Koks und Karneval
zwei Plastiktaschen voll Bier zurück.
»Jetzt ein Kölsch, das wäre was!« sagte Röhrich sehnsuchtsvoll.
»Do han Se räch«, stimmte Heppekausen sofort zu und leckte sich die Lippen.
Der Gästestrom hielt an. Ein Gladiator und zwei weitere Mäuse verschwanden im Haus, womit die Mäuse die Kostümhitliste vor den Clowns anführten. Dann folgte ein einsamer Gartenzwerg. Es verging eine Minute, und eine größere Gruppe – ein Tod, ein Clown, ein Papst und zwei Mäuse – baute den Vorsprung der Mäuse weiter aus.
Es gab keinen Zweifel, Mäuse waren in.
Die nächste Gruppe bestand aus einem Rambo, vier Clowns und einem Batman, was bedeutete, daß die Clowns die Mäuse überraschend vom ersten Platz verdrängt hatten und mit knappem Vorsprung führten.
Röhrichs sportliches Interesse erwachte.
Er wartete ungeduldig auf die nächsten Gäste, aber erst verließ wieder der Teufel das Haus, verschwand um die Ecke und schleppte neues Bier an. Dann ging es Schlag auf Schlag: zwei Pappnasen, zwei Mäuse, ein Clown, noch eine Maus, ein Scheich, eine weitere Pappnase und ein Großaufgebot von vier Clowns mit zwei Mäusen im Schlepptau.
Röhrich rechnete fieberhaft.
Das machte zwölf Clowns und elf Mäuse, weit abgeschlagen folgte auf dem dritten Platz das dreiköpfige Pappnasenteam. Wer würde das Rennen machen? Würden die nächsten Gäste die Entscheidung zugunsten der Clowns bringen, oder rafften sich die Mäuse zum Endspurt auf und übernahmen die Spitze? Und was war mit den Pappnasen? Sie waren krasse Außenseiter, aber gerade das machte sie potentiell gefährlich.
Da! Eine Maus!
Röhrich stieß zischend die Luft aus. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen! Die Spannung wuchs ins Unerträgliche.
Der Teufel drehte seine nächste Bierrunde und – kehrte mit einer Maus zurück.
»Dreizehn zu zwölf!« schrie Röhrich begeistert. »Das könnte die Entscheidung sein! Wenn die Mäuse …«
Das Walkie-talkie auf dem Tisch summte. Röhrich winkte Heppekausen ans Fenster, griff nach dem Funkgerät und ging auf Empfang.
Es war Kriminaloberkommissar Kaminski.
»Wir haben eben die Meldung bekommen, daß Hoballas Telefon angewählt worden ist. Der Anrufer hat dreimal klingeln lassen, aufgelegt und ein Minute später das Spielchen wiederholt. Zweifellos ein verabredetes Zeichen. Zweifellos steckt Lorcaz dahinter.«
Röhrich fand die Schlußfolgerung nicht unbedingt plausibel, aber er sagte nichts. Wer war er denn, einem Vorgesetzten zu widersprechen, noch dazu einem Vorgesetzten wie KOKs Kaminski, dem Supermann aus Herne, der ihn Weiberfastnacht dazu verdonnert hatte, in diesem zugigen Bauwagen zu sitzen?
»Das ist ja wirklich supergut, Chef!« antwortete er statt dessen mit jenem Engagement, das Kaminski von seinen Leuten erwartete. »Und was bedeutet das?«
»Das bedeutet natürlich, daß Hoballa weiß, wo sich Lorcaz aufhält. Sie müssen schon früher einen Treffpunkt vereinbart haben. Wir müssen Hoballa so lange beschatten, bis er uns zu Lorcaz’ Versteck führt. Wie ist die Lage bei Ihnen?«
»Unverändert, Chef. Hoballa hat das Haus nicht verlassen. Heppekausen und ich haben die Tür permanent im Auge. Einen anderen Ausgang gibt es nicht, das haben wir überprüft. Zur Zeit ist auf der Straße viel Betrieb; jede Menge Mäuse und Clowns – mehr Mäuse als Clowns, um genau zu sein.«
»Mäuse und Clowns?« wiederholte Kaminski irritiert.
»In der Wohnung unter Hoballa findet ein Kostümball statt. Ständig kommen irgendwelche Leute in den tollsten Verkleidungen.«
»Ein Grund mehr für Sie, die Augen offenzuhalten. Vielleicht ahnt Hoballa, daß wir ihn überwachen. Vielleicht versucht er sogar, kostümiert zu verschwinden.«
»Keine Sorge, Chef«, versicherte ihm Röhrich. »Hoballa entkommt uns nicht; darauf verwette ich meinen Kopf.«
»Dann sollten Sie die Wette gewinnen, denn wenn uns Hoballa durch die Lappen geht, reiße ich Ihnen persönlich den Schädel runter. Okay. Ich bin im Moment auf der Deutzer Brücke. In ein paar Minuten bin ich bei Ihnen. Ende.«
Röhrich legte das Walkie-talkie auf den Tisch und kehrte zu Heppekausen ans Fenster zurück. »Irgendwas Neues? Mäuse? Clowns? Koksdealer?«
Heppekausen schüttelte den Kopf. »Enä, bloß widder dä ärm Düvel. Dä Düvel dät nix wigger wie Kölsch hole. Hä es ävver noch nit widder do.«
Röhrich sah hinaus. Die Straße war leer; weit und breit keine Jecken in Sicht. Offenbar waren die Partygäste vollzählig eingetroffen. Die Mäuse hatten den
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