Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kohl des Zorns

Kohl des Zorns

Titel: Kohl des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
beide mindestens fünf Jahre dafür kriegen.« Er deutete auf Pauls schwarz gefärbten und wunderbar geflochtenen Indianerzopf und machte Scherenbewegungen mit den Fingern. »Und zwar im Barbierladen Ihrer Majestät der Königin.«
    Paul betastete sein Haupthaar; er hatte drei Jahre gebraucht, um es so lang wachsen zu lassen. Bruder Barrys herunterhängende Kinnlade sank womöglich noch weiter herab. »Rotes Brüder rudern in Stacheldrahtkanu durch Scheißfluß«, beobachtete er.
    »Wie hübsch Sie das ausgedrückt haben«, freute sich Inspektor Hovis. »Aber was schlagen Sie vor, was wir dagegen unternehmen sollen?«
    Paul starrte die hagere Gestalt mißtrauisch an, die biskuitkauend auf der gegenüberliegenden Pritsche saß. »Was genau schlagen Sie uns vor?« antwortete er mit einer Gegenfrage.
    Inspektor Hovis nahm seinen eleganten elfenbeinernen Spiegelkneifer von der Nase und faltete ihn in ein Schildpatt-Etui, welches er in der Brusttasche verstaute. Er griff nach einem weiteren Biskuit und fixierte Paul Geronimo mit einem durchdringenden Blick. Die tapfere Rothaut wurde sichtlich blaß. »Nun?« wiederholte der Inspektor seine Frage.
    »Nun … äh …« sagte Paul Geronimo.
    »Squaw, wo tanzen zu lange um Kochtopf loben Essen, finden Essen kalt, wenn essen wollen. Wenn meine Roten Brüder verstehen, was ich meine«, bemühte Hovis ein altes indianisches Sprichwort.
    »Das tun wir«, antwortete Paul Geronimo. »Äh, Rotes Bruder denken verstehen.«
    »Und was halten meine Roten Brüder davon, wenn wir die Friedenspfeife rauchen und uns dabei einfach ein wenig unterhalten?«
    »Ich kann Friedenspfeife ausgraben«, sagte Paul Geronimo hastig.
    Fünfundvierzig Minuten und einige Unzen Tabak später schloß sich die Zellentür hinter dem berühmten Inspektor. Er stapfte zielsicher in das neu gestrichene Büro, das nun sein eigenes war, ließ sich mit dem Hintern in seinen Stuhl sinken und legte die Füße auf den Schreibtisch. Alles in allem war der Tag höchst zufriedenstellend verlaufen. Durch geschickte Manipulation hatte er den halben Stadtrat so gut wie in der Tasche. Er hatte der Gemeinde die Peinlichkeit erspart, die eine Anklage ohne Zweifel zur Folge gehabt hätte, und sich selbst den bösen Ruf, den Stadtrat überhaupt erst hinter Schloß und Riegel gebracht zu haben. Er war zum Blutsbruder der doppelten Reinkarnation des Indianerhäuptlings Geronimo geworden und von einer der attraktivsten Frauen zum Essen eingeladen, die zu verhören er jemals das Privileg gehabt hatte. Alles in allem war der Tag wirklich ganz außerordentlich zufriedenstellend verlaufen.
    Hovis griff nach seinem Spazierstock, schraubte den silbernen Griff ab und nahm eine Prise gemahlenen marokkanischen Schnupftabak hervor. Er plazierte das Zeug in den begierigen Nüstern und sog es tief in die Nase. Ihm blieb nur wenig Zeit, seinen Erfolg zu genießen. Inspektor Hovis war auf einer Mission nach Brentford gekommen, einer Mission, auf deren Erfolg seine gesamte zukünftige berufliche Karriere ruhen würde, sozusagen. Wie der berühmte Dick Whittington oder der Count St. Germaine war auch Inspektor Hovis mit nur einem einzigen Gedanken im Kopf in das idyllische Brentford gekommen.
    Dem Gedanken an Gold. 8

Kapitel 11
     
    Von ihrem Ausguck hoch oben am Turm der Memorial-Bücherei verkündete die Uhr den Anbruch der sechsten Stunde. Das süße Aroma von Spätfrühlingsgeißblatt teilte sich die Luft mit den Gerüchen des herannahenden Abends. Düfte, die sich zu dieser ganz besonderen urbanen Note vereinigen, die als Summe ihrer Teile in die Nasen dringt. Der Geruch nach gebratenem Fisch, nach Scotch, billigem Zigarrenrauch, exklusiven Parfüms und anderen Dingen, fremdartig, unselig und geheimnisvoll.
     
    Nach gebratenem Fisch: Der Alte Pete wendete sein großes Lachssteak (ein völlig unerwartetes Geschenk von Neville dem Teilzeitbarmann) in der verrotteten Pfanne und pfiff die Melodie von »Wenn das Fischerboot zurückkehrt«. Der junge Hund Chips bellte mißtönend zur Begleitung. Der Tag war gar nicht so schlecht gewesen, und der Abend stand erst noch bevor.
     
    Nach Scotch 9 : In der Schrebergartenanlage schenkte John Vincent Omally zwei große Gläser zehn Jahre alten Malt-Whisky voll und reichte eins davon Knüller Molloy.
    »Cheers!« prostete der Starreporter ihm zu und reichte John einen braunen Umschlag mit mehreren Banknoten höheren Werts darin. »Und danke noch mal für den Tip.«
    »War mir ein Vergnügen«, erwiderte

Weitere Kostenlose Bücher