Kollaps
von Neuguinea behaupten, durch die Bäume würden die Felder aus irgendeinem Grund weniger stark von Tarokäfern befallen, und die Erfahrung lässt darauf schließen, dass sie mit dieser Behauptung genauso Recht haben wie mit vielen anderen, auch wenn die Agrarwissenschaftler bisher nicht feststellen konnten, warum der Baum die Käfer fern hält. Die Hochlandbewohner schätzen die Kasuarinengehölze erklärtermaßen auch wegen ihres ästhetischen Wertes - ihnen gefällt das Geräusch, mit dem der Wind durch die Zweige streicht, und die Bäume spenden ihren Dörfern Schatten. Selbst in weiten Tälern, in denen die ursprünglichen Wälder völlig abgeholzt wurden, ermöglicht die Kasuarinen-Silvikultur also einer Gesellschaft, die auf Holz angewiesen ist, weiterhin die Existenz.
Wie lange wird die Silvikultur im Hochland Neuguineas schon praktiziert? Die Vegetationsgeschichte wurde hier von den Paläobotanikern im Wesentlichen mit den gleichen Methoden konstruiert, die ich in den Kapiteln 2 bis 8 bereits für die Osterinsel, das Gebiet der Maya, Island und Grönland erörtert habe: In Bohrkernen aus Sümpfen und Seen wurden die Pflanzenarten anhand des Pollens identifiziert; Holzkohle oder verkohlte Teilchen (entstanden durch natürliche Brände oder durch Feuer, das die Menschen zur Rodung der Wälder angezündet hatten) liefern Aufschlüsse über die Baumarten; angesammelte Sedimente zeigen, wo es nach der Rodung von Wäldern zur Erosion kam; und mit der Radiokarbonmethode wurde das Alter bestimmt.
Wie sich herausstellte, wurden Neuguinea und Australien vor rund 46 000 Jahren zum ersten Mal besiedelt, und zwar von Menschen, die von Asien mit Flößen oder Kanus durch die indonesische Inselwelt nach Osten vordrangen. Zu jener Zeit bildete Neuguinea noch eine zusammenhängende Landmasse mit Australien, und dort ist die Ankunft der Menschen an zahlreichen Stellen gut belegt. Vor rund 32 000 Jahren entstand Holzkohle an vielen Stellen im Hochland von Guinea durch häufige Brände, und der Anteil des Pollens von Baumarten, die keine Wälder bilden, nahm im Vergleich zu den Waldbäumen zu; demnach suchten damals bereits Menschen diese Stellen auf, vermutlich um zu jagen und im Wald die Pandanus-Früchte zu sammeln, wie sie es noch heute tun. Spuren von umfangreichen Rodungsarbeiten und die ersten künstlichen Entwässerungskanäle in Sümpfen stammen aus der Zeit vor 7000 Jahren und lassen darauf schließen, dass zu jener Zeit im Hochland die Landwirtschaft entstand. Die Menge des Pollens von Waldbäumen nimmt weiterhin auf Kosten anderer Pollenarten zu, bis vor rund 1200 Jahren fast gleichzeitig in zwei Tälern, die 800 Kilometer voneinander entfernt sind, die erste große Welle von Kasuarinenpollen auftaucht. Diese Täler, das Baliem-Tal im Westen und das weiter östlich gelegene Wahgi-Tal sind heute die breitesten, am stärksten entwaldeten Hochlandtäler, in denen die größte und dichteste Bevölkerung lebt; genauso war es vermutlich in beiden Fällen auch schon vor 1200 Jahren.
Wenn man davon ausgeht, dass die Zunahme des Kasuarinenpollens den Beginn der Silvikultur kennzeichnet, stellt sich die Frage: Warum entstand sie offensichtlich unabhängig in zwei so weit voneinander entfernten Regionen des Hochlandes? Zu jener Zeit kam es durch zwei oder drei zusammenwirkende Faktoren zu einer Waldkrise. Einer davon war die fortschreitende Waldzerstörung, nachdem sich die bäuerliche Bevölkerung im Hochland seit der Zeit vor 7000 Jahren stark vermehrt hatte. Ein zweiter Faktor ist die Ogowila Tephra, eine dicke Vulkanascheschicht, die genau zu jener Zeit auf dem Osten Neuguineas (einschließlich des Wahgi-Thales) niederging, vom Wind aber nach Westen nicht bis zum Baliem-Tal getragen wurde. Die Asche stammte aus einem gewaltigen Vulkanausbruch auf Long Island, einer Insel vor der Ostküste Neuguineas. Als ich die Insel 1972 besuchte, bestand sie aus einem Ring von Bergen mit einem Durchmesser von 26 Kilometern, der ein riesiges Loch mit einem Kratersee umgab; es ist einer der größten Seen auf sämtlichen Pazifikinseln. Wie in Kapitel 2 bereits beschrieben, müssen die Nährstoffe in der Asche das Pflanzenwachstum und damit auch das Wachstum der Bevölkerung angeregt haben, und das führte zu einem steigenden Bedarf an Bau- und Brennholz sowie zu einem stärkeren Anreiz, sich die Vorteile der Kasuarinen-Silvikultur zunutze zu machen. Und wenn man außerdem aus dem Ablauf der El-Nino-Ereignisse, die in jener Zeit für
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