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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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Verdacht hatte, und packte den Mann am Kragen, versiffte Kleidung hin oder her.
    â€žIch bin hier“, ertönte eine Stimme und Kollaritz blickte über die Schulter des Mannes, der sich umgedreht hatte, und sah Josef Lehner auf sich zukommen, leicht schwankend und mit einer Beule seitlich am Kopf, aber offensichtlich nicht schwer verletzt. Als er bei Kollaritz und dem Mann angekommen war, streichelte er als erstes Nubia, dann klopfte er Kollaritz auf die Schulter, sagte, den Mann nach wie vor ignorierend: „Mir geht’s gut, keine Angst, ich hab nur ein bisschen Kopfweh. Und den da“, er deutete auf den Mann, „den seh ich vor Gericht wieder, wo ich ihn auf jeden Cent verklage, den er besitzt. Clara wird sich sicher freuen.“
    â€žWer ist Clara?“
    â€žMeine Tochter.“
    â€žSie haben eine Tochter?“
    â€žKlar, und was für eine.“
    Plaudernd gingen die beiden Ärzte, gefolgt von Nubia, zurück zur Zufahrtsstraße, winkten unterwegs einen Polizisten herbei, dem sie die Sachlage schilderten und ihm erklärten, wo er den Mann, der Lehner niedergeschlagen hatte, finden würde. Der Polizist wollte gleich eine Anzeige aufnehmen, aber Lehner sagte, das habe Zeit und ging einfach weiter. Als sie vorne angekommen waren, verabschiedete sich Lehner mit dem Hinweis, er werde ein paar Interviewsgeben, und Nubia stürmte auf Dolores Hightower zu und sprang an ihr hoch wie eine Gottesanbeterin nach einer Diät.
    â€žHast du mich vermisst?“, fragte sie und kraulte Nubia hinter den Ohren, was dieser ein Winseln entlockte. „Hat mein kleiner Darling mich vermisst?“ Schließlich legte sich Nubia auf den Boden und Hightower wandte sich Kollaritz zu und fragte: „Und du, hast du mich auch vermisst?“
    Kollaritz spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss, und der Wechsel vom Sie zum Du war ihm auch nicht entgangen, und da stand er dann, ein erwachsener Mann, ausgebildeter Arzt und alles, und stammelte: „Ja, klar, ich meine, sicher.“
    â€žKomm“, sagte sie und reichte ihm die Hand, die er nach kurzem Zögern packte, „wir gehen.“
    â€žWohin denn?“
    â€žMeine Arbeit hier ist erledigt“, sagte Hightower.
    â€žErledigt?“
    â€žNa ja, fast.“
    Sie gingen zum Bürgermeister, und während der ganzen Zeit, die Hightower für ihre kleine Verabschiedungsrede benötigte, hielt sie die Hand von Kollaritz, auch als sie der versammelten Gruppe zuwinkte und ein kehliges
Good bye
zurief, und selbst als sie weitermarschierten und bei Patrick Berger, der mitten auf der Straße in einer Öllache hockte und beinahe katatonisch wirkte, ein funkelnder Behälter lag neben ihm wie der Rumpf eines futuristischen Tieres, selbst dann noch hielt Dolores Hightower die Hand von Daniel Kollaritz, während sie mit der anderen in die Brusttasche ihrer Latzhose griff, einen Zettel herausholte und ihn Berger in die Hand drückte.
    â€žWas ist das?“, fragte Berger und faltete den Zettel auseinander.
    â€žMeine Honorarnote“, sagte Hightower.
    Berger überflog die paar Zeilen und starrte Hightower entgeistert an: „Fünfzigtausend Euro?“
    â€žZahlbar binnen einer Woche. Kontonummer steht oben rechts.“ Dann gab sie ihm noch einen Klaps auf die Schulter und ging mit Kollaritz weiter. Nach ein paar Metern blieb sie stehen, schaute ihmin die Augen und sagte: „Hast du Lust, mit mir nach Amerika zu kommen? Ich wohne weit draußen, auf dem Land, in einem renovierten Farmhaus.“
    Ohne eine Sekunde zu überlegen, sagte Kollaritz: „Ja.“ Dann fiel ihm noch etwas ein. „Aber nur unter einer Bedingung. Eigentlich zwei.“
    Hightower runzelte die Stirn. „Nämlich?“
    â€žErstens, ich verabschiede mich vorher noch von Karl.“
    Hightower deutete hinüber zum Gitter, das die Straße vom Platz vor dem Zentralfriedhof trennte und an das sich Karl gerade lehnte, offensichtlich, um in Position für ein Interview zu gehen. „Der scheint gerade beschäftigt zu sein.“
    â€žNicht jetzt, später.“
    â€žOkay, und die zweite Bedingung?“
    â€žDu kommst vorher zu meiner Familie zum Abendessen.“
    â€žWeiter nichts?“
    â€žNein, weiter nichts“, sagte Kollaritz. „Mein Vater wird dich lieben.“ Allein bei der Vorstellung, wie sein Vater versuchte, Dolores Hightower in die Ecke zu drängen, musste er

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