Gelegenheit, euch die Nase zu pudern. Ich muss auf jeden Fall – «
Er hielt inne, hob den Kopf, riss die Augen auf. Serenity wandte beunruhigt den Kopf.
Und dann sah sie, was ihn so aus der Fassung brachte.
Es war eine Kolonne dunkelblauer Panzerfahrzeuge, die die Straße entlanggedonnert kam. Auf allen Wagen stand in fetten Lettern: POLICE. Durch die schmalen, abgedunkelten Scheiben erhaschte man flüchtige Blicke auf grimmig dreinblickende Männer, die klobige Gewehre in Händen hielten, dann waren die Fahrzeuge vorbei.
»Puh!«, stieß Madonna hervor.
»Was machen die hier?«, hörte Serenity ihren Bruder murmeln, als habe er sie alle vergessen und rede mit sich selbst.
Jetzt erst begriff Serenity: Die Panzerwagen waren in dieselbe Richtung gefahren, in die sie unterwegs waren.
52 | Eine Nacht noch. Jeremiah beharrte darauf, dass es zu gefährlich sei, länger zu bleiben.
Das war Lilian egal. Sie lehnte es ab, sich an den Vorbereitungen zum Aufbruch zu beteiligen, die jetzt schon begannen, am hellen Nachmittag. »Ich gehe erst von hier fort, wenn Serenity und Kyle da sind!«, erklärte sie, als Jeremiah sie darauf ansprach, und sie ließ sich auch von seinem »Sie werden jeden Augenblick kommen, da bin ich mir sicher« nicht umstimmen.
So blieb sie allein in dem kahlen, düsteren Raum im Obergeschoss des alten Hauses, ging, die Arme um ihren Körper geschlungen, unruhig auf und ab und beobachtete, wie das Feuer im Kamin allmählich erlosch. Sie hörte die anderen geschäftig hin und her eilen, hörte sie lachen und reden. Ab und zu spähte sie aus dem Fenster, sah zu, wie Kisten mit Proviant, Kochgeschirr, das sie nicht mehr brauchen würden, und dergleichen mehr hinüber in den Anbau getragen wurden, wo die Autos standen. Eine Nacht noch. Und wenn ihre Kinder und deren Freunde dann auch noch nicht da waren? Sie sah auf die Uhr. Die Zeiger schienen zu rasen.
»Ein Auto!«
Endlich, der ersehnte Ruf des Spähers, der mit einem Fernglas auf dem Dachboden Wache hielt.
Aber wieder nur ein Wagen. Nur einer. Lilian war es, als schlösse sich eine eiserne Klammer ihr Herz.
Jeremiah kam die Treppe hoch. »Scheint noch mal jemand aus dem Kontaktnetz zu sein«, erklärte er. »Vielleicht hat Kyle eine Panne gehabt und schickt uns eine Nachricht, wo wir sie abholen sollen.«
»Meinst du?« An diese Möglichkeit hatte sie noch gar nicht gedacht. Fast wünschte sie es sich. Eine Panne, ja, das konnte doch sein, so alt, wie Kyles Wagen war… und der von diesem Indianerjungen hatte auch nicht gerade rasend zuverlässig ausgesehen, wenn sie sich recht erinnerte…
Es war tatsächlich jemand aus dem Kontaktnetz.
Nur brachte er keine Nachricht von Kyle, Serenity und den anderen.
»Polizei ist unterwegs hierher«, erklärte der Kurier, ein hagerer Mann mit dünnrandiger Brille, der aussah und sprach wie ein Lehrer. »Bewaffnete Spezialeinheiten für Terrorbekämpfung. Weiße, neutral lackierte Mannschaftswagen, in denen je zehn Mann sitzen, bewaffnet bis an die Zähne. Und wir haben auch von schweren Polizeieinheiten weiter im Süden gehört. Eine riesige Aktion, die da im Gange ist.«
»Wie sicher ist es, dass sie hierher wollen?«, fragte Jeremiah mit einer Ruhe, die Lilian in diesem Moment geradezu unheimlich vorkam.
»Der Konvoi hat an einer Tankstelle haltgemacht, die einer unserer Freunde führt. Er hat den Namen Albert Locust Road aufgeschnappt – das ist die Straße, von der der Weg hierher abzweigt. Es ist die einzige Straße im Umkreis von dreihundert Meilen, die so heißt.«
»Wie viel Zeit bleibt uns?«
»Eine Stunde, höchstens.«
Lilian spürte ihr Herz wie wild schlagen. Sie starrte Jeremiah an, genau wie alle anderen.
»Wir brechen sofort auf«, entschied er mit steinerner Miene. »Beeilt euch bitte. In zehn Minuten ab jetzt sind wir unterwegs.«
Er sah sie nicht an, aber Lilian war, als habe sie diese Szene kommen sehen, ach was, als habe sie sie schon einmal erlebt!
»Und die Kinder?«, stieß sie hervor, während alle anderen davonstoben, Dutzende Stiefel die Treppe hinabpolterten, es in den Tiefen des riesigen alten Hauses zu
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