Kohlenstaub (German Edition)
gesprochen
wurde.
»Nun befindet sich
Detlef unter Aufsicht des Jugendamtes. Sicher ist das nicht verkehrt, die
Familienverhältnisse sind ja recht ungewöhnlich«, stellte er fest.
»Ja. Ob das
allerdings etwas nützt …«
Detlef hatte der
Polizei gegenüber Hannings Tod als Unfall dargestellt. Mit dem Überfall auf
Manni wollte er nichts zu tun gehabt haben. Und Manni, der aus dem Krankenhaus
entlassen und beinahe genesen war, behauptete, er könne sich an nichts
erinnern. Ich dachte an die toten Kaninchen und glaubte ihm nicht. Grausamkeit
gab es nicht nur bei Erwachsenen. Doch es gab keine Beweise.
»Es geht nach
Holland?«, fragte Kaminski.
»Ja«, antwortete
ich. »Mit meiner Mutter. Sie wartet im Bahnhof. Wir haben ein Häuschen am
Strand gemietet.«
»Hoffentlich haben
Sie gutes Wetter.« Zweifelnd blickte er hinauf zum bewölkten Himmel. »Als
Pastorin haben Sie gewiss einen guten Draht nach oben.«
»Ich muss jetzt
leider gehen. Die Eisenbahn fährt in wenigen Minuten ab.« Ich griff nach meinem
Gepäck.
»Lassen Sie mich
das machen!« Er nahm mir den Koffer aus hellbraunem Schweinsleder ab. Gemeinsam
betraten wir die Bahnhofshalle, gefolgt von Rosi. Meine Mutter wartete unter
der Tafel mit den Abfahrtszeiten.
»Das ist Herr
Kaminski«, stellte ich meinen Begleiter vor. »Ein netter Bekannter aus meiner
Gemeinde.«
Kaminski tippte an
seinen Hut. »Angenehm, gnädige Frau. Darf ich fragen, wann Sie beide geplant
haben zurückzukommen?«
»In zwei Wochen«,
antwortete ich.
»Wie schade. Dann
werde ich meinen Bruder in Stuttgart besuchen. Es sind ja Sommerferien.«
»Das ist schön für
Sie, Herr Kaminski.«
Er räusperte sich.
»Ach bitte: Nennen Sie mich doch Klaus-Peter. Klaus genügt auch«, bot er an.
»Klaus also dann«,
wiederholte ich. »Ich heiße Martha.«
»Danke, Martha«,
sagte Kaminski so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.
Der D-Zug in
Richtung Amsterdam stand abfahrbereit auf dem Bahnsteig. Meine Mutter und ich
bestiegen das Abteil, in dem ich Plätze reserviert hatte. Ich schob die Koffer
in das Gepäcknetz, zog mit aller Kraft die verstaubte Scheibe herunter und
lehnte mich aus dem Fenster. Ein Pfiff gab das Signal zur Abfahrt. »Macht’s
gut!«, rief ich den beiden auf dem Bahnsteig zu. »Bis bald!«
»Martha!«, rief
Kaminski gegen das Geräusch des anfahrenden Zuges an. »Würden Sie mit mir
ausgehen, wenn wir beide wieder da sind?«
»Gerne!«, schrie
ich zurück. Das Letzte, was ich von Dortmund sah, waren Rosi und Kaminski –
also Klaus –, die uns hinterherwinkten. Ich schloss das Fenster und ließ mich
in das Kunststoff-Polster sinken. »Endlich Ferien«, sagte ich zu meiner Mutter.
»Und wenn du
zurück bist, wartet ein netter junger Mann auf dich«, ergänzte sie. »Wie schön!
Vielleicht wirst du ja doch noch heiraten.«
Ich seufzte. Meine
Mutter wünschte sich sehnlichst Enkelkinder. Doch war Kaminski wirklich der
Mann, für den ich meinen heiß geliebten Beruf als Gemeindepastorin an den Nagel
hängen würde? Ich schloss die Augen und ließ mich vom Rattern der Räder in eine
schläfrige Stimmung versetzen. Das wird sich finden, dachte ich, bevor ich
eindöste.
Nachwort – Fakten und Fiktion
Romanfiguren
1965 wurde in der
evangelischen Martingemeinde in Dortmund Renate Krull als erste Pastorin
westfalenweit in eine Gemeindepfarrstelle gewählt und dort eingeführt.
Ich hatte die Ehre
und das Vergnügen, Pfarrerin Renate Krull anlässlich ihres 50. Ordinationsjubiläums
im Jahr 2009 zu interviewen.
Dabei erzählte sie
mir einige amüsante Begebenheiten aus ihrer ersten Zeit im Pfarramt. Sie
schilderte mir, wie Kollegen und Gemeindeglieder darauf reagierten, dass nun
eine Frau als Gemeindepastorin tätig war.
Frau Krulls
Erzählungen haben mich zu diesem Roman inspiriert. An dieser Stelle ein
herzliches Dankeschön dafür!
Selbstverständlich
ist die Protagonistin Martha Gerlach nicht identisch mit Frau Pastorin Krull,
die Handlung des Romans entspringt vollständig meiner Phantasie. Auch die
weiteren Romanfiguren sind frei erfunden. Sollten Sie als Leserin oder Leser
Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder verstorbenen Personen feststellen, so sind
diese zufällig und nicht beabsichtigt. Es besteht keinerlei Zusammenhang mit
den Geschichten von Frau Krull.
Die Verantwortung
für den Inhalt des Romans trage ich allein.
Die Anspielung auf
eine bestimmte reale Person ist allerdings beabsichtigt. Bei dem
Superintendenten, im Roman Hans van
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