Kohl des Zorns
er.
»Ihr habt Besuch«, wiederholte der noch immer grinsende Konstabler und setzte das Tablett auf einer Pritsche ab. »Großes Weißes Mann gekommen, um Friedenspfeife mit Roten Brüdern zu rauchen.«
»Das reicht jetzt, Konstabler, danke sehr!« Die Stimme gehörte Inspektor Hovis von Scotland Yard, der nun auf den Spuren seiner Schallwellen in die Zelle trat. Unter dem Arm trug er einen gelbbraunen Aktenordner. »Wenn Sie so freundlich wären, die Zellentür von außen zu versperren, Konstabler, und zu warten, bis man Sie ruft?« Konstabler Meek schlich hinaus und warf die Tür mit einem dramatischen Knall hinter sich ins Schloß. »Und jetzt«, begann der berühmte Inspektor, während er einen Keks vom Tablett nahm und sich dabei setzte. »Würden die Herrschaften mir bitte alles erzählen?«
Paul Geronimo musterte Hovis von oben bis unten. »Roter Mann berufen sich auf Genfer Konvention«, sagte er schließlich. »Roter Mann werden nichts sagen außer Rang, Namen, Einheit und Telephonnummer. Bleichgesicht verpissen sich.«
»Ich verstehe«, sagte Hovis. »Dann lassen Sie sich etwas gesagt sein. Das hier ist mein erster Tag im schönen Brentford.«
»Passen auf, daß es nicht der letzte wird«, empfahl Barry.
»Mein erster Tag«, fuhr Hovis unbeirrt fort. Er kramte in seiner Tasche und zog ein kleines, helles Buch hervor. »Erkennen Sie das hier?«
Paul nickte.
»Sein berühmtes Reiseführer von Brentford. Geschrieben von geschätztes einheimisches Autor P. P. Penrose.«
»Gleiches Autor wie Lazlo-Woodbine-Thriller«, fügte Barry hinzu.
»Stimmt haargenau«, sagte Inspektor Hovis. »Ich habe diesen Reiseführer erst heute früh erworben.«
Paul starrte an die Decke und trommelte innerlich einen Kriegstanz.
»Ich bin fest davon überzeugt«, fuhr Inspektor Hovis fort, »daß ein Reiseführer mindestens ebensoviel über eine Stadt erzählt durch das, was er nicht erzählt, wie durch das, was er tatsächlich erzählt. Wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Esoterische Dichotomie allein sein ungenügende Basis für theoretische Spekulation«, entgegnete Paul. »Tapferes Mann, der immer nur Horizont nach Rauch von Feind absuchen, treten oft in Sitting Bullshit.«
»Das mag sein, wie es will«, meinte Hovis. »Trotzdem werde ich Ihnen meine Beobachtungen bezüglich dessen, was der Reiseführer mir verraten hat, jetzt mitteilen.« Er schlug das kleine Buch auf und begann kekskauend vorzulesen. »Die historische Gemeinde Brentford ist unter zahlreichen anderen Dingen berühmt für die Schönheit ihrer weiblichen Bevölkerung, die architektonischen Glanzleistungen und die Qualität ihres handgezapften Biers. Im Jahr 49 vor Christus kam Julius Cäsar …«
»Bitte zu unterbrechen«, sagte Paul, »doch edles Geschichte von Brentford sein Roten Brüdern wohlbekannt. Wir hier geboren und aufgewachsen.«
»Also schön«, schloß Hovis. »Dann machen wir es kurz. In den tausend langen Jahren aufgezeichneter Brentforder Geschichte gibt es keinen einzigen Bericht über einen Rassenaufstand. Nicht bis zum heutigen Tag, an dem Sie beide einen angezettelt haben.«
»Wir haben was?« erkundigte sich Barry.
»Einen Rassenaufstand angezettelt«, wiederholte Inspektor Hovis. Er nahm ein unterschriebenes Protokoll aus seinem Aktenordner und überflog den Inhalt. »Haben Sie Ratsmitglied Ffog als einen ›räudigen weißen Schweinehund, den man besser langsam über einem Feuer rösten sollte‹ bezeichnet, oder streiten Sie das ab?«
»Nun ja«, gestand Paul.
»Und ein Mister Julian Membrane, der, wie ich nebenbei bemerken möchte, auf dem Weg der Genesung von seiner Tomahawkwunde ist, berichtet in seiner Aussage von einer aufrührerischen Bemerkung: ›Gelbes Blut von Bleichgesicht gehört auf Toilettenwand geschmiert‹?«
»Wir sind Opfer der Rassendiskriminierung!« kreischte Paul Geronimo auf. Er sprang von seiner Pritsche und zerrte seinen indianischen Zwillingsbruder mit sich. »Langnasiges weißes Hund verdreht Wahrheit wie Schlange sich windet in Dreck!«
»Da, schon wieder!« sagte Hovis. »Das sieht in meinem Bericht nun aber ganz und gar nicht gut aus, was meinen Sie? Aufwieglerische Bemerkungen rassistischer Natur, Beschädigung von städtischem Eigentum, Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Aufruf zum Aufruhr, schwere Körperverletzung, Überfall mit einer tödlichen Waffe, Widerstand gegen die Festnahme, beleidigendes Verhalten … muß ich fortfahren? Sollte mich nicht wundern, wenn Sie
Weitere Kostenlose Bücher