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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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lachen. Der würde sich wundern, mein Gott!
    An einen Stapel Bauholz gelehnt, schauten Fritz Drechsler, Erich Widmaier und Anton Kalina zu, wie Karl Michael Baumgartner sich an das Gitter lehnte und versuchte, möglichst professionell in die Kamera zu schauen, an der ein Mann mittleren Alters, offensichtlich der Kameramann, wie die erfahrenen Beamten sofort geistesgegenwärtig schlussfolgerten, herumhantierte und ab und zu einen Fluch ausstieß, der bis zu ihnen, die sie sich wieder in ihre Ecke zurückgezogen hatten, drang. Soeben hatte Kalina einen Funkspruch erhalten, dass das Bombenentschärfungsteam bis jetzt nur eine völlig zerstörte Zentrifuge in einem der Labors gefunden habe, offensichtlich die Ursache des dumpfen Dröhnens, aber noch keinen Sprengkörper.
    â€žDie werden auch keinen finden“, sagte Drechsler, „weil es nämlich keine Bombe gibt.“
    â€žIch weiß“, sagte Kalina schulterzuckend, „aber ich muss auf Nummer Sicher gehen.“
    Drechsler nickte und beobachtete, mit zunehmend besorgter Miene, weiterhin den Kameramann. „Was macht der denn da so lange?“, fragte er und warf einen heimlichen Seitenblick auf Kalina, der so tat, als hätte er ihn nicht bemerkt. Nachdem die Situation in der Fabrik durch Drechslers Hilfe geklärt worden war, hatten Kalina und Drechsler einen Deal ausgehandelt. Maria würde die Möglichkeit bekommen, ein Exklusivinterview mit Karl Michael Baumgartner zu machen, ehe dieser von der Polizei abgeführt wurde. Kalina hatte kurz über Drechslers Vorschlag nachgedacht und dann gesagt, in Ordnung, zwei Minuten und keine Sekunde länger.
    Und so kam es, dass Karl Michael Baumgartner da drüben am Gitter lehnte, Maria vor ihm stand, Schweiß auf der Stirn, die Kette um den Hals, das Mikro in der Hand, die WEGA-Beamten die anderen, wütend protestierenden Medienvertreter, zurückhielten und dieser verdammte Kameramann offensichtlich nicht in der Lage war, den Fehler an seinem Arbeitsgerät zu beheben.
    â€žNoch eine Minute“, sagte Kalina.
    Plötzlich jaulte ein Motor auf und eine schwere Maschine mit zwei Männern darauf raste die inzwischen nur mehr nachlässig abgesperrte Straße entlang und umkurvte elegant die Menschenkette der WEGA. Den Beifahrer, der eine Kamera auf der Schulter hatte, kannte Drechsler nicht, aber den anderen, der das Motorrad soeben wenige Meter neben Baumgartner zum Stehen brachte, abstieg und das Visier seines Helms nach oben klappte, den kannte er gut, und er wusste auch, was er vorhatte.„Oh nein, du Arschloch“, murmelte Drechsler, riss dem verblüfften Kalina den Pfefferspray vom Gürtel, sprang über das Gitter und raste zum Motorrad, „diesmal wirst du keine Nachrichten machen, diesmal wirst du Teil der Nachrichten sein.“ Mit wenigen Schritten überbrückte er die Distanz zum ORF-Reporter, sprühte ihm die volle Ladung Pfefferspray in den Helm, klappte das Visier herunter, sah zu, wie der Reporter kurz zappelteund dann wie ein gefällter Baum zu Boden ging, wo er zuckend liegen blieb.
    â€žKamera läuft!“, rief Marias Kameramann, und Maria, die Drechslers Aktion mit einem via Luftpost geschickten Kuss kommentiert hatte, stellte sich vor Karl, hielt ihm das Mikrophon vors Gesicht und sagte: „Karl Michael Baumgartner, erzählen Sie mal, was hat Sie dazu veranlasst, sich in der Fabrik Ihres ehemaligen Arbeitgebers zu verschanzen?“
    Erschöpft lehnte sich Karl gegen das Gitter und rutschte langsam nach unten, bis er auf dem Boden hockte, die Knie angezogen, die Ellbogen draufgestützt, den Kopf an das rostige Metall hinter ihm gelegt. Es war vorbei. Maria hatte ihr Interview bekommen, eine Zusammenfassung der Ereignisse und vor allem seiner Beweggründe, und am Schluss hatte sie genickt und gesagt, das sei perfekt und ob er sauer sei, wenn sie sich damit sofort auf den Weg ins Studio mache, ihr Sender habe keinen Ü-Wagen, zu teuer, und Mieten koste rund zehntausend Euro am Tag, auch zu teuer, und Karl hatte nur den Kopf geschüttelt und gesagt, nein, Maria, geh, ist schon in Ordnung, ich versteh dich, und das tat er wirklich.
    Er wusste, dass er nur noch eine Gnadenfrist von wenigen Minuten, vielleicht bloß Sekunden, hatte. Kollaritz und eine Frau, die eine Latzhose trug und der ein Windhund nicht von der Seite wich, hatten bei ihm vorbeigeschaut, um zu fragen, wie’s so geht, und Karl

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