Kohl des Zorns
nächste Woche auch einen bestellen. Das neueste Modell, versteht sich. Electric Blue, Getränkebar im Fond, holophonisches Soundsystem und so. Du weißt schon.«
»Electric Blue?« Jennifer seufzte resignierend, nahm den winzigen Papierschirm in die Hand und biß entschlossen in die dunkelrot glänzende Kirsche. Bob schlug die Beine übereinander und zuckte schmerzhaft zusammen.
»Ich mag meine Autos wie meine Männer«, sagte Jennifer Naylor. »Groß und schwarz.« Bob rutschte von seinem Hocker und begab sich hinter den Tresen. Wo er — wie durch Magie — mit einem Mal vier Zoll größer geworden zu sein schien:
»Paß auf, daß du nicht hinfällst«, sagte Mrs. Naylor, die zugesehen hatte, wie das Podest hinter dem Tresen eingebaut worden war.
»Wo steckt Eric?«
»Hat sich über die Quiche hergemacht, als ich ihn das letzte Mal sah.«
»Eric!«
»Was ist los?« Die Stimme ertönte aus Richtung Küche, wo der Cocktailshaker damit beschäftigt war, seine Schuppen über einer Schüssel mit grünem Salat auszubürsten.
»Hier draußen wartet Kundschaft!«
»Das wäre zur Abwechslung gar nicht übel.« Eric kam schlurfend in Sicht, rückte seine Krawatte zurecht und wischte sich die Schuppen von den Schultern, die die Salatschüssel nicht getroffen hatten. »Das gleiche wie immer, meine Liebe?« erkundigte er sich bei Mrs. Jennifer Naylor.
»Das gleiche noch mal für die Dame«, befahl Bob der Buchmacher und richtete sich hinter dem Tresen ein. »Und für mich bitte einen Raging Stonker.«
Er zwinkerte Jennifer weltmännisch zu.
Die phantasievollen Namen der Cocktails hatte er allesamt selbst erfunden, nachdem er einen Urlaub in Benidorm verbracht hatte. Dort gingen die Dinger im großen Maßstab, und er begriff einfach nicht, warum die Brentforder Schickeria sie noch nicht angenommen hatte.
»Wie möchten Sie Ihren Raging Stonker?« erkundigte sich Eric der Mixer. »Geschüttelt oder gerührt?«
Bobs Blicke drohten den Barmann zu durchbohren, dann lächelte er Jennifer mit einem Heutzutage-gibt-es-eben-einfach-kein-gutes-Personal-mehr-Lächeln zu.
»Gerührt«, sagte er schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
Eric machte sich an die Arbeit, wobei er immer wieder den Cocktaillöffel benutzte, um sich am Kopf zu kratzen.
»Was hältst du davon?« wechselte Bob hastig das Thema und entblößte sein linkes Handgelenk. Ein Ding, das grobe Ähnlichkeit mit einem breiten goldenen Armband besaß, kam zum Vorschein.
»Ein Armband!« sagte Mrs. Naylor. »Nein, wie schick!«
»Kein Armband«, korrigierte sie Bob. »Das ist die allerneueste Piaget-Armbanduhr. Der Zeiger umkreist das gesamte Handgelenk, hier, sieh mal, dieses Licht. Es kreist alle vierundzwanzig Stunden einmal herum und sagt die Zeit. Genial, nicht wahr? Und wenn du diesen Knopf hier drückst«, Bob betätigte den fraglichen Knopf, »dann verschieben sich alle Zahlen, und du kannst sämtliche Zeitzonen der Welt einstellen. Wasserdicht und stoßgesichert das Ganze, und wirklich außerordentlich exklusiv.«
»Und die Zocker haben sie finanziert, wie ich keine Sekunde bezweifle.«
»Du machst dich über mich lustig.« Bob beugte sich grinsend vor. »Wenn du nur wüßtest, wie begierig manche von ihnen sind, mir ihr Geld zu bringen!«
»Tatsächlich?«
»Tatsächlich. Heute morgen zum Beispiel kam einer bei mir rein, und jede Wette, daß du nicht errätst, worauf er gesetzt hat.«
»Tatsächlich?«
»Tatsächlich.« Bob schüttelte den Kopf und brach in brüllendes Gelächter aus. »Jim Pooley kam in meinen Laden und hat zehn Pfund darauf gesetzt, daß die nächsten Olympischen Spiele in Brentford stattfinden!« Bob erlitt einen ernsten Lachkrampf. Tränen füllten seine Augen und rannen in Strömen über die Wangen. »Kannst du dir das vorstellen?« krächzte er zwischen den Anfällen. »Ganz ehrlich?«
»Und du hast die Wette angenommen?«
»Selbstverständlich! Ich habe ihm eine Quote von einer Million zu eins geboten.«
Eric servierte einen Split Beaver und einen Raging Stonker.
»Hast du nicht gesagt, deine Uhr wäre stoßgesichert und wasserdicht?« erkundigte sich Mrs. Naylor.
»Ja, natürlich. Ich glaube schon.« Bob wischte sich die Tränen ab. »Warum fragst du, Jennifer?«
»Paß auf, ich werd’s dir flüstern. Damit uns niemand belauscht«, sagte Jennifer und zerrte den Burschen in die akute Gefahrenzone ihres exklusiven Parfüms.
Die Sonne zog sich langsam hinter Royal Kew zurück. Ihre
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