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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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damit. Viel war es ja nicht.
    Er setzte den Becher an und stürzte das schwarze Gebräu todesmutig hinab.
    Mann, Mann. Es schüttelte ihn, aber ja, es weckte ihn auf.
    »Gleich den Espresso?«, meinte Kyle mit anerkennendem Grinsen, nachdem er gezahlt hatte. »Wenn schon, dann richtig, hmm? Finde ich auch. Aber du kannst dir auch Zucker und Milch reintun, das macht es leichter. Und am Koffeingehalt ändert es nichts.«
    Christopher schaffte noch drei Becher, dann konnte er nicht mehr. Tatsächlich war ihm schlecht.
    »Auch gut«, meinte Kyle. »Dann nehme ich die anderen. Kann es auch vertragen.«
    Und wieder fuhren sie und fuhren und fuhren. Christophers Gefühl nach mussten sie demnächst am Pazifik sein, ach was, in Alaska. Wenn nicht in Russland.
    Die Mädchen auf dem Rücksitz waren längst eingeschlafen. Serenity hatte den Kopf in ihre Jacke vergraben, die neben ihr an einem Haken hing, Madonnas Gesicht war hinter ihren langen schwarzen Haaren verschwunden. Eine der beiden schnarchte leise.
    Christopher übernahm das Kartenlesen. Das hielt auch wach. Seine Augen brannten, der Chip in seinem Kopf glühte immer noch, aber sollte er, es machte ihm nichts mehr aus. Er folgte ihrer Route mit dem Finger auf der Karte, hielt Ausschau nach Straßenschildern, schloss die Augen, wenn entgegenkommende Autos ihn blendeten »Hey!« Jemand rüttelte ihn. Kyle. »Nicht einschlafen, Chris! Hallo? Bist du okay?«
    Christopher blinzelte. Eingeschlafen, er? »Alles okay«, beeilte er sich zu versichern. »Ich schlaf nicht.«
    »Sah aber verdammt echt aus.«
    »Ich hab nur einen Moment die Augen – « Aber ja, er spürte es. Diese bleierne Schwere, die an ihm zog, an jeder Faser seines Körpers. Als hätten sich seine Muskeln in Blei verwandelt. Und diese Trägheit in seinen Augenlidern, die nur darauf zu lauern schienen, dass er nachgab, damit sie vollends zufallen konnten. »Aber es wäre wirklich gut, wenn wir bald da wären.«
    »Immer noch Netz?«
    »Ja.«
    »Es lebe der Fortschritt.«
    Kyle gab sich wirklich Mühe, ihn durch Gespräche wach zu halten. Er erzählte Witze, brachte Anekdoten von seinen Rotkreuz-Einsätzen, versuchte, ihn in eine Diskussion über Umweltschutzthemen zu verwickeln, sein Studienfach. Aber Christopher konnte nicht mehr. Jedes Wort, das er sprach, war pure Folter.
    »Wir brauchen etwas Stärkeres für dich«, entschied Kyle irgendwann und folgte einem Straßenschild in eine größere Stadt. George holte auf, ließ sein Seitenfenster herab und wollte wissen, was los sei.
    »Ich suche einen Drugstore, der noch aufhat«, sagte Kyle. »Wir brauchen was für Christopher, damit er nicht einschläft.«
    »Okay«, sagte George.
    Sie fuhren. Die Straßen waren leer und dunkel. Wie spät war es eigentlich? Christopher hätte es nicht sagen können. Nein, er würde schon nicht einschlafen. Jetzt nicht mehr. Irgendwie fühlte er sich darüber hinausgewachsen. Nein, jetzt war die Gelegenheit, über gewisse Dinge nachzudenken, auf die George ihn aufmerksam gemacht hatte…
    »Ich bin gleich wieder da.« Kyles Stimme. Er schlug die Autotür zu, dass der ganze Wagen dröhnte, aber die Mädchen wachten nicht mal eine Sekunde lang auf.
    Christopher beugte sich vor, beobachtete, was geschah. Ein Laden, hell erleuchtet hinter riesigen Scheiben, aber total leer. Nur Kyle, der an einer Theke stand und auf den Mann dahinter einredete, der unzufrieden aussah und immer wieder den Kopf schüttelte. Seltsam – die Theke war von Gittern umgeben, konnte das sein? Kyle redete weiter auf den Mann ein, gestikulierte heftig. Endlich wechselten ein Geldschein und eine kleine Schachtel den Besitzer.
    »Hier. Nimm davon zwei«, sagte Kyle, als er zurück in den Wagen stieg, und warf Christopher die Schachtel zu. Irgendein medizinisch klingendes Wort stand darauf. Christopher öffnete die Schachtel, drückte zwei Tabletten aus dem Blister, spülte sie mit einem Schluck aus der Wasserflasche runter.
    Und weiter ging es durch die Nacht. Endlich ließen sie die bewohnten Gegenden hinter sich, tauchten ein in kosmische Schwärze. Sie waren gar nicht mehr auf der Erde unterwegs, das erkannte Christopher jetzt, sondern aufgebrochen in die Tiefen des Universums. Der Geländewagen hatte sich in ein Raumschiff verwandelt, der Motor in ein Triebwerk, das unirdische Melodien sang, mit Stimmen aus Fusionsenergie und Strahlkraft. Er konnte es hören, es klang wie der Gesang maschineller Engel.
    »Du redest ziemlich wildes Zeug«, sagte Kyle

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