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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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irgendwann und erst da kam Christopher zu Bewusstsein, dass er tatsächlich redete, dass er versuchte, sich mitzuteilen. Es war ihm ein Bedürfnis, seine Mitmenschen teilhaben zu lassen an dem, was in ihm vorging; das war doch nichts Schlechtes, oder?
    »Mann, Mann, ich versteh nicht mal die Hälfte«, kam als nächste Reaktion. »Was hat denn der mir für Zeug verkauft, sag mal…?«
    Wieso? Er dachte doch nur nach. Dieser Raumflug war eine gute Gelegenheit, sich mal grundsätzlich über ein paar Dinge klar zu werden. Zum Beispiel über das, was George Angry Snake ihm gesagt hatte. Weißer Mann und Intelligenz und so. Das Fieber im Kopf.
    Zum Beispiel konnte es gut sein, dass er, Christopher Kidd, über die Linie seines Vaters mit jemandem verwandt war, der vor Jahrhunderten in dieses Land gekommen war und vielleicht, wer wusste das schon, gegen Vorfahren von George gekämpft hatte. Okay, er konnte sich auf den Standpunkt stellen, dass ihn persönlich keine Schuld traf. Genau genommen war das ja auch nur eine Theorie; er wusste nicht mal, wie seine Urgroßeltern geheißen hatten, geschweige denn, dass er seinen Stammbaum so weit hätte zurückverfolgen können. Aber irgendwie war der Gedanke trotzdem wichtig, denn er zeigte, dass alles mit allem in Zusammenhang stand, dass jeder Mensch mit jedem verbunden war, auch wenn man das meistens nicht so sah.
    »Junge, Junge«, war Kyles Kommentar. »Ich hoffe bloß, du hast diesen Chip noch im Griff.«
    Der Chip? Ach was. Klar hatte er den im Griff. Der zuckte nicht mal mehr. Aber das brachte ihn auf eine andere Einsicht: Die Kohärenz übertrieb es, schlicht und einfach. Wenn alle Menschen sowieso mit allen anderen verbunden waren, war es hirnrissiger, blödsinniger, voll beknackter Quatsch, das Ganze noch mal technisch nachzubauen. Ungefähr so, als setze man jeden Menschen in einen Rollstuhl, auch die, die selber laufen konnten: Die würden es dann bald auch nicht mehr können, weil die entsprechenden Muskeln verkümmerten, wenn man sie nicht benutzte. Fieber im Kopf, so eine Idee. Man musste schön blöd sein, wenn man derart intelligent war.
    Und irgendwann, während sie so durch die Tiefen der Galaxis brausten, war von hinten plötzlich ein Geräusch zu hören, ein Rascheln, ein Seufzen, und Serenity tauchte zwischen ihnen auf, lehnte sich mit den Ellbogen auf die beiden Vordersitze und fragte schlaftrunken: »Fahren wir immer noch?«
    Christopher wandte den Kopf, sah sie an, las die geheimen Botschaften, die in den Mustern ihrer Sommersprossen verborgen lagen, und erkannte in einem einzigen, gleißenden, endlosen Moment, dass es Menschen gab, mit denen man aus rätselhaften Gründen mehr verbunden war als mit anderen, dass es in seinem Fall Serenity war, mit der er verbunden war, Serenity, jawohl, und dass es nichts Wichtigeres für ihn geben konnte, als sie vor der Kohärenz zu beschützen, ganz egal, was das bedeutete, und ganz egal, was es ihn kosten würde.

Demoralisierung
     
    54 | Wenn man nicht gewusst hätte, dass Brendan Davenport Herausgeber einer Fachzeitschrift für die Aufzucht von Garnelen und Krebsen war, man hätte es geahnt, sobald man sein Büro betreten hatte. Man war darin umringt von Aquarien, in denen rötliche, seltsam filigrane Wesen über grauen Sand wanderten und zu verfolgen schienen, was sich an dem schweren Schreibtisch abspielte, der in der Mitte des Raumes stand.
    Die Wände über den Aquarien hingen so voller Bilder von Krebsen, Hummern und dergleichen oder von gerahmten Titelbildern vergangener Ausgaben der Zeitschrift, dass man nur ahnen konnte, wie die Tapete darunter aussah, und im Teppichmuster waren – wie konnte es anders sein – zahllose Krebse eingewebt.
    Brendan selber hatte, wenn er in seinem Sessel saß, auch eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Krebs. Die spiegelglatte, gerötete Glatze, die gedrungene Gestalt, dazu die seltsame Jacke, die sich in seinem Nacken ausbeulte, wenn er saß, und der flusige Bart entlang seiner Kinnpartie – Brendan Davenport war nicht gerade das, was man eine unauffällige Erscheinung nannte.
    Und er rührte sich praktisch nicht, während Jeremiah sprach. Beobachtete ihn nur ausdruckslos.
    »Hmm«, machte er, als Jeremiah geendet hatte. »Seltsame Geschichte.«
    »Kann man wohl sagen.« Jeremiah versuchte, die Reaktion einzuschätzen. »Und deswegen wollen wir alles tun, um die Öffentlichkeit davon in Kenntnis zu setzen.«
    Jeremiah Jones war gemeinsam mit Russel Stoker gekommen. Es war ihr

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