Kollaps
Aber auch mit dieser Einschränkung bleibt aus Geschichte und Gegenwart noch eine Menge Material, dessen Betrachtung sich lohnt.
Fragen nach den Auswirkungen des Menschen auf die Umwelt sind in der Regel umstritten, und das Meinungsspektrum lässt sich zwei gegensätzlichen Lagern zuordnen. Das eine, meist mit den Begriffen »Umweltschützer« oder »umweltfreundlich« belegt, hält die derzeitigen Umweltprobleme für sehr schwer wiegend und dringend lösungsbedürftig, und man glaubt, die jetzigen Wachstumsraten bei Wirtschaft und Bevölkerung könnten nicht aufrechterhalten werden. Das andere Lager behauptet, die Bedenken der Umweltschützer seien übertrieben und nicht belegt, außerdem seien Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum möglich und wünschenswert. Für diese zweite Gruppe gibt es kein allgemein anerkanntes Etikett, deshalb werde ich sie einfach als »Nichtumweltschützer« bezeichnen. Seine Anhänger kommen vor allem aus der Wirtschaft und den Großunternehmen, aber die Gleichung »Nichtumweltschützer = Wirtschaftsvertreter« trifft es nicht ganz; viele Manager halten sich durchaus für Umweltschützer, und viele Menschen, die den Aussagen der Umweltschützer skeptisch gegenüberstehen, kommen nicht aus der Welt der großen Firmen. Wo stehe ich selbst als Autor dieses Buches in Hinblick auf die beiden Lager?
Einerseits bin ich seit meinem sechsten Lebensjahr begeisterter Vogelliebhaber. Ich habe Biologie studiert und erforsche seit vierzig Jahren die Vögel im Regenwald von Neuguinea. Ich liebe Vögel, es macht mir Spaß, sie zu beobachten, und ich halte mich gern im Regenwald auf. Ebenso liebe ich andere Pflanzen, Tiere und Lebensräume, und ich schätze sie um ihrer selbst willen. Ich habe mich an vielen Projekten beteiligt, mit denen Arten und natürliche Lebensräume in Neuguinea und anderswo geschützt werden sollten. Während der letzten zwölf Jahre war ich Direktor beim US-amerikanischen Zweig des World Wildlife Fund, einer der größten internationalen Umweltschutzorganisationen, die auch wie kaum eine andere weltweit ausgerichtet ist. Das alles hat mir viel Kritik von Nichtumweltschützern eingetragen: Sie belegen mich mit Formulierungen wie »Angstmacher«, »Diamond predigt Dunkelheit und Untergang«, »er übertreibt die Risiken« oder »ihm ist das gefährdete Sumpfläusekraut wichtiger als die Bedürfnisse der Menschen«. Aber auch wenn ich die Vögel Neuguineas liebe, liebe ich doch meine Söhne, meine Frau, meine Freunde, die Menschen Neuguineas und andere noch viel mehr. Für Umweltfragen interessiere ich mich vor allem wegen ihrer Auswirkungen auf die Menschen und nicht wegen ihrer Folgen für die Vögel.
Andererseits verbinden mich viele Erfahrungen, Interessen und laufende Projekte mit Großunternehmen und anderen gesellschaftlichen Kräften, die ökologische Ressourcen ausbeuten und häufig als Umweltfeinde gelten. Als Jugendlicher habe ich in Montana auf großen Rinderfarmen gearbeitet, und heute, als erwachsener Mann und Vater, fahre ich mit meiner Frau und meinen Söhnen regelmäßig in den Sommerferien dorthin. Einen Sommer lang hatte ich einen Job in einem Kupferbergwerk in Montana. Ich liebe diesen Staat und meine Freunde unter den dortigen Bauern, ich verstehe und bewundere ihre landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Lebensweise, und ich habe ihnen dieses Buch gewidmet. Ich den letzten Jahren hatte ich auch häufig die Gelegenheit, die großen, Ressourcen verbrauchenden Bergbau-, Holz-, Fischerei-, Öl- und Erdgasunternehmen zu beobachten und mich mit ihnen vertraut zu machen. In den letzten sieben Jahren habe ich die ökologischen Auswirkungen des größten Öl- und Erdgasfeldes in Papua-Neuguinea überwacht, wo die Ölkonzerne den World Wildlife Fund beauftragt hatten, die Umweltsituation unabhängig zu beurteilen. Ich habe lange Gespräche mit ihren Managern und Angestellten geführt, sodass ich mittlerweile auch ihre Sichtweisen und Probleme verstehe.
Durch solche Kontakte zu Großunternehmen konnte ich aus nächster Nähe beobachten, welche verheerenden Umweltschäden sie in vielen Fällen verursachen, aber ebenso habe ich aus nächster Nähe miterlebt, wie Großunternehmen in manchen Fällen aus eigenem Interesse strengere und wirksamere Umweltschutzmaßnahmen ergriffen haben als so mancher Nationalpark. Mich interessiert, welche Motive hinter diesen unterschiedlichen Einstellungen einzelner Firmen gegenüber der Umwelt stehen. Insbesondere meine Kontakte zu den
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