Kohl des Zorns
Geister.«
»Unser Geist ist alles, was wir besitzen. Wir können lediglich versuchen, das Beste daraus zu machen.«
»Dann hattest du noch nie den Wunsch, nach Höheren Wahrheiten zu suchen?«
Omally leerte seinen Drink. Nach seiner Erfahrung führten Diskussionen wie diese selten zu einem befriedigenden Ergebnis, und wenn man sie mit attraktiven Frauen führte, so gut wie niemals in Richtung ihres Schlafzimmers.
»Ich besitze keinerlei Beweise, daß eine solche Höhere Wahrheit existieren könnte«, sagte er und erhob sich, um sein Glas nachzufüllen. »Nach meinen persönlichen Erfahrungen denke ich, es ist besser, sich mit dem zufriedenzugeben, was man hat, als vergeblich nach etwas zu suchen, das man niemals finden wird.«
Nachdem diese Banalität aus dem Weg geräumt war, goß er sich weiteren Scotch ins Glas.
»Und das ist deine Lebensphilosophie?«
John seufzte innerlich. So kam er nicht weiter.
»Es tut mir leid, daß ich dir keine befriedigenderen Antworten liefern kann«, sagte er nach einer Weile. »Aber wenn du eine tiefgründige theologische Diskussion führen möchtest, dann schlage ich vor, daß du dich mit Professor Slocombe unterhältst. Er ist ein Mann, der sein gesamtes Leben der Suche nach Höheren Dingen gewidmet hat. Wenn dir so danach ist, können wir meinetwegen gleich gehen und ihm einen Besuch abstatten. Ich bin sicher, er wäre sehr erfreut, dich kennenzulernen.«
»Nein!« fuhr Jennifer auf. »Ich verspüre nicht den geringsten Wunsch, ihn zu sehen!«
»Das tut mir leid«, erwiderte John. »Ich jedenfalls kann dir nicht verraten, was du ganz offensichtlich wissen möchtest.«
»Nein, kannst du nicht«, sagte Jennifer. Und mit diesen Worten hob sie ihr Glas an die Lippen und kippte zu Omallys sprachlosem Erstaunen den gesamten Inhalt samt Eiswürfeln in einem Zug hinunter.
»He, langsam!« krächzte er. »Sonst wird dir am Ende noch schlecht!«
»Omally«, fragte Jennifer, »wozu genau bist du eigentlich gut?«
John grinste ein wenig schief. »Ich hätte nicht gedacht, daß du diese Frage stellen mußt.«
Einmal mehr breitete sich das schreckliche Grinsen auf Jennifers Gesicht aus. »Hast du vielleicht Lust auf hemmungslosen Sex?« fragte sie.
»Nun, ich … äh … Also wenn du mich so fragst …«
Kapitel 33
Das Grundstück, auf dem Professor Slocombes Haus stand, war seit vielen, vielen Jahren durch einen alten magischen Spruch geschützt, der den Gelehrten stets gewarnt hatte, wenn ein Besucher kam. An diesem Abend saß er — wie an zahllosen anderen Abenden zuvor — an seinem Schreibtisch und war tief in seiner Arbeit versunken. Vor ihm auf dem Tisch lag die ausgebreitete topographische Karte der Gemarkung Brentford Nummer TQ 17 E, und auf dieser Karte waren mit roter Tinte die Grenzen des Brentforder Dreiecks eingezeichnet sowie mit grüner Tinte die Umrisse des Sternstadions. Der Professor arbeitete unermüdlich mit Kompaß und Winkelmesser, als draußen auf der Straße eine lange schwarze Limousine fortschrittlichen Designs und unbekannter Herkunft lautlos vorfuhr. Ein zwergwüchsiger livrierter Chauffeur sprang heraus und öffnete die Tür des Fonds, wobei er sich ein Taschentuch vor die Nase gepreßt hielt.
Professor Slocombe streckte die Hand nach dem Barwagen aus und schenkte sich einen kleinen trockenen Sherry ein. Ein leichtes Kitzeln am Hals ärgerte ihn flüchtig, doch er schüttelte es ab und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Der unerträgliche Gestank, der kurz darauf seine Nüstern füllte, sowie das kalte Frösteln, das an seiner Wirbelsäule entlangkroch, ließen ihn ein weiteres Mal innehalten. Er richtete sich kerzengerade in seinem Stuhl auf.
»Professor Slocombe«, ertönte ein rauhes Flüstern. »Wollen Sie mich denn nicht hereinbitten?« Der alte Mann schwang mit einem überraschten Ächzen herum. »Habe ich Sie erschreckt?« fuhr die Stimme fort, deren Besitzer nun in der Verandatür stand.
Professor Slocombe hatte einige Mühe, die Fassung wiederzuerlangen. Die Tatsache, daß es jemandem gelungen war, unerkannt seine Verteidigung zu durchbrechen, reichte völlig aus, um ihn in seiner Zuversicht zu erschüttern, doch der Anblick seines ungebetenen Besuchers erweckte blankes Entsetzen.
Der Fremde war von durchschnittlicher Größe und trug einen Anzug aus dunklem Material, doch das, was von seiner Physiognomie zu sehen war, wirkte alles andere als normal. Der obere Teil des Kopfes war von etwas bedeckt, das nach Plastikfolie aussah.
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