Kohl des Zorns
meisten Männer nur träumen konnten. Omally spürte, wie sich seine Männlichkeit erwartungsvoll regte, als die unglaubliche Schönheit die Daumen hinter das Gummiband ihres seidenen Schlüpfers hakte und ihn langsam nach unten streifte.
»Nur Sie und ich allein«, sagte Kaleton.
»Nur du und ich allein«, echote Jennifer Naylor.
Professor Slocombe vollführte mit alten gebrechlichen Händen eine Reihe blitzschneller Bewegungen. Vor ihm wuchs eine Wand aus weißem Chitin in die Höhe, und hinter der Wand kehrte das Licht durch eine kleine Öffnung zurück. Eilig wich der Professor ein paar Schritte nach hinten. Er stand erneut an seinem Schreibtisch, doch der schützende Wall brach rasch wieder zusammen. Aus dem Innern der dunklen Kugel tauchte das Bild Kaletons auf, und sein schwarzer Schlund war riesengroß und verschluckte alles, was vor ihm lag.
»Und nun wirst du sterben!« ertönte ein Chor aus tausend Stimmen, die alle die seine waren.
»Und jetzt wirst du sterben«, sagte Jennifer Naylor. Ihre linke Hand glitt nach oben zum Hals und hinter den Rücken, wo sie etwas packte, das ein Reißverschluß hätte sein können. Sie zog es über die gesamte Länge ihres nackten Rückens hinunter.
Kaletons Bild wuchs und wuchs, und der Mund war ein gigantischer schwarzer und unersättlicher Schlund. Ein bodenloses Loch, in das am Ende die ganze Welt fallen mußte. Der Professor verschränkte die Arme vor der Brust und stieß die Silben seines letzten und mächtigsten Spruches aus.
Eine gewaltige Schockwelle ging durch das kollektive Bewußtsein der gesamten Menschheit.
Die äußere Hülle, die Haut der falschen Jennifer Naylor, fiel zu Boden wie eine vertrocknete Hülse. Vor Omally stand eine Gruppe aus elementaren Schrecken, die sich einer über dem anderen in einer zuckenden, sich windenden Masse auftürmten und noch für einen Augenblick Jennifers Umrisse besaßen, bevor sie sich auf den Burschen in den Boxershorts stürzten.
»Höllenzähne!« kreischte John Vincent Omally und kam der Sache damit recht nahe.
Die Kreaturen kamen in einer wogenden, kreischenden Kakophonie über ihn wie gewaltige, aufgeblähte Maden mit Babyköpfen und stachelbewehrten Insektenkörpern.
Augenlos und mit Reihen von untereinander sitzenden Mäulern.
Ein gewaltiger Gestank nach Verwesung breitete sich aus und nahm John nicht nur den Atem, sondern brannte in den Augen wie Schwaden von Säure. Omally wich bis zum Kopfende des Bettes zurück und drückte sich an die Wand, und der kreischende, wirbelnde, zuckende Alptraum kam über ihn und hüllte ihn ein.
»Auf und davon!« Professor Slocombe hob die Arme, vollführte die letzte Bewegung und stieß die letzte Silbe seines finalen, mächtigsten Spruches hervor. Das schwarze Bild wankte und verlor an Intensität, dann fiel es in einer ohrenbetäubenden Explosion in sich zusammen, um sich gleich darauf zu einem Haufen wirbelnder Fragmente zu verdichten und schließlich nach oben zur Decke und durch sie hindurch zu fliegen, ein eisiger Strom entweichender unheiliger Energien.
»Aaaaaagh!« heulte Jim Pooley in seiner Badewanne schmerzerfüllt auf, als das Wasser zu einem soliden Eisblock erstarrte.
In einem Raum von unbeschreiblicher Schwärze brach Professor Slocombe bewußtlos zusammen und stürzte zu Boden.
Im Schlafzimmer eines nicht weit entfernten Hauses tropfte dicker grüner Schleim über ein seidenes Bettlaken und sammelte sich am Boden in einer großen Pfütze zusammen mit menschlichem Blut.
»Hilfe, zu Hilfe!« heulte ein lebender Eisberg in einer Marmorbadewanne. »O verdammt, o zur Hölle, o Hilfe! Hiiiiillllllfffeeeee!«
Kapitel 34
Der Polizeikordon riß auseinander, und der Wagen des Inspektors raste durch die Lücke. Mitten in einem Chaos aus Polizeifahrzeugen, Krankenwagen und Feuerlöschzügen kam er mit quietschenden Reifen zum Halten. Hovis sprang aus dem Wagen und folgte einem wild gestikulierenden Konstabler zum Haus von Professor Slocombe. Auf dem Rücksitz des Wagens beugte sich Paul Geronimo zur Seite und flüsterte seinem Bruder ins Ohr: »Noch mehr großes Scheiß kommen hier runter. Besser Rotes Brüder jetzt verschwinden, und zwar pronto.«
Und mit dem zähen Überlebenswillen der vierfüßigen Zibetkatze öffneten die beiden Tapferen die abgewandte hintere Wagentür und verschmolzen mit der Nacht.
»Gehen Sie zur Seite, bitte!« Inspektor Hovis bahnte sich unter Einsatz der Ellenbogen einen Weg durch das
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